Frage an Thomas Oppermann von Barbara U. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Oppermann
In der WELT werden Sie folgendermaßen zitiert: " ...Dagegen wünschte sich Parlamentsgeschäftsführer Thomas Oppermann in dem Blatt „weniger Hinterzimmerpolitik, dafür mehr vom Geist amerikanischer Vorwahlen“. „Die innerparteiliche Demokratie kann belebende Impulse von außen gut gebrauchen“, sagte er. Es sei jedem klar, dass „die SPD nur interessant wird, wenn sie es schafft, Nicht-Mitglieder an ihrer Politik zu beteiligen“. "
Ich weiß nicht, wie es in Ihrem Wahlkreis aussieht, aber in Hamburg können interessierte Bürger an Mitgliedertreffen und anderen Veranstaltungen der SPD teilnehmen. Dort versteht man sich weder als Sekte, noch als Loge der Freimauer, allerdings sind Nichtmitglieder nicht wahl- u. stimmberchtigt.
Weshalb soll man denn noch Mitglied in der SPD sein, wenn Nichtmitglieder, ohne Beitrag zu zahlen, stimmberechtigt sind und politische Ämter übernehmen können?
Glauben Sie ernsthaft, dass die Mehrheit der SPD- Mitglieder Beiträge zahlen, um damit die Meinung der Nichtmitglieder zu finanzieren?
Sehr geehrte Frau Uduwerella,
ich danke Ihnen für Ihre Anfrage vom 25. Mai 2011.
Die Vorschläge von Generalsekretärin Andrea Nahles sind richtig und mutig. Auf dem Dresdner Parteitag haben wir uns als SPD auf den Weg gemacht, uns programmatisch und organisatorisch neu aufzustellen. Wir haben uns damals vorgenommen, die demokratische Kultur in unserer Partei zu erneuern und der Beteiligung der Mitglieder einen wesentlich höheren Stellenwert einzuräumen.
Wir sind stolz auf jede und jeden unserer mehr als 500.000 Mitglieder. Aber wir brauchen auch Impulse von außen. Die SPD muss ein Bündnis mit interessierten gesellschaftlichen Gruppen eingehen, das macht die Partei stärker. Besitzstandsdenken darf es jetzt nicht geben.
Deshalb werden derzeit verschiedene Ideen und Konzepte mit Vertreterinnen und Vertretern aus Ortsvereinen, Unterbezirken, Arbeitsgemeinschaften und Landes- und Bezirksverbänden innerparteilich diskutiert. Aber wir wollen keine Festlegungen für alles und jeden in der SPD.
Deshalb möchten wir Ermöglichungen schaffen: keine starren Regeln, sondern Angebote, die vor Ort selbst entschieden werden müssen.
In einem solchen Prozess wollen wir selbstverständlich auch über die Art und Weise reden, wie in einer solch lebhaften, zukunftsorientierten Partei wie der SPD, Kandidatinnen und Kandidaten ausgewählt werden.
Die Idee, durch Urwahlen Kandidatinnen und Kandidaten zu bestimmen, ist ein bekanntes Modell, von dem in Deutschland und im europäischen Ausland bereits mehrfach Gebrauch gemacht wurde. Die französischen Sozialisten werden in diesem Jahr erstmals Nichtparteimitglieder an der Urwahl ihres Präsidentschaftskandidaten teilnehmen lassen.
Mit freundlichen Grüßen
Thomas Oppermann