Frage an Thomas Oppermann von Hannes R. bezüglich Recht
Sehr geehrter Herr Oppermann,
heute zitiert Sie der Tagesspiegel wie folgt:
"Es gibt viele politisch Verfolgte und Kriegsflüchtlinge, die nach Deutschland kommen - aber auch viele, die einfach ein besseres Leben oder Arbeit suchen. Für diese Gruppe braucht es ein Einwanderungsgesetz mit klaren Regeln. Das hätte den großen Vorteil, dass damit die Asylverfahren nicht mehr belastet würden.“
Daraus ergeben sich Fragen Herr Oppermann. Zwar ist mir klar, dass Sie einem möglichen Gesetzgebungsverfahren nicht vorgreifen werden, indem Sie konkrete Regelungen angeben. Nun ist aber Ihre Sicht auf ein Einwanderungsgesetz schon konzeptionell offenkundig problematisch.
Ihre Grundannahme ist richtig: Es gibt viele Menschen, die nach Deutschland kommen wollen, aber keine Asylgründe geltend machen können. Ihre Schlussfolgerung ist, dass diese über ein Einwanderungsgesetz erreicht werden sollen. Mit klaren Regeln - das klingt gut, das klingt entschieden. Doch das bedeutet auch, dass diejenigen, die auch nach einem Einwanderungsgesetz keinen Aufenthalt erhalten können - sei es wegen mangelnder beruflicher Qualifikation oder sonstiger Gründe - doch wiederrum ihren Wunsch nicht erfüllt bekommen. Was denken Sie, tun diese Leute dann? Umdrehen und gehen? Ist es nicht wahrscheinlicher, dass diese Menschen (nachvollziehbarerweise) jede Möglichkeit nutzen werden, und sei sie noch so wenig erfolgversprechend? Bedeutet es nicht, dass diese Menschen nach einer Ablehnung auf Grundlage eines Einwanderungesetzes unmittelbar Asyl beantragen werden?
Wo genau liegt also die Entlastung des Asylsystems? Sie werden eine Entlastung nur erreichen, wenn Sie die Anforderungen an die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis erheblich senken. Wenn das das Ziel der SPD im Deutschen Bundestag ist, dann sagen Sie es auch. Das kann man ja gut und richtig finden. Aber so wie es derzeit kommuniziert wird, ist es unlogisch.
Ich habe zwar auch viel geschrieben, freue mich aber über eine kurze Antwort.
Beste Grüße
Sehr geehrter Herr Rehfeldt,
mit einem Einwanderungsgesetz würde Deutschland ein klares Signal senden: Politisch Verfolgte haben Anspruch auf Asyl. Alle anderen, die Arbeit und ein besseres Leben suchen, müssen die Kriterien erfüllen, die ein Einwanderungsgesetz definiert.
Dies sorgt für Klarheit, Transparenz und auch für eine Entlastung der Asylverfahren.
Ich habe in meiner Rede bei der Generaldebatte vor dem Deutschen Bundestag am 9. September zu diesem Thema ausgeführt: „Zur Wahrheit dieses Sommers gehört aber auch, dass nicht nur Kriegsflüchtlinge und politisch Verfolgte zu uns kommen, sondern auch viele Menschen, insbesondere aus dem Balkan, die Arbeit und ein besseres Leben suchen. Dafür habe ich ganz viel Verständnis. Aber diese Leute haben keine Chance, bei uns Asyl zu bekommen. Deshalb, finde ich, ist es auch ein Gebot der Fairness, ihnen das ganz klar zu sagen, damit sie nicht weiterhin immer wieder ihre gesamten Ersparnisse den Schleusern anvertrauen. Deswegen ist es auch richtig, dass wir über die Anträge aus diesen Ländern in einem vereinfachten Verfahren entscheiden.
Bei der Frage der sicheren Herkunftsländer geht es nicht darum, die Flüchtlinge in gute und schlechte Flüchtlinge einzuteilen, sondern es geht um unterschiedliche Grade der Schutzbedürftigkeit. Weil wir nicht alle aufnehmen können, müssen wir uns auf die besonders Schutzbedürftigen konzentrieren.
Die richtige Antwort ist deshalb ein Einwanderungsgesetz, mit dem wir die Nachfrage nach gut ausgebildeten Arbeitnehmern steuern können. Ich bin froh, dass wir uns immerhin darauf verständigt haben, in begrenzter Zahl Arbeitsvisa für qualifizierte Arbeitnehmer aus dem Westbalkan zu vergeben, die in Deutschland einen tarifgebundenen Arbeits- oder Ausbildungsplatz haben. Auch wenn es in der Koalition noch keine Einigung über ein Einwanderungsgesetz gibt - das ist ein erster Schritt in die richtige Richtung.“
Die komplette Rede finden Sie hier: http://www.thomasoppermann.de/details.php?ID=1613
Mit freundlichen Grüßen
Thomas Oppermann