Frage an Thomas Oppermann von Heike R. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Oppermann,
der Vizekanzler wirft Merkel Täuschung über Flüchtlingskosten vor !
quelle: http://de.reuters.com/article/fl-chtlinge-deutschland-gabriel-idDEKCN0W51OU?ref=yfp
Wenn er diesen Täuschungsvorwurf gerechtfertigt erhebt, wird er die wahren Kosten kennen, oder?
Weshalb nennt Gabriel dann diese nicht dem Bürger???
Ich frage Sie direkt
1. wie hoch sind die geschätzten Flüchtlingskosten?
2. Merkel hat definitiv Steurerhöhung ausgeschlossen
( quelle: http://www.focus.de/politik/deutschland/definitiv-kanzlerin-gibt-ihr-wort-keine-steuererhoehungen-wegen-fluechtlingskrise_id_5005973.html?fbc=fb-shares%3FSThisFB ) wo spart Frau Merkel das Geld ein? Oder hat sie dazu keinen Plan?
3. Medien berichten: 90 % der Flüchtlinge stellen unverschämte Forderungen
(quelle: http://www.huffingtonpost.de/wolfgang-laub/medien-berichten-90--der-fluchtlinge-stellen-unverschamte-forderungen_b_9015834.html )
Was meinen Sie, denken sich diese Medien dies nur aus? Liegen Ihnen und dem Vizekanzler dazu fundierte Erkenntnisse vor?
4. Der österreichische Kanzler ruft Merkel auf, sie möge doch Flüchtlinge direkt aus Griechenland und Syriens Nachbarländern abholen.
( quelle: http://www.spiegel.de/politik/ausland/werner-faymann-deutschland-soll-fluechtlinge-aus-griechenland-holen-a-1080181.html )
da Frau Merkel eine Obergrenze kategorisch ausschliesst, wird sie also direkt Flüchtlinge von irgendwo abholen, oder wird sie dazu die SPD befragen? Wird die SPD dem zustimmen?
Eine Antwort vor den Landtagswahlen wäre schön.
Mit freundlichem Gruß
Heike Rogall
Sehr geehrte Frau Rogall,
Sie beziehen sich in Ihren beiden ersten Fragen auf ein Statement von Sigmar Gabriel, das er nach der Präsidiums-Sitzung am 15. Februar abgegeben hat.
In dem Beschluss, den wir auf dieser Sitzung gefasst haben, haben wir konkret benannt, welche Maßnahmen und Investitionen zur Integration der Flüchtlinge notwendig sind. Sie finden den SPD-Präsidiums-Beschluss hier: https://www.spd.de/presse/pressemitteilungen/detail/news/beschluss-des-spd-praesidiums-zusammenhalt-zuversicht-und-sicherheit-resolution-zu-aktuellen-herausforderungen-der-fluechtlingspolitik/15/02/2016/
Ich habe mehrfach in Reden vor dem Deutschen Bundestag ausgeführt, dass die Integration der Flüchtlinge eine Daueraufgabe für das kommende Jahrzehnt ist.
Wir stehen vor der Herausforderung einer doppelten Integration: der Integration in unsere Gesellschaft und der Integration in unseren Arbeitsmarkt. Bei der Integration in unsere Gesellschaft ist klar, dass die Flüchtlinge das Wertesystem, das unserer Verfassung zugrunde liegt, akzeptieren müssen. Bei der Integration in den Arbeitsmarkt geht es darum, dass die Flüchtlinge möglichst bald ihren Lebensunterhalt mit Arbeitseinkünften bestreiten können.
Auch wenn wir, wie Sie zurecht anmerken, gewaltig investieren müssen, dürfen wir nicht nur die Belastungen sehen, sondern wir müssen auch die Chancen für eine alternde Gesellschaft erkennen. Deutschland hat nach Japan die älteste Bevölkerung aller Industrieländer. Ein Land, in dem schon heute über 1 Million Stellen vakant sind und über 40 000 Ausbildungsplätze nicht besetzt werden können, ist auf Einwanderung dringend angewiesen.
Die Integration der Flüchtlinge bietet vor allem auch die Chance, den Reformstau in diesem Land anzugehen. Wir haben z.B. bereits im Herbst 2015 vereinbart, 2 Mrd. € zusätzlich in ein Wohnungsbauprogramm zu investieren. Damit schaffen wir Wohnungen nicht nur für Flüchtlinge, sondern für alle Mieter, die bezahlbare Wohnungen suchen.
In Ihrer dritten Frage sprechen Sie eine Zeitungsschlagzeile über angebliche unverschämte Forderungen von Flüchtlingen an. Der von Ihnen mitgeschickte Link bietet bereits die Antwort auf Ihre Frage. Der Autor des von Ihnen zur Lektüre empfohlenen Beitrags setzt sich sehr differenziert mit den Vorwürfen auseinander und zeigt sachkundig anhand eigener Erfahrungen, dass die Schlagzeile nicht stichhaltig ist.
In ihrer vierten Frage greifen Sie ein Interview des österreichischen Bundeskanzlers Werner Faymann auf, das er im Vorfeld des letzten EU-Gipfels Anfang März gegeben hat. Wie Sie wissen, haben sich die Staats- und Regierungschefs der EU auf dem Gipfel vom 16./17. März auf ein Abkommen mit der Türkei geeinigt. Außenminister Frank-Walter Steinmeier hat in einem Interview ausführlich über die wesentlichen Punkte dieses Abkommens gesprochen und deutlich gemacht, welche Beiträge die Bundesregierung bei humanitärer Hilfe für Flüchtlinge leistet: http://www.auswaertiges-amt.de/nn_582140/sid_4990EF3BACA3C15FA9FB8490615FC175/DE/Infoservice/Presse/Interviews/2016/160404_BM_HeilbronnerStimme.html?nnm=582154
Mit freundlichen Grüßen
Thomas Oppermann