Frage an Thomas Oppermann von Christian S. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Sehr geehrter Herr Oppermann,
in der heutigen Ausgabe von Spiegel online werden Sie mit dem Satz zitiert "Snowden darf unser Verhältnis zu den USA nicht belasten".
Sind Sie ernsthaft der Meinung Herr Snowden sei am belasteten Verhältnis zu den USA schuld? Ist es nicht vielmehr die rechtswidrige Spionage durch die NSA auf deutschem Boden sowie die Uneinsichtigkeit der Amerikaner, die zu dem belasteten Verhältnis geführt haben?
Sind Sie noch an einer ernsthaften Aufklärung interessiert, oder kann man Ihre Aussage dahingehend interpretieren, dass Sie Herrn Snowden schnellstmöglich in einem amerikaischen Gefängnis verschwinden lassen wollen um sich nicht mit immer neuen amerikanischen Spionageexzessen auseinandersetzen zu müssen und Gras über die Sache wachsen zu lassen?
Des Weiteren sollen Sie gesagt haben, dass die Amerikaner offenkundig unser Problem nicht verstehen könnten und wir zunächst damit leben müssten, dass wir in einer wichtigen Bündnisfrage nicht einer Meinung sind. Dennoch vertreten Sie die Meinung, dass es nun darum gehe, verlorenes Vertrauen wiederherzustellen und das bewährte Bündnis mit den Amerikanern fortzusetzen.
Ist es jetzt nicht zunächst an den Amerikanern, verlorenes Vertrauen wiederherzustellen? Warum soll also Herr Snowden als vertrauensbildenede Maßnahme mit deutscher Hilfe ans Messer geliefert werden?
Ist es nicht vielmehr an der Zeit das bewährte Bündnis von Grund auf zu überdenken. Nach den aktuellen Vorkommnissen darf es kein "weiter so" geben, wenn wir künftig in der Welt noch ernst genommen werden wollen.
Beste Grüße
Christian Stecher
Sehr geehrter Herr Stecher,
selbstverständlich ist eine ernsthafte Aufklärung der NSA-Affäre notwendig. Der Deutsche Bundestag hat deshalb einen Untersuchungsausschuss eingesetzt, der die massenhafte Erfassung und Speicherung von Kommunikationsdaten in Deutschland durch US-amerikanische und britische Nachrichtendienste untersuchen wird. Außerdem soll er prüfen, welche Reformen notwendig sind, um vertrauliche Kommunikation besser zu schützen.
Das Verhältnis zu den USA ist spürbar belastet. In dem von SPIEGEL Online zitierten dpa-Interview habe ich jedoch die Schuld hierfür keineswegs Edward Snowden gegeben. Ich habe vielmehr wiederholt deutlich kritisiert, dass die Überwachungsmaßnahmen der NSA offensichtlich aus dem Ruder gelaufen sind und die USA eine neue Balance bei der Abwägung zwischen Freiheit und Sicherheit finden müssen.
Es wäre falsch, den Konflikt mit den USA weiter eskalieren zu lassen. Stattdessen müssen wir uns bemühen, dass wir ein gemeinsames Verständnis der Probleme bekommen. Wir brauchen eine Wertedebatte zwischen Deutschland und Amerika, weil nur so auch künftig eine starke transatlantische Partnerschaft möglich ist.
Ihre Unterstellung, dass ich Edward Snowden "schnellstmöglich in einem amerikanischen Gefängnis verschwinden lassen", weise ich entschieden zurück. Eine Rückkehr in die USA ist aus meiner Sicht für Edward Snowden nur denkbar, wenn ihm von der US-Administration belastbare Zusagen gemacht werden.
Mit freundlichen Grüßen
Thomas Oppermann