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Thomas Oppermann
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Frage von Bernd K. •

Frage an Thomas Oppermann von Bernd K. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Oppermann!

Der Grundsatz, dass "gleiches Recht für alle" - und zwar jederzeit und überall - herrschen müsse, gehört zu den wichtigsten und gegen heftigste Widerstände erkämpften demokratischen Grundrechten. Offenbar aber auch zu denen, bei denen die Gefahr besteht, dass sie von den Mächtigen angeknabbert werden, wenn die Öffentlichkeit nicht aufpasst.

Ich frage Sie, warum ein aus dem Amt geschiedener Bundespräsident im Gegensatz zu jedem anderen Bürger von Kürzungen seiner Bezüge völlig verschont bleibt - und das bis zum Lebensende und unabhängig davon, wie lange er dieses Amt wahrgenommen hat und welche repräsentativen Aufgaben er denn tatsächlich nach seinem Ausscheiden nur noch auf freiwilliger(!) Basis übernimmt: Ein Büro, ein Dienstwagen und 66,6% vom letzten Jahresgehalt von 119.000€ wären immer noch ein sehr, sehr ahnsehnlicher "Ehrensold", jedenfalls wenn man von den Renten normaler Bürger ausgeht.

Die Frage, warum der Bundespräsident angesichts seiner geringen Machtbasis überhaupt ein Präsidialamt mit dreistelliger Mitarbeiterzahl führen muss, sei hier nur am Rande gestellt aber nicht vertieft.

In Ihrem Wahlkreis Göttingen sind vor kurzem drei erfahrene Sprengmeister des Kampfmittelbeseitigungsdienstes ums Leben gekommen, als sie einen gefährlichen Blindgänger aus dem Weltkrieg entschärfen wollten. Alle drei waren Familienväter.
Ist Ihnen bekannt, ob den Hinterbliebenen der im Dienst tödlich Verunglückten ebenfalls ein "Ehrensold" bezahlt werden wird wie dem freiwillig ausgeschiedenen Horst Köhler?
Oder wird man den Witwen und Kindern taggenau vorrechnen, welche Rentenansprüche die Familienväter bis zum Todestag erworben hatten und ihnen davon 75% + Waisengeld auszahlen - nach Recht und Gesetz?
Sollten wir jetzt nicht eine öffentliche Diskussion über die inhaltliche Füllung des Begriffs "Ehrensold" führen und wem welche Ehre gebührt?
Werden Sie sich für Korrekturen am System einsetzen?

mfG
Bernd Koch

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Koch,

für Ihre Anfrage vom 29. Juni 2010 danke ich Ihnen. Sie thematisieren zum einen die Bezüge des Bundespräsidenten nach seiner Amtszeit und zum anderen die Hinterbliebenenversorgung der Opfer des Bombenunglücks in Göttingen.

Mit großer Bestürzung habe ich vom Tod der drei Mitarbeiter des Kampfmittelräumdienstes erfahren. Sie haben mit Ihrer lebensgefährlichen Arbeit für unsere Sicherheit und unseren Schutz gesorgt. Ihnen gehört mein Respekt und Anerkennung, den Angehörigen mein Mitgefühl.
Der Tod eines Familienmitgliedes ist für alle Angehörigen ein starker Einschnitt in ihr Leben. Zu der Trauer über den Verstorbenen kommt noch die Angst um die wirtschaftliche Existenz hinzu. Die Hinterbliebenenversorgung ist sehr wichtig und erforderlich. Besonders im Fall der Sprengmeister in Göttingen muss der Staat für die Absicherung der wirtschaftlichen Existenz der Familie aufkommen. Alle drei Opfer haben sich für die öffentliche Sicherheit eingesetzt.

Ein anderes Thema sind die Bezüge des Bundespräsidenten, die er nach seiner Amtszeit ein Leben lang erhält. Zwar verliert ein Bundespräsident nach Ausscheiden aus dem Amt seine Funktion. Ein Teil seiner Aufgaben bleiben ihm erhalten, denn er bleibt nach wie vor eine moralische und anerkannte Persönlichkeit, die auf das Engste mit dem von ihm ausgeübten Amt verknüpft ist. In dieser Funktion haben ausnahmslos alle Bundespräsidenten noch tatkräftig gewirkt und sich um unser Land verdient gemacht. Dass ehemalige Bundespräsidenten weiterhin ihre Bezüge erhalten, erscheint mir vor diesem Hintergrund als angemessen. Das Ehrensold sichert dem ehemaligen „ersten Mann im Staat“ eine wirtschaftliche Existenz zu. Eine Persönlichkeit mit seiner Bedeutung und moralischer Verpflichtung kann und darf nicht nach seiner Amtsausübung in seinem Stellenwert beraubt werden und in die freie Wirtschaft entlassen werden.

Ihre Frage nach der Einfluss des Bundespräsidenten und der Notwendigkeit von Personal und einem Präsidialamt, möchte ich gerne aufgreifen. Als oberstem Staatsmann stehen ihm nicht nur repräsentative, sondern auch Aufgaben im Gesetzgebungsverfahren zu. Zwar ist der Bundespräsident - verglichen mit den anderen Verfassungsorganen - mit weniger Macht ausgestattet, er ist indes nicht weniger wichtig. Seine Bedeutung resultiert zum einen aus seinen großen repräsentativen Aufgaben, die er als Staatsoberhaupt wahrnimmt. Zum anderen resultiert sie aus seinem Zusammenspiel mit den anderen staatlichen Verfassungsorganen. Das Grundgesetz und unsere demokratische Verfassung wären ohne das Amt des Bundespräsidenten nicht denkbar. Während seiner Amtsausübung ist er auf sein Präsidialamt mit einem Mitarbeiterstab angewiesen. Besonders organisatorische Tätigkeiten machen einen gut ausgebauten Personalkreis unumgänglich. Trotz dieser Bedeutung halte ich Ihren Vorschlag für bedenkenswert, die Ausstattung des Bundespräsidenten zu gegebener Zeit einer Prüfung zu unterziehen.

Mit freundlichen Grüßen

Thomas Oppermann