Frage an Thomas Oppermann von Juergen V. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Oppermann,
bzgl. der bundesweiten Medienmeldungen wegen falscher Angaben im Lebenslauf der Abgeordneten P.Hinz habe ich Fragen an Sie.
Wird Fr. Hinz Übergangsleistungen bzw. Abgeordnetenpension nach dem Abgeordnetengesetz beziehen?
Prüfen Sie nun die Angaben im Lebenslauf der Abgeordneten ihrer Fraktion intensiver ?
Bei notwendigen Änderungen im Abgeordnetengesetz wegen Abgeordnetenbestechung tut sich der Bundestag sehr schwer. Ist jetzt eine notwendige greifende Änderung vorgesehen?
Die Diäten- und Ministergehaltserhöhung verlief im Interesse der Abgeordneten
ohne große Diskussion.
Es gibt jedoch Branchen in denen es seit mehr als zehn Jahren keine Lohnerhöhungen mehr gibt, weil es keine Tarifbindung gibt. Halten Sie die regelmäßigen Erhöhungen der Abgeordnetenbezüge für angemessen?
Für die Beantwortung bedanke ich mich
Mit freundlichen Grüßen
J.Vanselow
Sehr geehrter Herr Vanselow,
auch wir in der SPD-Bundestagsfraktion waren überrascht und enttäuscht darüber, dass Petra Hinz in ihrer Biografie falsche Angaben zu ihren Schul- und Studienabschlüssen gemacht hat. Gerade in der SPD zählen nicht Hochschul- und Studienabschlüsse, sehr wohl aber Vertrauen und Glaubwürdigkeit.
Christine Lambrecht, die Erste Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Bundestagsfraktion, hat nach dem Bekanntwerden des Falles erklärt: „Sie muss jetzt alles Erforderliche tun, um weiteren Schaden von der Politik und ihren Kolleginnen und Kollegen, aber auch von sich selbst, abzuwenden. Über die hierzu notwendigen Schritte haben wir ihr das persönliche Gespräch angeboten.“
Wie Sie aus den Medien erfahren haben, hat Petra Hinz ihr Bundestagsmandat zum 31. August 2016 niedergelegt und ist außerdem von allen Parteiämtern zurückgetreten. Außerdem wurde von der SPD Essen ein Parteiordnungsverfahren gegen Petra Hinz beschlossen.
Zu Ihrer Frage nach Übergangsleistungen: Nach den Bestimmungen des Abgeordnetengesetzes ist für ausgeschiedene Abgeordnete ein sog. Übergangsgeld vorgesehen und zwar pro Jahr der Mitgliedschaft einen Monat lang. Die Altersentschädigung ist Rentenersatz für ehemaligen Abgeordneten und zwar wie bei der gesetzlichen Rente erst ab Erreichen des Rentenalters. Wie in der gesetzlichen Rentenversicherung wird dieses Alter auch für ehemalige Abgeordnete stufenweise vom 65. auf das 67. Lebensjahr erhöht.
Bezüglich der Forderung nach Sanktionen möchte ich Sie darauf hinweisen, dass die Wahl eines Abgeordneten weder mit einem Arbeitsverhältnis im üblichen Sinne noch mit dem Bezug von staatlichen Leistungen, wie beispielsweise das Arbeitslosengeld II (das sogenannte "Hartz IV"), vergleichbar ist. Der bzw. die Abgeordnete übt gemäß Grundgesetz sein Mandat frei aus und unterliegt keinerlei Weisungen. Zudem sind das Bundestagsmandat und die daraus resultierenden Bezüge vollkommen unabhängig von ihrem Bildungsstand, weswegen es keine Möglichkeit gibt, Frau Hinz zu einem Rücktritt von ihren Ansprüchen zu zwingen.
Jeder einzelne Abgeordnete ist dafür verantwortlich, gegenüber dem Deutschen Bundestag korrekte Angaben zu seinem Lebenslauf zu machen.
Sie fragen außerdem nach der Abgeordnetenbestechung und den Diäten. Beides haben wir zu Beginn der Großen Koalition neu geregelt.
Sie weisen zurecht darauf hin, dass sich der Deutsche Bundestag mit der Umsetzung des Anti-Korruptions-Abkommens und der Strafbarkeit der Abgeordnetenbestechung während der schwarz-gelben Regierungsjahre schwer getan hat. Ich habe Ihnen meine Haltung hierzu schon in
einer Antwort vom 13. Dezember 2012 deutlich gemacht und auf entsprechende Initiativen der SPD-Fraktion hingewiesen, diesen Missstand zu ändern.
Demokratie braucht finanziell unabhängige und unbestechliche Abgeordnete. Mit dem freien Mandat und dem Auftrag, Vertreterinnen und Vertreter des ganzen Volkes zu sein, wäre es unvereinbar, wenn finanziell abhängige Abgeordnete im Parlament entscheiden oder wenn sie Entscheidungen aufgrund illegitimer Vorteile treffen oder unterlassen.
Wir haben das Abgeordnetenrecht auf der Grundlage von Empfehlungen einer unabhängigen Kommission, die der Deutsche Bundestag 2011 eingesetzt hat, neu geregelt.
Der Auftrag der Kommission war es, Vorschläge für ein transparentes, der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts entsprechendes Verfahren für die Höhe der Abgeordnetenentschädigung und deren zukünftige Anpassung sowie für die Altersversorgung der Abgeordneten vorzulegen. In ihren Empfehlungen rät die Kommission, die Höhe der Abgeordnetenentschädigung an der Besoldung von Richtern an obersten Bundesgerichten (R 6) zu orientieren. Die Tätigkeit eines Abgeordneten als Mitglied eines obersten Verfassungsorgans ist nach Auffassung der Kommission am ehesten mit einem Richter an einem obersten Gerichtshof des Bundes vergleichbar. Beide nehmen ihre Tätigkeit unabhängig wahr. Mit dieser Orientierungsgröße erhalten Abgeordnete eine Entschädigung wie Landräte und Bürgermeister mittelgroßer Städte. Dies entspricht der Größe eines Wahlkreises, der etwa 250.000 Einwohner umfasst.
Mit freundlichen Grüßen
Thomas Oppermann