Warum sollte jemand, dem die Sicherheit/Zukunft der Ukraine am Herzen liegt, ausgerechnet Ihre Partei wählen?
Warum sollte jemand, dem die Sicherheit/Zukunft der Ukraine am Herzen liegt, ausgerechnet Ihre Partei wählen? Abgesehen von wenig sagender "Zeitenwenden-"Rhetorik.
Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine ist unentschuldbar und schrecklich. Die Bilder des Leids der Zivilbevölkerung und der nun offenkundig werdenden Kriegsverbrechen sind schwer erträglich. Daher setzen wir uns in der SPD seit Beginn für die umfassendsten und härtesten Sanktionen ein, die wir im Bund mit Olaf Scholz nun auch umgesetzt haben. Den Druck müssen wir angesichts der Zuspitzung des Konflikts auch erhöhen. Energieeinsparungen über den Sommer hinweg sind essentiell. Mit der SPD-Fraktion habe ich im März in einem 12-Punkte-Plan bereits einen Gipfel für Energieeffizienz angeregt und ein temporäres Tempolimit vorgeschlagen. Aber klar ist: all das wird den Krieg nicht gleich beenden.
Die Abhängigkeit von russischer Steinkohle (50 Prozent), von russischem Rohöl (35 Prozent) und von russischem Gas (55 Prozent) ist groß und der Vergangenheit geschuldet. Ein kurzfristiges Ende der Abhängigkeit ist daher nicht möglich. Aktuell diskutieren wir den Importstopp von Kohle, vielleicht auch von Öl aus Russland. Tatsächlich war die Ölrechnung Russlands an die EU im vergangenen Jahr vier Mal so hoch gewesen wie für Gas. Ein Gas-Embargo wiederum träfe uns deutlich stärker als Russland und würde den Sanktionen zuwiderlaufen. Wir sind auf Erdgas als Brückentechnologie angewiesen. Daher setzen wir nun alles an den möglichst schnellen und schrittweisen Ersatz durch andere Lieferanten aus dem Westen, durch Flüssiggasimporte und durch andere Energieträger. Entscheidend ist der Ausbau der erneuerbaren Energien, den ich massiv beschleunigen möchte! Hätte die Landesregierung ihren Job gemacht, stünden heute rund 1.000 Windkraftanlagen mehr in NRW. Wenn man deren Leistung mit dem Gasverbrauch in Verbindung setzt, der für die Stromgewinnung genutzt wird, kann man sagen: Hätte die Landesregierung allein bei der Windkraft ihren Job gemacht, würden wir rund 500 Millionen Euro pro Jahr weniger an Russland überweisen als derzeit. Jede klassische Solaranlage auf dem Privatdach würde 1.000 Euro im Jahr weniger für Putin bedeuten.
Wer ein Gas-Embargo fordert, muss beantworten, wie die Lücke gefüllt wird. Gas ist nicht nur als Grundstoff für viele industrielle Prozesse mittelfristig unverzichtbar, sondern auch in der Wärmeversorgung der Bevölkerung nicht kurzfristig zu ersetzen.
Ein Wechsel der Lieferbeziehungen wird nicht ausreichen, um die Mengen zu kompensieren. Natürlich bringen wir Initiativen zum Energiesparen und für mehr Energieeffizienz voran, aber auch das wirkt nicht kurzfristig. Mit etwas „frieren für den Frieden“ wäre es – das möchte ich an dieser Stelle betonen – keinesfalls getan. Ein Gas-Embargo, das muss allen klar sein, bedroht grundsätzlich die industrielle Zukunft Nordrhein-Westfalens und dazu möglicherweise Millionen Arbeitsplätze – allein 440.000 Jobs in energieintensiven Industrien, dazu hunderttausende in den nachgelagerten Produktionsbereichen und darüber hinaus durch eine drohende schwere Rezession. Um das nur ansatzweise staatlich aufzufangen, würden notwendige Investitionen in die sozial-ökologische Transformation unseres Landes ausfallen, würden Gelder zur Unterbringung und Versorgung ukrainischer Geflüchteter sowie zur direkten Unterstützung der Ukraine fehlen. All das für den ungewissen Nutzen eines Embargos. Denn Putins Panzer und Soldaten sind bereits im Krieg, bezahlt mit früheren Einnahmen, das kann ein Embargo nicht ungeschehen machen.
Also: ein Gas-Embargo wäre unverantwortlich für Nordrhein-Westfalen und ungewiss in seiner Wirkung. Wir setzen uns für wirksame Sanktionen ein. Ich bin froh, dass wir mit Olaf Scholz einen vernunftbegabten, führungsstarken Bundeskanzler haben, mit dem ich auch in diesen Fragen in engem Austausch stehe.