Frage an Thomas Oppermann von Benjamin K. bezüglich Umwelt
Hallo Herr Oppermann,
ich würde gerne wissen, ob Sie glauben, dass mit dem heute beschlossenen Klimapaket genug getan wird, damit Deutschland seinen rechtlich verbindlichen Beitrag leistet, um eine globale Klimakatastrophe iabzuwenden? Warum soll Kohleverstromung mit über 240 Millionen Tonnen CO2 im Jahr (Quelle: https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/1410/publikationen/171207_uba_hg_braunsteinkohle_bf.pdf , S.34, Abb. 10) noch 19 Jahre fortgesetzt werden? Könnte nicht ein beschleunigter Ausbau der erneuerbaren Energien einen Kohleausstieg bis 2030 ermöglichen? Warum wird die Landwirtschaft nicht einbezogen, die für 66 Millionen Tonnen CO2 Äquivalente im Jahr dirtekt verantwortlich ist (Quelle: https://www.umweltbundesamt.de/daten/land-forstwirtschaft/beitrag-der-landwirtschaft-zu-den-treibhausgas#textpart-1) und indirekt über den Anbau von Futterpflanzen die Brandrodungen im Regenwald befeuert?
Warum werden nicht die Erträge aus dem Zertifikatehandel an die Haushalte ganz oder zum Teil zurückgegeben? Finden Sie es nicht sozial unausgewogen, wenn nur mit Steuererleichterungen kompensiert wird, von denen die unteren Einkommensschichten nicht profitieren, weil sie kaum Einkommenssteuer zahlen, diese dafür aber prozentual viel stärker getroffen werden, weil sie einen höheren Anteil ihres Einkommens für Energie ausgeben müssen? Wo ist die Sozialdemokratische Handschrift in diesem Paket?
Sehr geehrter Herr K.,
das Klimaschutzpaket ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Klar ist aber auch, dass noch viele weitere Schritte folgen müssen. Deshalb haben wir jährliche Überprüfungen festgeschrieben: Wir kontrollieren jedes Jahr, ob wir die Klimaziele erreichen. Ist das nicht der Fall, müssen wir zusätzliche Maßnahmen ergreifen.
Zu Ihrer Frage nach einem Kohleausstieg: Ich bin überzeugt, dass dies nur im Konsens gelingen kann. Wir haben im Koalitionsvertrag beschlossen, dass in einer Kommission die Politik gemeinsam mit Umweltverbänden, Gewerkschaften, Industrie und Vertretern der betroffenen Kohlereviere über einen Ausstiegsplan beraten sollen. Am Ende stand ein guter Kompromiss, die Kommission einigte sich in ihrem Abschlussbericht im Juni auf das Jahr 2038 als Ausstiegsdatum. Diesen Kompromiss wollen wir nicht gefährden.
Genau hier zeigt sich die von Ihnen geforderte sozialdemokratische Handschrift: der ökologische Umbau unserer Industriegesellschaft und der Strukturwandel müssen sozial verträglich gestaltet werden. Wir werden 40 Mrd. € an Strukturhilfen für die betroffenen Regionen geben, damit dort in zukunftsfähige Arbeitsplätze investiert werden kann.
Das Klima-Paket ist natürlich ein Kompromiss, wir konnten einige Punkte durchsetzen, die uns als SPD wichtig waren:
- Wir schaffen die Deckelung bei Photovoltaik-Anlagen ab. Das soll dabei helfen, dass wir bis 2030 65 % unseres Stroms aus Erneuerbaren Energien beziehen
- Wir senken die Mehrwertsteuer auf Bahntickets und machen damit das Bahnfahren attraktiver. Zugleich gehen wir gegen Dumpingpreise bei Flügen vor
- Das 365-Euro-Ticket soll in zehn Modellstädten im öffentlichen Nahverkehr getestet werden
- Wir verlängern Kaufprämien für Elektroautos
Mit der Landwirtschaft sprechen Sie einen wichtigen Bereich an, bei dem der Widerstand von CDU und CSU sowie der zuständigen Ministerin Julia Klöckner besonders hartnäckig war. Wir konnten im Koalitionsvertrag durchsetzen, dass die ökologische Landwirtschaft stärker gefördert werden muss. Hier hätten wir uns auch im Klimapaket noch weitere Schritte gewünscht.
Abschließend noch zum Thema Zertifikate. Dahinter steckt das simple Prinzip: Wer CO2 verbraucht, soll künftig dafür zahlen. Deshalb wird ab 2021 schrittweise ein nationales Emissionshandelssystem eingeführt.
Uns war wichtig, dass wir Belastungen der Bürgerinnen und Bürger abfedern müssen. Neben steuerlichen Entlastungen brauchen wir gezielte Förderprogramme und müssen dafür sorgen, dass klimafreundliche Alternativen billiger werden. Ein konkretes Beispiel aus dem Klimapaket, von dem vor allem Geringverdiener profitieren, ist, dass der Strompreis schrittweise sinken wird, wenn wir die EEG-Umlage zurückfahren. Im Mietrecht müssen wir dafür sorgen, dass die nötigen Modernisierungskosten nicht komplett auf die Mieterinnen und Mieter abgewälzt werden.
Mit freundlichen Grüßen
Thomas Oppermann