Frage an Thomas Oppermann von Simon S. bezüglich Gesundheit
Guten Tag Herr Oppermann,
noch in diesem Jahr soll ein Gesetz zur in Deutschland umstrittenen PID beschlossen werden. Die Kirchen im Lande, sowie konservative Kreise werden erwartungsgemäß dagegen Sturm laufen und versuchen, an die moralische Intuition der Bevölkerung zu appelieren. Dass zwischen Moral und Ethik, besonders im Hinblick auf das traditionelle christliche Wertesystem, häufig eine riesige Lücke klafft(e) sei nur nebenbei bemerkt. Es sei also vorab gesagt, dass es hierbei um Ethik und nicht um Moral geht!
Ein konkretes Beispiel: Wird bei einem Komapatienten mit Organspenderausweis der Hirntod festgestellt, so dürfen die Organe entnommen werden. Aus diesem gesetzlichen Sachverhalt ergibt sich rückschließend, dass Hirntod als Gegenteil von Leben definiert zu sein scheint, was dem wissenschaftlichen Stand der Dinge voll und ganz entspricht und ethisch legitim ist. Einer befruchteten Eizelle, die selbst noch gar kein Nervensystem hat, sollen also weitreichendere Rechte zugesporchen werden? Bei jeder künstlichen Befruchtung werden mehrere befruchtete Eizellen nicht "verwendet", sondern nur eine eingepflanzt. Das sollte das Agrument, man zerstöre potentielle Leben doch eigentlich schon hinfällig erscheine lassen oder? Desweiteren ist Abtreibung als universelles Recht der Frau bis zu einem bestimmten Zeitpunkt der Schwangerschaf in Deutschland erlaubt.
Die Präimplantationsdiagnostik ist eine Errungeschaft die es schlicht und einfach ermöglicht, Leiden zu verhindern. Aus meiner Sicht heraus geht es also nicht um die Frage, ob PID oder nicht, sondern um den Rahmen innerhalb dessen PID angewandt wird. Das Schreckgespenst von Designerbabies und Eugenik ist hier völlig fehl am Platz, solange wir in Deutschland Ärzte haben, die sich ihrer ethischen Verantwortung bewusst sind! Darüber hinaus liegt natürlich genau hier die Initiative des Gesetzgebers.
Herr Oppermann, wie werden Sie sich zu diesem Thema positionieren?
Mit freundlichen Grüßen
Sehr geehrter Herr Stephan,
die SPD will im Bundestag Ende Januar/Anfang Februar die erste Plenardebatte über die Zukunft der PID führen. Dabei soll über unterschiedliche Anträge von Abgeordnetengruppen debattiert werden. Für den Entscheidungsprozess sollte sich der Bundestag insgesamt etwa ein Jahr Zeit nehmen. So könnte auch die für das Frühjahr zu erwartende Stellungnahme des Deutschen Ethikrates einbezogen werden.
Eine eng begrenzte Zulassung der PID ist aus meiner Sicht richtig. Wir wollen in schwierigen Grenzsituationen des Lebens jungen Eltern eine Hilfestellung geben. Eine Verbot der PID führt unter anderem zu mehr Spätabtreibungen, die niemand will. Das sind Wertungswidersprüche, die nicht zu erklären sind.
Ich bin zuversichtlich, dass wir im Bundestag trotz der Absage der CDU eine Mehrheit für die begrenzte Zulassung der PID erreichen können. Ich rechne dabei mit einer engen Zusammenarbeit über Parteigrenzen hinweg.
Mit freundlichen Grüßen
Thomas Oppermann