Frage an Thomas Oppermann von Manfred S. bezüglich Finanzen
Sehr geehrter Herr Oppermann,
Bild.de berichtet am 28.11.2012 unter der Überschrift "Die unendliche Geschichte", dass das pleitebedrohte Griechenland seit 2010 über 190 Mrd. Euro Kredite und Garantien erhalten hat. Ausserdem ist dem Land mehr Zeit zur Erfüllung von Auflagen zugestanden worden, was sicher zusätzlich Geld kosten wird.
Nach einem in www.tagesschau.de am 26.11.2012 unter der Überschrift "Tausende Millionäre sind offiziell bettelarm" erschienen Bericht ist als Beispiel von einem Steuersünder die Rede, der nicht ganz 500 Euro im Monat verdient, gleichzeitig aber 20 Mio. Euro auf sein Konto im Ausland überwiesen hat. Insgesamt sollen die griechischen Steuerfahnder 17.000 Verdächtige im Visier haben, die ihre hohen Auslandsüberweisungen rechtfertigen müssen. Wohlhabende Griechen zahlen dem Bericht zufolge kaum Steuern, wodurch dem griechischen Staat jährlich Dutzende Milliarden Steuern entgehen. Arbeitnehmern, also dem sogenannten "kleinen Mann", werden Steuern hingegen direkt vom Lohn abgezogen.
Halten Sie angesichts der vorgenannten Sachverhalte die Unterstützung Griechenlands durch Dritte für gerechtfertigt? Wieso sollen Drittländer die Steuerlöcher Griechenlands auffüllen? Würden die (vermögenden) Griechen ihren steuerlichen Verpflichtungen nachkommen, wären Stützungen Griechenlands wohl kaum erforderlich.
Sind die sich wiederholenden Stützungen Griechenlands möglicherweise eine Art Insolvenzverschleppung? Eine abschliessende Lösung des Problems ist doch aus heutiger Sicht nicht erkennbar.
Warum ist bei der Aufnahme von Griechenland in den Euro-Raum das vorgelegte Zahlenmarerial nicht sorgfältig geprüft worden?
Mit freundlichen Grüssen
Manfred Seeger
Sehr geehrter Herr Seeger,
die von Ihnen geschilderten Fälle von Steuersündern sind ein gravierendes Problem. Der Aufbau effektiver öffentlicher Verwaltungsstrukturen, eine entschiedene Bekämpfung der Korruption und ein wirksames Steuereinzugssystem, das auch die Steuerflucht und -hinterziehung der reichen Oberschicht bekämpft, sind notwendig zur Überwindung der Krise Griechenlands. Dafür ist auch die Unterstützung der europäischen Partner notwendig. Wie ich bei einem Gespräch mit Fachleuten erfahren habe, konnten in diesem Jahr nur 1 Milliarde € von rechtskräftigen Steuerbescheiden in Höhe von 30 Milliarden € eingetrieben werden.
Vor diesem Hintergrund und angesichts der Schwachpunkte des Krisenmanagements der Bundesregierung haben wir auf Sonderfraktionssitzungen intensiv beraten, ob wir dem Beschluss zu Griechenland zustimmen können. Die SPD-Fraktion hat sich mit breiter Mehrheit für ein Ja zu dem Paket entschieden, um Griechenland vor einer Staatspleite zu bewahren und eine ökonomische Kettenreaktion in Europa mit fatalen Auswirkungen auch auf den Wohlstand in Deutschland zu verhindern.
Die Stabilisierung der Eurozone liegt in unserem ureigensten Interesse, sie ist nicht nur ein Akt der Nächstenliebe. Der Export ist ein tragender Pfeiler der deutschen Wirtschaft. Mehr als 60 % aller deutschen Exporte gehen in die EU-Staaten, ca. 40% gehen in die Eurozone. Jeder vierte Arbeitsplatz hängt direkt oder indirekt vom Export ab. Deutschland profitiert deshalb stark vom Gemeinsamen Binnenmarkt und der Gemeinsamen Währung. Die Voraussetzung dafür ist aber, dass es auch in unseren Nachbarländern soziale Stabilität und Wohlstand gibt.
Das bisherige Krisenmanagement der Bundeskanzlerin ist krachend gescheitert. Über Monate hat die Bundesregierung die deutsche Öffentlichkeit getäuscht und die Auswirkungen der Krise auf den deutschen Haushalt verschwiegen. Es wird daher höchste Zeit, dass die schwarz-gelbe Bundesregierung der Bevölkerung reinen Wein einschenkt. Angela Merkels Politik der kleinen, aber unzureichenden Schritte hat die Kosten der Krise unnötig in die Höhe getrieben und so leichtfertig deutsches Steuergeld aufs Spiel gesetzt. Ein Zukunftskonzept für Griechenland lässt die schwarz-gelbe Bundesregierung aber weiterhin vermissen. Mit den aktuellen Beschlüssen versucht sie ausschließlich Zeit zu gewinnen und größere Belastungen auf den deutschen Haushalt nach die Bundestagswahl zu schieben. Das ist unehrlich und verschenkt kostbare Zeit, die Krise entschieden zu bekämpfen.
Ausführlich hat unsere Position der Fraktionsvorsitzende Frank-Walter Steinmeier in seiner Bundestagsrede erläutert: http://www.spdfraktion.de/themen/sie-kaufen-sich-nur-zeit
Mit freundlichen Grüßen
Thomas Oppermann