Frage an Thomas Silberhorn von Heribert K. bezüglich Wirtschaft
Sehr geehrter Herr Silberhorn,
meine Frage betrifft den Bereich „Kapitalmarktsteuer – Transaktionssteuer“:
Problematisch scheint die Einführung einer europäischen Kapitalmarktsteuer ja aus dem Grund zu sein, dass sich das Kapital immer den günstigsten Handelsplatz sucht. Wie kann nun ein Handelsplatz dazu gebracht werden, eine derartige Steuer einzuführen?
1. Könnten nicht Steuereinnahmen aufgrund von Transaktionssteuern direkt dem ESFS oder IWF zufließen – kraft eigener Steuerhoheit, wobei – ähnlich wie bei der Umsatzsteuer – die einzelnen EU-Staaten für Rechnung des ESFS die Steuer eintreiben? Die Steuereinnahmen dienen dazu, systemische Banken und in Schieflage geratene Länder in der Krise zu stützen. Nur systemische Banken in Ländern und Länder als solche, in denen Transaktionssteuern erhoben werden, können von diesem Rettungsschirm Gebrauch machen.
2. Ratingagenturen werden im Rahmen ihrer Länder-Rating-Bewertung überprüfen, ob Transaktionssteuern in dem jeweiligen Staat erhoben werden. Staaten, die keine Transaktionssteuern erheben und aus diesem Grund keinen Leistungsanspruch aus dem Rettungstopf erhalten, werden in ihrer Kreditwürdigkeit aufgrund „gesetzlicher Vorgaben“ herabgestuft. Gleiches geschieht mit den dort geschäftsansässigen Banken. Dann stünde es jedem Land frei, ob es die Transaktionsteuer einführt oder nicht.
3. Die Frage ist, ob und wie man Ratingagenturen dazu bewegen kann, die Frage von Transaktionssteuern mit in deren Bewertung einfließen zu lassen. Zumindest bei der von der EU geplanten Ratingagentur sollte das möglich sein.
Gibt es die Möglichkeit, Ratingagenturen zumindest teilweise einen Rahmen für deren Bewertung vorzugeben? Wer wäre dazu in der Lage?
Mit besten Grüßen aus Oberfranken
Heribert Karsch
Sehr geehrter Herr Karsch,
vielen Dank für Ihre Nachricht vom 29. September 2011. Um den Finanzsektor stärker als bisher an der Bewältigung der Schuldenkrise zu beteiligen, halte ich die Einführung einer Finanztransaktionssteuer für sinnvoll. Die Steuer sollte in allen Ländern der Europäischen Union oder zumindest der Eurozone nach den gleichen Grundsätzen erhoben werden. Den Mitgliedstaaten muss auch das Steueraufkommen zustehen. Eine Steuererhebungskompetenz für die Europäische Union lehne ich daher ab. Das würde die Haushaltsdisziplin massiv schwächen und den Weg zur Verschuldung der EU bereiten. Bislang zeichnet sich die EU durch ein striktes Verschuldungsverbot aus. An der Finanzierung durch Beitragszahlungen der Mitgliedstaaten sollten wir daher unbedingt festhalten.
Zu den Ratingagenturen stehe ich auf dem Standpunkt, dass die Bewertung der Kreditwürdigkeit eines Staates allein Sache der Marktteilnehmer ist. Ich rate daher zur Vorsicht vor gesetzlichen Vorgaben, die wir gegenüber US-amerikanischen Ratingagenturen ohnehin nicht machen könnten. Der Einfluss von Ratingagenturen ist gerade deshalb so hoch, weil die Staaten und Zentralbanken auf ihre Bewertungen Bezug nehmen. Das sollten wir abstellen.
Mit freundlichen Grüßen
Thomas Silberhorn, MdB