Frage an Thomas Oppermann von Anton B. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrter Herr Oppermann,
als Fraktionschef der SPD waren Sie wohl entscheidend daran beteiligt, das GKV-Versorgungsstärkungsgesetz mit 57 vorher zwischen CDU/CSU und SPD abgestimmten Änderungsanträgen durch den Bundestags-Gesundheitsausschuss zu schleusen, ohne dass dieses vorbereitende Beschluss-Organ oder gar der Bundestagsausschuss für Arbeit und Soziales ihre speziellen Kompetenzen einbringen konnten, z. B. zur Krankengeld-Rechtsänderung, § 46 SGB V.
Nun wird die "BSG-Krankengeld-Falle" zwar um einen (Arbeits-/Werk-) Tag entschärft, aber auch in den Status der "Gesetzgeber-Krankengeld-Falle" erhoben. Was bisher nur fiktive Konstruktion des BSG war, wird modifizierte Rechtswirklichkeit: Bei einem Tag Lücke ist der Krankengeld-Anspruch „weg“ - falls kein Beschäftigungsverhältnis besteht.
Diese Regelung stellt eine Ungleichbehandlung dar, weil Personen ohne Beschäftigungsverhältnis - zusätzlich - benachteiligt werden. Zudem ist der endgültige Verfall des Anspruchs allein wegen der Formalie der um einen Tag verspätet ausgestellten Folge-AU-Bescheinigung schlicht unverhältnismäßig und deswegen verfassungsrechtlich relevant. Dem Ziel lückenloser AU-Bescheinigungen könnte ohne weiteres mit dem verhältnismäßigeren Mittel der Ruhensregelung entsprochen werden (wie in Fällen der verspäteten Meldung der Arbeitsunfähigkeit, § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V).
Im Übrigen stellt die Neuregelung eine - bisher verdeckt gehaltene - Verschlechterung des Sozialrechts dar. Damit wird das Krankengeld aus den generellen gesetzlichen Regelungen für Sozialleistungen zum Lebensunterhalt ausdrücklich ausgenommen.
Das bisherige Gesetzgebungs-Verfahren und das Ergebnis zum Krankengeld sind insoweit mehr als bedauerlich.
Sind diese Gesichtspunkte erwogen worden? Welche Gegenargumente sprechen für die interfraktionell vorgegebene Regelung? Was ist an der SPD noch "sozialdemokratisch"?
Mit freundlichen Grüßen
Anton Butz
Sehr geehrter Herr Butz,
wenden Sie sich mit ihren Nachfragen zu den Beratungen im Gesundheitsausschuss des Deutschen Bundestages bitte an die zuständigen Fachpolitiker, die unsere Fraktion in diesem Ausschuss vertreten.
Mit freundlichen Grüßen
Thomas Oppermann