Frage an Thomas Oppermann von Stefan M. bezüglich Finanzen
Sehr geehrter Herr Oppermann,
die SPD wirbt damit, Kapitalerträge wie Arbeit zu besteuern und damit Gerechtigkeit herzustellen. Dazu soll die Abgeltungssteuer abgeschafft werden und der persönliche Steuersatz angewendet werden. Ausführlichere Informationen bezüglich der konkreten Ausgestaltung habe ich bei der SPD bislang nicht gefunden.
1.) Wie sollen künftig Dividenden besteuert werden? Wie Sie wissen, werden Dividenden schon vor der Ausschüttung an den Investor besteuert. Soll dann der persönliche Steuersatz auf diese Besteuerung aufgesetzt werden?
2.) Wie sollen künftig Veräußerungsgewinne besteuert werden? Wenn langfristig über ein ganzes Arbeitsleben regelmäßig kleine Beträge angespart werden, können z.B. zum Renteneintritt durch eine Depotumschichtung große Veräußerungsgewinne steuerfällig wären. Da diese Gewinne nur einmalig stattfinden, wird auch der Kleinanleger schnell in eine hohe Steuerklasse reinrutschen und damit für die langfristige Altersvorsorge bestraft. Zusätzlich sind dann erhebliche Teile der Veräußerungsgewinne reine Inflationsgewinne, auch wenn die Inflation zur Zeit sehr niedrig ist. Soll bei einer vollen Besteuerung mit dem persönlichen Steuersatz wieder wie früher eine Spekulationsfrist eingeführt werden?
Mit freundlichen Grüßen,
S. M.
Sehr geehrter Herr M.,
zu Frage 1:
Die Abschaffung der Abgeltungsteuer ist ein steuerpolitisches Vorhaben der SPD für die nächste Legislaturperiode. Wir wollen private Kapitaleinkünfte wieder dem progressiven Einkommensteuertarif unterwerfen und sie damit steuerlich mit anderen Einkünften gleich behandeln. Dies ist ein Beitrag zur Steuergerechtigkeit.
Bei der von uns angestrebten Reform werden wir aber beachten, dass durch das Zusammenwirken verschiedener Steuern trotz des einheitlichen Abgeltungssteuersatzes verschiedene Arten der Kapitaleinkünfte im Ergebnis unterschiedlich besteuert werden. Zinseinkünfte unterliegen nur der Abgeltungssteuer von 25 Prozent und dem Solidaritätszuschlag und werden somit häufig geringer als Arbeitseinkommen besteuert. Dividenden unterliegen bei ihrer Ausschüttung beim Anteilseigner ebenfalls der Abgeltungssteuer und dem Solidaritätszuschlag. Die Unternehmensgewinne wurden aber bereits vor ihrer Ausschüttung als Dividende auf Unternehmensebene mit Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer belastet. Bei einer gemeinsamen Betrachtung der Unternehmensebene und der Ebene des Anteilseigners – und das ist folgerichtig, denn der Anteilseigner ermöglicht durch seine Beteiligung den Gewinn – werden Unternehmensgewinne somit gleich oder sogar höher als Arbeitseinkommen besteuert.
Die einfache Abschaffung der Abgeltungssteuer würde somit zu keiner angemessenen Besteuerung der verschiedenen Kapitaleinkünfte führen. Zinseinkommen werden wieder mit dem persönlichen Steuersatz und damit progressiv besteuert. Bei Dividenden würde die Besteuerung mit dem persönlichen Steuersatz des Anteilseigners aufgrund der Vorbelastung der Gewinne auf Unternehmensebene aber zu einer übermäßigen Besteuerung führen. Um eine vergleichbare Besteuerung von Unternehmensgewinnen mit Arbeitseinkommen zu erreichen, werden wir deshalb mit der Abschaffung der Abgeltungssteuer eine ermäßigte Besteuerung beim Anteilseigener einführen, bei dem nur ein Teil der Dividende berücksichtigt wird. Eine gerechte Besteuerung der verschiedenen Einkunftsarten erfordert somit differenzierte Regelungen.
Zu Frage 2:
Es entspricht dem Grundsatz der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, dass Gewinne aus der Veräußerung von Wertpapieren unabhängig von Haltefristen besteuert werden. Durch die Wiedereinführung einer Spekulationsfrist würde eine Besteuerungslücke eröffnet. Die fristenunabhängige Besteuerung von Veräußerungsgewinnen hat für die Kapitalanleger im Übrigen auch Vorteile. Mit der Besteuerung der Veräußerungsgewinne können sie auch Veräußerungsverluste aus dem Verkauf von Wertpapieren geltend machen.
Mit freundlichen Grüßen
Thomas Oppermann