Frage an Thomas Kossendey von Philipp Z. bezüglich Bildung und Erziehung
Sehr geehrter Herr Kossendey,
ich habe vor kurzem ein Bericht über das Studium von heute gesehen. In diesem wurde die Mängel der Bologna-Reform deutlich. Viele Expertenmeinungen wurden eingeholt und in einem Punkt waren sich alle einig: das alte System mit Diplom und Magister war besser. Ich persönlich handle immer nach einem einfachen Prinzip: etwas neues ausprobieren ist gut und wenn es besser funktioniert, behält man es bei und wenn nicht, kehrt man zum alten System zurück. Vielleicht können sie mir erklären, warum man dies nicht auch bei der Bologna-Reform tut, da offensichtlich ist, dass das alte System besser war.
Mit freundlichen Grüßen,
Philipp Zieten
Sehr geehrter Herr Zieten,
ich danke Ihnen für Ihre Anfrage zum Bologna-Prozess.
Ziel der Bologna-Vereinbarung ist es, international akzeptierte Abschlüsse zu schaffen, die Qualität von Studienangeboten zu verbessern und mehr Beschäftigungsfähigkeit zu vermitteln. Im Zuge der Reformen hat sich in Deutschland auch die Zahl der Studierenden erheblich ausgeweitet. Die Mobilität deutscher Studierender ins Ausland und die Attraktivität deutscher Hochschulen für ausländische Studierende und Nachwuchswissenschaftler steigen. Sicherlich hat es bei der Umstellung an den Universitäten Probleme gegeben. Dennoch sind diese Probleme nicht so gravierend, wie häufig in den Medien dargestellt. Nachfolgend zitiere ich aus dem Bericht des Bundesministeriums für Bildung und Forschung vom 01.02.2012 zur Umsetzung der Bologna-Reformen in Deutschland:
„Zum Wintersemester 2010/2011 waren rund 85 Prozent aller Studiengänge (13.000 von 15.300 Studiengängen insgesamt) an deutschen Hochschulen auf die gestufte Studienstruktur umgestellt. Insbesondere an den Fachhochschulen ist die Umstellung schon so gut wie abgeschlossen. Der Großteil der nicht umgestellten Studiengänge an den Universitäten führt zu staatlichen bzw. kirchlichen Abschlüssen.
Der Anteil von Studierenden in neuen Studiengängen lag gemessen an der Gesamtstudierendenzahl im Wintersemester 2010/2011 bei 60%. Mehr als drei Viertel der Studienanfänger immatrikulierten sich in einem umgestellten Studiengang (79,3%). Bei den Absolventen lag der Anteil der neuen Studiengänge im Jahr 2010 bei 44%. Insgesamt belegen die Zahlen eine große Dynamik bei der Einführung der gestuften Studienstruktur, die sich in den kommenden Jahren auch bei den Absolventenzahlen niederschlagen wird.
Die öffentliche Debatte zur Umsetzung der Bologna-Reformen beschäftigt sich mit Fragen der Studienorganisation, mit der Akzeptanz des Bachelor-Abschlusses und mit der Zahl der Master-Studienplätze. Um die Studierbarkeit der Studiengänge zu verbessern, die Prüfungsdichte zu verringern und Mobilität und Anerkennung zu erleichtern, hat die Kultusministerkonferenz (KMK) die Ländergemeinsamen Strukturvorgaben zur Akkreditierung von Bachelor- und Masterstudiengängen neu gefasst. Auch im Rahmen der Akkreditierung wird der Studierbarkeit mehr Bedeutung zugemessen. Die Länder haben außerdem durch Erhebung festgestellt, dass rechnerisch für jeden interessierten Bachelor heute ein Masterstudienplatz zur Verfügung steht.
Hochschulen, Politik und Arbeitgeber setzen sich dafür ein, den Bachelor zu einem attraktiven berufsbefähigenden Abschluss zu machen und gleichzeitig attraktive Möglichkeiten für wissenschaftliche Weiterbildung und Karrieren in der Wissenschaft über Master und Promotion zu schaffen.“
Sehr geehrter Herr Zieten, ich hoffe, ich konnte Ihnen anhand dieses Berichts die deutlich machen, dass an den bestehenden Problemen gearbeitet wird. Am Donnerstag, den 10. Mai 2012 wird dieser Bericht über die Umsetzung der Bologna-Reformen in Deutschland im Deutschen Bundestag vorgestellt. Die komplette Debatte dazu können Sie auch im Protokoll des Deutschen Bundestages auf der Homepage des Bundestages nachlesen. Sicherlich wird hierbei auch auf die Probleme und Vorteile des Prozesses eingegangen werden.
Mit freundlichen Grüßen
Thomas Kossendey