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Thomas Oppermann
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Frage von André B. •

Frage an Thomas Oppermann von André B. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Oppermann,

sie haben dem Magazin "Spiegel" gegenüber gesagt, die Präsidentin des Bundes der Vertriebenen, Frau Erika Steinbach, sei mit ihren Äußerungen über den Beginn des Zweiten Weltkrieges eine "Giftmischerin für die deutsch-polnische Aussöhnung".

Meine erste Frage:
Sind Sie der Überzeugung, die deutsch-polnische Aussöhnung sei eine eingleisige Bahn?

Meine zweite Frage:
Vor dem Hintergrund der Vorgänge in Polen zwischen den Jahren 1919 bis 1939 und unter besonderer Berücksichtigung der unmöglichen Lebensumstände vor allem der deutschen Minderheit: Wie soll diese Aussöhnung von statten gehen, wenn das öffentliche Polen einseitig auf seiner Opferrolle beharrt?

Meine dritte Frage:
Ist das einseitige Festhalten an der von den Alliierten festgelegten Täterrolle nicht das eigentliche Gift im deutsch-polnischen Verhältnis, weil zwischen der öffentlichen Lehrmeinung und den Erinnerungen an die tatsächlichen Vorgänge im kollektiven Gedächtnis des deutschen Volkes ein nicht zu überbrückender Graben liegt?

Meine vierte Frage:
Sind sie der Meinung, das polnische Volk hat seine Geschichte intensiv genug aufgearbeitet?

Mit freundlichen Grüßen

André Brückner

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Brückner,

die Äußerungen von Frau Steinbach, dass „sie es auch leider nicht ändern könne, dass Polen bereits im März mobil gemacht habe“, stellt eine Verdrehung der historischer Tatsachen dar. Sie unterstellt mit dieser Äußerung eine Mitschuld Polens am Ausbruch des Zweiten Weltkrieges und unterschlägt die historische Entwicklung zwischen 1933-1939. Der Plan für einen Eroberungs- bzw. Vernichtungsfeldzug in Osteuropa wurde nicht erst 1939 entwickelt. Die kriminellen Absichten waren für jeden in Hitlers Pamphlet „Mein Kampf“ nachzulesen, desweiteren zeigt die Rede Hitlers am 3. Februar 1933 vor der Generalität der Reichswehr explizit die Pläne für eine Aufrüstung Deutschlands und aggressive Expansionspolitik im Osten.

Die deutsch-polnische Aussöhnung ist in Anbetracht der über Jahrhunderte gewachsenen Beziehungen zwischen dem deutschen und polnischen Volk einer der zentralen Eckpunkte der deutschen Außenpolitik. Eine Aussöhnung kann nur stattfinden, wenn beide Seiten aufeinander zugehen. In diesem Prozess muss es auch möglich sein, unangenehme Tatsachen offen anzusprechen.

In den letzten Jahren ist auch ein Wandel innerhalb weiter Bevölkerungsteile in Polen zu beobachten. Neue wissenschaftlichen Untersuchungen polnischer Historiker setzen sich ohne ideologisches Korsett mit der Geschichte Polens und seinen Beziehungen zu Deutschland auseinander.

Mit freundlichen Grüßen
Thomas Oppermann