Frage an Thomas Oppermann von Katja R. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Oppermann,
ich arbeite gerne in einem Beruf, in dem ich viele andere Menschen treffe und für sie da sein kann - es gibt viel zu wenige, die dies tun.
Es kann nicht sein, dass man mir jetzt vorschreiben will, wie ich mich impfen lassen muss, weil ich sonst in meinem Beruf nicht mehr arbeiten darf.
Die Impfentscheidung für mich selber muss meine Entscheidung bleiben - ich habe sie nach langer Überlegung verantwortungsvoll getroffen.
Zwang ist beim Impfen der falsche Weg -
Deutschland braucht keine Impfpflicht!
Was ist Ihre Position dazu?
Mit freundlichen Grüßen wünsche ich Ihnen ein gesundes Wochenende - K. R.
Sehr geehrte Frau R.,
ich glaube, dass wir die Masern-Impfpflicht brauchen. Eine ausreichende Masern-Impfquote ist sowohl für den individuellen Schutz jeder und jedes Einzelnen als auch für den Gemeinschaftsschutz zugunsten von Menschen, die nicht geimpft werden können, notwendig. Deshalb haben wir im Koalitionsvertrag vereinbart, dass wir hier etwas unternehmen müssen.
Der Grundgedanke des Gesetzentwurfs ist, dass die individuelle Entscheidungsfreiheit dort ihre Grenze finden muss, wo die Gesundheit und sogar das Leben anderer gefährdet ist und andere geeignetere Mittel nicht zur Verfügung stehen.
Von einer Masernerkrankung sind besonders häufig Kinder in den ersten beiden Lebensjahren betroffen. Sie tragen auch ein erhöhtes Risiko dafür, dass eine Maserninfektion zu schwerwiegenden Komplikationen führt und müssen besonders häufig wegen einer Masern-Erkrankung stationär behandelt werden. Durch eine vorübergehende Immunschwäche kommt es nach einer Masernerkrankung zu anderen Erkrankungen wie z.B. Durchfall, Mittelohrentzündung, Hörschäden, Lungenentzündung und Gehirnentzündung. Bei 10 von 10.000 Masern-Erkrankten entwickelt sich in Folge der Erkrankung eine Gehirnentzündung, etwa 2 bis 3 Betroffene behalten schwere Schäden wie geistige Behinderungen und Lähmungen zu-rück. Als Spätfolge kann die so genannte subakut sklerosierende Panenzephalitis (SSPE) auftreten, eine schwere und stets tödlich verlaufende Gehirnerkrankung. Eine SSPE entwickelt sich bei 2 bis 6 von 10.000 Kindern, die zum Zeitpunkt der Maserninfektion jünger als 5 Jahre alt sind. Die Wahrscheinlichkeit, an Masern zu sterben, liegt bei 1 Todesfall pro 1.000 Masernerkrankte.
Gegen die Masern-Erkrankung selbst gibt es keine Behandlung. Masern sind extrem ansteckend. Ohne Impfschutz infizieren sich etwa 95 von 100 Menschen, wenn sie Kontakt zu einem Erkrankten hatten.
Über den Gesetzentwurf wird es im Oktober eine Expertenanhörung des Deutschen Bundestags geben. Dort wird aus gesundheitspolitischer Sicht selbstverständlich auch über die von Ihnen zitierten Kritikpunkte gesprochen.
Ich stimme Ihnen zu, dass wir zum Thema Masern-Erkrankung und Impfpflicht noch mehr Informationen und Aufklärung für die Bürgerinnen und Bürger brauchen.
Mit freundlichen Grüßen
Thomas Oppermann