Frage an Thomas Oppermann von Karl K. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Oppermann,
Die allgemeine Erklärung der Menschenrechte ist geltendes Recht in der Bundesrepublik Deutschland. In Artikel 20 - Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit - heißt es unter anderem:
Niemand darf gezwungen werden, einer Vereinigung anzugehören.
Ich bin selbständiger Handwerker und und werde gezwungen an die Handwerkskammer - die nicht einmal eine demokratische Legitimation besitzt - einen Mitgliedsbeitrag zu zahlen. Wenn nicht sofort zahle, kommt umgehend eine Mahnung mit der Drohung zur weiteren Zwangsmaßnahmen.
Dieser Zwang kollidiert eindeutig mit Artikel 20 AEMR.
Die Aussage ist absolut eindeutig und unmissverständlich.
Meine Frage ist also ganz einfach:
Wie kann sich die Handwerkskammer über geltendes Recht hinweg setzen?
Freundliche Grüße
Karl Kern
Sehr geehrter Herr Kern,
die obersten Bundesgerichte haben die Pflichtmitgliedschaft der Unternehmen in den Kammern und damit die Beitragspflicht immer wieder als verfassungskonform, insbesondere mit Art. 2 Abs. 1 GG, bestätigt.
Derzeit liegen dem Bundesverfassungsgericht zwei Verfassungsbeschwerden wegen der Pflichtmitgliedschaft in den Kammern vor. Das Bundesverfassungsgericht wird voraussichtlich Anfang 2016 über die Annahme der Verfassungsbeschwerden entscheiden.
Im Koalitionsvertrag haben SPD, CDU und CSU vereinbart: „Wir wollen ein starkes Handwerk. Deutschland wird die europäische Diskussion über eine verstärkte Öffnung des Dienstleistungsbinnenmarktes konstruktiv begleiten. Wir werden allerdings unverändert darauf hinwirken, dass der Meisterbrief nicht durch Maßnahmen des europäischen Binnenmarktes beeinträchtigt wird und erhalten bleibt.
Wir bekennen uns zu den Kammern. Wir bestärken sie darin, ihre Dienstleistungsfunktion für die Mitgliedsunternehmen weiterzuentwickeln. Die Kammern müssen einen spürbaren Beitrag für ihre Akzeptanz bei den Mitgliedsunternehmen leisten, indem sie sich noch stärker am Gedanken der Selbstverwaltung und der Interessenwahrnehmung, vor allem für kleine und mittlere Unternehmen orientieren. Transparenz von Entscheidungen ist dabei ein wichtiger Bestandteil des demokratischen Prinzips.“
Mit freundlichen Grüßen
Thomas Oppermann