Frage an Thomas Oppermann von Bernd D. bezüglich Gesundheit
„Gegen den Tod auf der Organwarteliste“ e.V.
Dr. med. B. M.
Sehr geehrter Herr Oppermann,
leider wissen wir nicht, wie Sie zur Einführung der sogenannten Widerspruchslösung in das deutsche Transplantationsrecht stehen.
Wir Mitglieder des Vereins „Gegen den Tod auf der Organwarteliste“ und wir möchten Ihnen gern ein Argument vorstellen, dass in der bisherigen Debatte fast keine Rolle gespielt hat.
Die Organspende wird meist als ein Akt der Barmherzigkeit gegenüber Menschen in Not angesehen. Es geht um eine asymmetrische Beziehung zwischen einem großzügigen Menschen und einem Bedürftigen.
Ist das realistisch? Wir alle können gar nicht wissen, ob wir einmal zu potentiellen Spendern werden, weil wir nach einem dramatischen Ereignis hirntot auf einer Intensivstation liegen, oder ob wir selbst oder ein uns lieber und wichtiger Mensch einmal dringend ein Spenderorgan brauchen wird.
Die zweite Möglichkeit ist übrigens viel wahrscheinlicher: Jedem Organspender werden im Durchschnitt 3,4 Organe entnommen und damit ca. 3 Empfänger versorgt. Wenn jeder Empfänger etwa 9 Menschen hat, für die sein Weiterleben sehr wichtig ist (Kinder, Eltern, Geschwister, enge Freunde usw.), dann profitieren etwa 30 Menschen existentiell von jedem Organspender.
Praktisch niemand, der ein Organ braucht, lehnt eine Transplantation ab. Niemand sagt nein, wenn z.B. das Leben seines Kindes von einer Transplantation abhängt. Eine Ausnahme sind die Zeugen Jehovas. Wenn sie die Transplantation bei ihrem Kind ablehnen, wird ihnen umgehend das Sorgerecht gerichtlich entzogen und danach wieder zurückgegeben.
Wenn es so selbstverständlich ist, ein Organ haben zu wollen, wenn man es braucht, ist dann das Nein zur Organspende moralisch in Ordnung? Ist es dann moralisch akzeptabel, sich mit der Frage nicht beschäftigen zu wollen? Kann man dann nicht verlangen, dass man wenigstens ausdrücklich „Nein“ sagen muss?
Mit v. Grüßen
B. M.
Sehr geehrter Herr M.,
ich bin wie Sie für die Widerspruchslösung. Vielen Dank für Ihre Argumentation.
Die Einwilligungslösung war ein behutsamer Ansatz, der sich jedoch nicht bewährt hat. Spanien hat vorgemacht, wie es besser funktioniert: Dort ist jeder, der nicht widerspricht, Organspender. Mit Erfolg: dort werden wesentlich mehr dringend benötigte Organe gespendet und transplantiert als in Deutschland.
Mit freundlichen Grüßen
Thomas Oppermann