Frage an Thomas Kutschaty von Elisabeth P. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Kutschaty,
darüber, dass Abgeordnete in deutschen Parlamenten nur ihrem Gewissen verantwortlich sind, herrscht hoffentlich keinerlei Zweifel. Wie kann es dann sein, dass Sie einerseits sagen, es hätte Sie damals nicht interessiert, als handfeste Gerüchte über den gefälschten Lebenslauf der Genossin Hinz auftauchten, weil es sich nicht um Ihren Wahlkreis handelte (und so gross ist Essen dann ja auch nicht), jetzt aber nicht verhindern, dass Frau Hinz nicht nur aufgefordert wird, ihr Mandat niederzulegen, sondern dies auch mit einem Ultimatum verbunden wird?
Sollte die Erringung des Mandats über einen sicheren Listenplatz Ursache hierfür sein, stellt sich doch wieder die Frage, ob sich jene, welche diesen Platz vergaben, nicht moralisch deutlich mehr vorwerfen lassen müssen, als die Abgeordnete Hinz. Sollte Ihre Partei dann nicht konsequenterweise von ALLEN Abgeorneten der SPD eine Ehrenerklärung fordern?
Sehr geehrte Frau Petrin,
vielen Dank für Ihre Frage. Gerne gehe ich etwas näher darauf ein.
Als ich mich nach meinem Parteieintritt in den 80er Jahren bei den Jusos engagiert habe, habe ich mitbekommen, dass dort einmal die Frage diskutiert wurde, ob und wo Petra Hinz studiere. Da ich Petra Hinz aber damals gar nicht näher kannte und wir auch in unterschiedlichen Stadtbezirken aktiv waren, hat mich diese Frage nicht näher interessiert. Im übrigen hat sie in ihrer Biografie selbst angegeben bis 1995 studiert zu haben. Insoweit hätte sie ein Studium durchaus bis dahin absolvieren können.
Seinerzeit nahm sich der damalige Parteivorsitzende der Sache an (vgl. http://www.derwesten.de/staedte/essen/ex-vorsitzender-der-spd-essen-ging-hinz-luege-schon-1989-nach-id12041868.html ). Nach einem Gespräch mit ihr und der Versicherung, dass daran nichts dran war, hatte sich diese Angelegenheit dann wohl erledigt. Als sie dann 2005 in den Bundestag gewählt wurde und die Vita veröffentlicht wurde, ist er dann (wie viele andere sicher auch) davon ausgegangen, dass an den seinerzeitigen Vorwürfen tatsächlich nichts dran war.
Ob es mit einer Ehrenerklärung getan ist, vermag ich nicht zu beurteilen. Auch hier können Sie im Zweifel eine falsche Erklärung abgeben. Auch weiterhin muss die Basis das Vertrauen untereinander sein. Ich für meinen Teil werde mir die Lebensläufe unserer örtlichen Kandidatinnen und Kandidaten zu den nächsten Wahlen genauer anschauen und noch einmal ein prüfendes Gespräch suchen. Als Bürgerin möchte ich Sie aber auch ermuntern, Ihre Kandidat*innen vor Ort zu hinterfragen oder zumindest das Gespräch zu suchen.
Mit freundlichen Grüßen
Thomas Kutschaty