Frage an Thomas Oppermann von Lutz L. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Oppermann,
da vor der Wahl immer vor der Wahl bleibt, habe ich eine "herausragende Aufgabe der neuen Koalition" von 2013/2014 bei mir auf Wiedervorlage.
"Der Schutz der Bürger und Unternehmen in Deutschland vor Ausspähung"
und
"Wir müssen unsere Souveränität darüber zurückgewinnen, was ausländische Nachrichtendienste auf deutschem Boden tun dürfen und was nicht."
hatten Sie Anfang 2014 als solche herausragenden Aufgaben bezeichnet.
http://www.abgeordnetenwatch.de/thomas_oppermann-575-37851--f408411.html#q408411
Vielen Bürgern hatten Sie dazu volles Engagement versichert. Eine Revision des BND-Gesetzes erklärten Sie 2015 für unabdingbar:
"BND muss sich an Recht und Gesetz halten"
http://www.spdfraktion.de/presse/interviews/bnd-muss-recht-gesetz-halten
Nun waren Sie ja auch als Verantwortlicher im Kontrollgremium und Untersuchungsausschuss auch selbst von der Missachtung der Verfassung, des Parlaments und der Demokratie betroffen. Von den eigenen Leuten hintergangen zu werden, das steckt man nicht so einfach weg, da bleibt man dran. Als ehemaliger Richter wissen Sie, wie wichtig Wahrhaftigkeit für die Justiz wäre. Auch die Reputation der Politik ist mehr denn je von Populismus und Wählertäuschung bedroht. Sie sind jetzt Fraktionsvorsitzender in einer Regierungskoalition und damit für die parlamentarische Durchsetzung der herausragenden Aufgaben bestens aufgestellt. Nun habe ich jedoch seit den Ankündigungen von 2013-2015 zum Kontrollgremien- und BND-Skandal nichts mehr Wesentliches gehört. Auf ihrer Webseite gibt es dazu auch nur alte Einträge. Mir wird vielleicht etwas entgangen sein.
Ich bitte Sie daher mir und anderen Interessierten mitzuteilen, was Sie und Ihre Kollegen tatsächlich erreichen konnten oder wenigstens versucht haben, woran und an wem Sie eventuell gescheitert sind oder welche Änderungen und neuen Ziele sich in der Sache für Sie ergeben haben.
Mit freundlichen Grüßen
Lutz Lippke
Sehr geehrter Herr Lippke,
wie Sie wissen, hat der Deutsche Bundestag einen NSA-Untersuchungsausschuss eingerichtet. Das Gremium hat den Auftrag, Ausmaß und Hintergründe der Ausspähungen durch ausländische Geheimdienste in Deutschland aufzuklären, und wird seinen Abschlussbericht im kommenden Jahr vorstellen. Obmann der SPD-Fraktion ist Christian Flisek.
Wir haben außerdem das BND-Gesetz und die Arbeit des Parlamentarischen Kontrollgremiums reformiert im Oktober 2016:
Im Rahmen des NSA-Untersuchungsausschusses wurde offenbar, dass der BND jahrelang in einem rechtlichen Graubereich agiert hat. Im BND-Gesetz werden erstmalig klare, rechtsstaatliche Regeln für die sicherheitspolitisch notwendige Auslands-Fernmeldeaufklärung geschaffen.
Künftig sollen bestehende rechtliche Defizite im Umgang mit Kommunikationsdaten ausländischer Staatsbürger, die sich im Ausland aufhalten, beseitigt werden. Hier gelten bei der Verarbeitung und Nutzung im Inland künftig dieselben Vorgaben wie für Daten, die durch den BND im Inland erhoben werden.
Das gilt auch für den Datenschutz. Außerdem werden klare Speicherfristen und Löschverpflichtungen festgelegt. Erhebung und Übermittlung von Daten im Rahmen einer Kooperation mit ausländischen Partnern sind nur noch unter strengen Auflagen möglich. Aufklärungsziele mit EU-Bezug sollen laut Gesetzentwurf einem eigenen Regelwerk unterliegen, das EU-Bürgerinnen und EU-Bürger weitgehend mit Deutschen gleichstellt.
Weiterhin wird – in Ergänzung zum Parlamentarischen Kontrollgremium (PKGr) – ein originäres Kontrollorgan, das „Unabhängige Gremium“, gesetzlich verankert, das allein für die Fernmeldeaufklärung von Ausland-Ausland-Verkehren durch den BND zuständig ist.
Das Unabhängige Gremium, bestehend aus zwei Bundesrichterinnen oder -richtern und einer Bundesanwältin oder einem Bundesanwalt, gewährleistet die notwendige Kontrolle. Das Vorschlagsrecht liegt dabei bei der Präsidentin des BGH bzw. beim Generalbundesanwalt.
Das Gremium muss grundsätzlich sämtliche Anordnungen im Vorfeld genehmigen. Ohne Anordnung ist dem BND keine Maßnahme im Inland erlaubt. Bestimmte Suchbegriffe mit EU-Bezügen müssen ebenfalls durch das Gremium in jedem Einzelfall genehmigt werden. Das Gremium prüft dabei die rechtliche Zulässigkeit, aber auch die Notwendigkeit der Anordnung. Es kann also Maßnahmen oder Suchbegriffe auch ablehnen, wenn es Zweifel an deren Erforderlichkeit hat.
Außerdem muss das Gremium vom BND und vom Bundeskanzleramt unterrichtet werden, wenn unzulässige Erfassungen erkannt worden sein sollten. Zudem darf es die Einhaltung der Vorgaben jederzeit durch Stichproben kontrollieren.
Die Kontrollbefugnis des PKGr, das halbjährlich durch das Unabhängige Gremium über seine Tätigkeit unterrichtet werden muss, bleibt davon ausdrücklich unberührt. Es ist von der Kontrolle nicht ausgeschlossen, sondern aufgerufen, die Fernmeldeaufklärung des BND ebenfalls zu kontrollieren.
Künftig soll das PKGr in seiner Arbeit durch eine oder einen Ständigen Bevollmächtigen samt eigenen Mitarbeiterstab besser unterstützt werden. Damit können die Nachrichtendienste – unabhängig von Sitzungswochen – in der Praxis besser kontinuierlich und systematisch kontrolliert werden. Auch wenn die Sitzungen des PKGr selbst weiter geheim bleiben müssen, soll mit dem geplanten Gesetz mehr Transparenz geschaffen werden: Künftig soll es eine jährliche öffentliche Anhörung der Präsidenten der Nachrichtendienste geben, bei denen sie sich den Fragen der Mitglieder des PKGr stellen müssen.
Mit freundlichen Grüßen
Thomas Oppermann