Frage an Thomas Oppermann von Theodor H. bezüglich Familie
Sehr geehrter Herr Oppermann,
Ihre Partei hat angekündigt mit einem neuen Konzept der Besteuerung von Ehen und Familien im Wahlkampf punkten zu wollen.
Laut Aussagen von Herrn Gabriel und Frau Nahles, die ich der Tagespresse entnehmen konnte, sind die Eckpunkte dieses Modells:
- Abschaffung des Ehegattensplittings
- Ausdrücklich kein Ersatz durch ein Familiensplitting
- Abschaffung bzw. drastische Reduzierung des Kinderfreibetrages
- Zahlung von mehr Kindergeld an Familien bis 3.000 € Einkommen
Zunächst einmal die Frage, ist dies durch die Presse korrekt wiedergegeben? Also de facto eine Besteuerung von Alleinverdienenden Familienmüttern und -Vätern analog eines kinderlosen Singles.
Dies würde eine massive Mehrbelastung von mittleren Einkommen bei Familien mit Alleinverdiener bzw. großer Gehaltsdifferenz bedeuten.
In einem Modellbeispiel mit Alleinverdiener, 4.000 € Monatsbrutto und drei Kindern, würde dies zu einer steuerlichen Mehrbelastung von 3.600 € (!!!) jährlich führen. Diese würde auch nicht durch zusätzliches Kindergeld abgefedert. Es wäre de facto eine Steuererhöhung von 65 % (!!!).
Und das Beispiel mit den gewählten Eckdaten dürfte exemplarisch sehr gut etliche Millionen Bürger dieses Landes repräsentieren.
Hingegen würde ein kinderloser Single mit gleichem Einkommen oder auch ein kindeloses Ehepaar von Gleichverdienern keiner Mehrbelastung ausgesetzt.
Ist es wirklich Ziel Ihrer Partei Familien mit mittleren Einkommen derartigen Mehrbelastungen auszusetzten?
Was spricht aus der Sicht Ihrer Partei oder auch Ihnen persönlich gegen ein sog. Familiensplitting?
Es ist klar, dass der Ansatz dahin gehen soll die sogenannten "Zahnarztehen" stärker zu besteueren. Aber geht der gewähle Ansatz unter dem o.g. Musterfall nicht völlig fehl und trifft zu einem überwältigenden Teil die "Falschen"?
Vielen Dank für Ihre Stellungnahme.
Mit freundlichen Grüßen
Theodor Hansen (selbst alleinverdienender Vater von vier Kindern)
Sehr geehrter Herr Hansen,
diese Darstellung ist nicht ganz korrekt: Für bereits bestehende Ehen wird sich nichts ändern, da für sie ein Vertrauensschutz gelten soll. Die SPD möchte das Ehegattensplitting durch eine Individualbesteuerung ersetzen, dies soll aber nur für neue Ehen gelten.
Ihre Befürchtung, dass zukünftig Familien steuerrechtlich wie kinderlose Singles behandelt werden, trifft ebenfalls nicht zu. Auch nach Abschaffung des Ehegattensplittings wollen wir die gegenseitigen Unterhaltsverpflichtungen bei neuen Ehen berücksichtigen.
Den entsprechenden Beschluss des SPD-Bundesparteitages aus dem Dezember 2011 finden Sie hier: www.spd.de/presse/Pressemitteilungen/21804/20111205_leitantrag_familie.html
Wir halten das Ehegattensplitting für ungerecht, da es Ehepaare bevorzugt, völlig unabhängig davon, ob sie Kinder haben oder nicht. Andere Familienformen mit Kindern aber ohne Trauschein gehen leer aus.
Außerdem wirkt sich das Ehegattensplitting vor allem in Ehen aus mit einem Alleinverdiener, in der Regel der Mann. Es verführt dazu, dass Frauen nicht mehr arbeiten gehen.
Stattdessen wollen wir Kinder stärker fördern. Deshalb wollen wir eine neue Familienförderung ohne Ehegattensplitting. Dabei setzen wir auf eine Reform des Kindergeldes, einen gesetzlichen Mindestlohn, den Ausbau von Kinderbetreuungsplätzen und Ganztagsschulen.
Gegen Ihren Vorschlag des Familiensplittings sprechen aus unserer Sicht einige Gründe, die meine Kollegin Dagmar Ziegler in einer Pressemitteilung dargestellt hat: www.spd-fraktion.de/presse/pressemitteilungen/familiensplitting-steuergeschenk-f%C3%BCr-reiche-eltern
Mit freundlichen Grüßen
Thomas Oppermann