Frage an Thomas Kossendey von Oliver B. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Kossendey,
was halten Sie von der Idee, das die Parteien im Vorfeld von Wahlen eine verpflichtende Erklärung abgeben müssen, mit wem eine Koalition in Frage kommt und mit wem nicht?
Das Chaos in Hessen wäre sicher vermieden worden und ich bin mir nicht sicher, ob wir in Hamburg schwarz/grün hätten.
Ich als Wähler könnte mir bei der Wahl überlegen ob ich bereit bin, die von "meiner" Partei vorgeschlagenen, möglichen Koalitionspartner mitzutragen. Ausserdem gibt es dann, zumindest was Koalitionen anbelangt, keinen Wortbruch mehr.
Mit freundlichen Grüssen
Oliver Bremer
Sehr geehrter Herr Bremer,
vielen Dank für Ihre Anfrage vom 7. November. Gerade vor dem Hintergrund, dass die SPD in Hessen durch den Bruch ihres Versprechens, nicht mit den Linken zusammenzuarbeiten, der Glaubwürdigkeit der gesamten "politischen Klasse" einen Bärendienst erwiesen hat, verstehe ich den Kern ihrer Forderung. Allerdings halte ich nichts von Ihrer Idee, Koalitionspartner im Vorfeld verbindlich zu bestimmen, was ich Ihnen gerne begründe.
Bei Wahlen entscheiden nicht die Parteien, sondern die Wähler, wer die Mehrheit und damit das Recht hat, als erster Gespräche für die Bildung einer stabilen Koalition zu beginnen. Dass eine Partei die absolute Mehrheit gewinnt und somit allein die Regierung stellen kann, ist in der Bundesrepublik Deutschland die Ausnahme, nicht die Regel. Ebenso wenig entspricht es der politischen Realität in unserem Land, dass immer die eine Mehrheit haben, die gerne miteinander regieren würden.
Aus diesem Grund müssen Parteien in der Lage sein, Kompromisse einzugehen und auch mit dem zweckorientiert zusammenzuarbeiten, der nicht der "Lieblingspartner" ist. Deshalb halte ich es nicht für sinnvoll, Parteien auf einen vorher festgelegten Koalitionspartner gesetzlich zu "verpflichten", wie Sie schreiben, da dies die Gefahr in sich birgt, dass gar keine Regierung zustande kommen kann.
Dennoch haben Parteien das Recht, wenn nicht mit Blick auf die Linke sogar die moralische Verpflichtung, bestimmte Koalitionskonstellationen im Vorfeld /auszuschließen/. Die Wählerinnen und Wähler haben die berechtigte Erwartung, sich auf diese Aussagen auch verlassen zu können. Insofern kann ich den Ärger vieler Wähler in Hessen sehr gut verstehen. Wer hier Wortbruch begeht, schadet dem gesamten System.
Mit freundlichem Gruß
Thomas Kossedey