Frage an Thomas Oppermann von Norbert T. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrter Herr Oppermann,
am 28. Juni wurden Sie im ZDF zum Bildungspaket befragt. (Interview mit Herrn Oppermann im ZDF-Morgenmagazin vom 28. Juni 2011. )
In Ihrer Antwort unterstellten Sie den Empfängern von Hartz IV, das diese sich um die Bildung ihrer Kinder nicht kümmern würden. Ebenfalls behaupteten Sie, das diese Kinder per se bildungsschwach seien. Sie deshalb in einer Kita zwangsuntergebracht werden müssen.
Sie behaupteten auch, das eine Barauszahlung des Bildungspaketes nicht in Frage komme, da diese Auszahlung nur in Tabak und Alkohol umgesetzt würde.
Informationen für die Eltern zum Bildungspaket wurde von Ihnen abgelehnt.
Leider wurden diese kühnen Behauptungen von Ihnen nicht untermauert.
Würden Sie des bitte jetzt hier nachholen?
Nicht nur mich würde es interessieren wie Sie zu dieser Ansicht gelangen, da doch mittlerweile sehr weite Teile der Bevölkerung auf die "Segnungen" des SGB II angewiesen sind.
Mit freundlichen Grüßen
Norbert Tessmer
Sehr geehrter Herr Tessmer,
vielen Dank für Ihr Schreiben vom 6. Juli 2011.
Es erstaunt mich sehr, welche Ansichten und angeblichen Aussagen Sie mir in den Mund legen. Ich will meine Positionen deshalb noch mal klarstellen:
Weitere Informationen für die Eltern zum Bildungspaket habe ich nicht abgelehnt. Im Gegenteil: Ich habe gefordert, dass dringend etwas geschehen muss und die Menschen direkt angesprochen werden müssen.
Ich habe in dem Interview darauf hingewiesen, dass Kinder aus Hartz IV-Familien „nicht automatisch, aber statistisch schlechtere Bildungschancen haben“. Ich habe nicht behauptet, dass sie „per se bildungsschwach seien“, wie Sie mir unterstellen.
Es geht mir darum, Kinder aus schwachen Familien stark zu machen. Wir müssen ihnen Anregungen und Chancen bieten. Das geht nach meiner Überzeugung am besten durch Ganztags-Kindergärten und Ganztags-Schulen mit Hausaufgabenbetreuung nachmittags in der Schule.
Ich bin entschieden dafür, dass Bildungsangebote als Sachleistungen und nicht mit Gutscheinen oder Bargeld gefördert werden. Die Angebote müssen den Kindern unmittelbar zu Gute kommen. Die Begriffe Alkohol und Tabak habe ich in dem von Ihnen zitierten Interview mit dem Morgenmagazin überhaupt nicht genannt.
Ich bin stolz darauf, dass wir in zähen Verhandlungen im Vermittlungsausschuss gegen den Widerstand der Regierungskoalition wesentliche Verbesserungen am Bildungspaket erreicht haben. Besonders wichtig ist, dass das Geld für 3.000 Sozialarbeiter bereitgestellt wird, die vor allem an Schulen in sozialen Brennpunkten tätig werden sollen.
Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen war allerdings bisher nicht in der Lage, dafür zu sorgen, dass die Leistungen auch bei den Betroffenen ankommen. Erst 25 % der 2,5 Millionen Berechtigten haben bisher einen Antrag gestellt. Mich haben in den vergangenen Tagen zahlreiche Briefe und E-Mails erreicht, dass die Jobcenter Anträge nur schleppend bearbeiteten oder ablehnten.
Wir als SPD-Bundestagsfraktion sehen deshalb dringenden Handlungsbedarf: Die Kinder müssen Chancen auf sozialen Aufstieg und Teilhabe bekommen. Deshalb setzen wir uns weiter für eine unbürokratische Umsetzung ein, damit die Leistungen bei den betroffenen Kindern und Jugendlichen ankommen. Im Interview mit dem Morgenmagazin habe ich deshalb gefordert, dass die Bürokratie vereinfacht werden und die Kommunen mehr Entscheidungsspielräume bei der Umsetzung bekommen soll.
Mit freundlichen Grüßen
Thomas Oppermann