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Thomas Kossendey
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Frage von Hans-Joachim M. •

Frage an Thomas Kossendey von Hans-Joachim M. bezüglich Finanzen

Sehr geehrter Herr Kossendey,

derzeit wird ja zur Vermeidung von Krieg (!) Europa und der Euro gerettet auf Teufel komm raus. Schade ist ja nur, daß das offenbar hauptsächlich und natürlich am zuverlässigsten mit dem Geld (bisher selbstverständlich nur auf Haftungsbasis !?) der deutschen Steuerzahler passiert.

Angesichts der Summen, die da mittlerweile im Umlauf sind, wird mir langsam schwindelig. Zu den ganzen Haftungssummen aus expliziten Rettungsmaßnahmen kommen ja auch die Einlagenhaftung bei der EZB und die Schulden der Zentralbanken der Wackelkandidaten bei der Bundesbank aus aufgelaufenem nicht ausgeglichenem Zahlungsverkehrsaufkommen.

Diese Summen werden geflissentlich aus der öffentlichen Berichterstattung herausgehalten. Sie erhöhen das Gesamtobligo Deutschlands auf das 3-fache der "offiziellen" Haftungssummen. Das heißt also, wir riskieren derzeit die Summe von ca. 3 Jahreshaushalten des Bundes - eine knappe Billion € - für das hehre Ziel des Friedens in Europa. Da sei mir doch die Frage gestattet, was wir denn in Europa für sog. Freunde haben, daß wir uns den Frieden mit ihnen derartig erkaufen müssen.

Der ESM, dessen vertragliche Gestaltung aus meiner Sicht bar jeder demokratischen Legitimation ist, wird dies weiter verschärfen. Es muß doch Mittel und Wege geben, die es uns, der EU und dem Euro-Raum ermöglichen, ohne das Eingehen solch unverantwortlicher Risiken, die mehrere Generationen deutscher Steuerzahler belasten könnten (und sehr wahrscheinlich werden), wirtschaftliche Stabilität und natürlich den vielzitierten Frieden zu sichern.

Diese langatmige Schilderung führt mich nun zu meiner Frage: Wissen unsere Volksvertreter eigentlich noch, was sie da tun? Wissen Sie noch, was Sie da tun? Werden Sie den diesbezüglichen Gesetzgebungsverfahren (EFSF und ESM) zustimmen?

Mit freundlichen Grüßen

Hans-Joachim Mehmke

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Sehr geehrter Herr Mehmke,

vielen Dank für Ihr Schreiben vom 21. September, in dem Sie Kritik am vorgesehenen Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) äußern und sich dafür aussprechen, dem ESM im Deutschen Bundestag nicht zuzustimmen. Vorab möchte ich betonen, dass Deutschland mitnichten – wie aus Ihrer Email herauszulesen ist – der Zahlmeister Europas ist. Deutschland unterstützt zwar mit seinen Beiträgen zum EU-Haushalt bereits seit Jahrzehnten die schwächeren EU-Partner indirekt, aber mit seiner exportorientierten Wirtschaft profitiert gerade Deutschland von der Europäischen Integration und den offenen Grenzen. Zudem ist Deutschland –entgegen landläufiger Ansicht –auf die Einwohner gerechnet nicht der größte Nettozahler der EU. Der größte Pro-Kopf-Nettozahler in der EU sind nach aktuellen Zahlen die Niederlande mit 267 Euro pro Kopf und Jahr. Es folgen Zypern (249 Euro), Malta (231 Euro) und Schweden (216 Euro). Erst dann kommen Dänemark und Deutschland mit rund 134 Euro pro Kopf und Jahr. Die Geschichte der europäischen Einigung ist in der Tat eine Erfolgsgeschichte. Die EU-Integration hat maßgeblich dazu beitragen, den Bürgern in Europa über Jahrzehnte ein Leben in Frieden, Freiheit und Wohlstand zu ermöglichen. Sie ist nicht nur eine Wirtschafts-, sondern vielmehr eine Wertegemeinschaft. Einerseits gewährleistet sie europaweit Marktöffnung und Wettbewerb. Andererseits wahrt sie die nationalen Identitäten und berücksichtigt rechtliche, soziale und ökologische Standards zum Nutzen aller. Es ist also in unserem ureigensten Interesse eine starke EU gewährleisten. Auch wenn ich Ihrer Argumentation nicht zustimme, möchte ich deutlich sagen, dass ich Ihre Sorgen über die Lage der gemeinsamen europäischen Währung nachvollziehen kann. Ich bin davon überzeugt, dass wir uns an einer Wegscheide in Bezug auf die Zukunft des Euro befinden. Es gilt, jetzt die richtigen Lehren aus den Fehlentwicklungen der vergangenen Jahre zu ziehen. Der auf europäischer Ebene beschlossen ESM-Vertrag ist aus meiner Sicht ein guter und wichtiger Baustein im Gesamtgefüge der derzeit diskutierten Änderungen an den relevanten europäischen Regelungen und Verfahren. Eine Währungsunion ist allerdings nicht zum Nulltarif zu haben. Sie kann nur funktionieren, wenn jedes Mitgliedsland aus eigener Kraft wettbewerbsfähig ist und solide wirtschaftet. Daher verbessern wir mit der Schärfung des Stabilitätspakts und der Einführung des Euro-Plus-Pakts die Rahmenbedingungen für eine stabile und wettbewerbsfähige Währungsunion. Es geht also nicht darum, sich irgendetwas zu erkaufen. Akut in Schwierigkeiten geratene Euro-Länder aber müssen kurzfristig von ihren Partnern unterstützt werden. Ein sonst möglicher Flächenbrand hätte unabsehbare Folgen für ganz Europa und damit auch für die deutsche Wirtschaft und unsere öffentlichen Haushalte. Ziel aller jetzigen und zukünftigen Maßnahmen darf aber nur die zielgerichtete Krisenhilfe sein. Und genau dafür brauchen wir einen verlässlichen und transparenten Europäischen Stabilitätsmechanismus. Insgesamt bin ich von der Notwendigkeit des ESM überzeugt und setze mich daher ausdrücklich für die Zustimmung zum ESM im Deutschen Bundestag ein.

Mit freundlichen Grüßen
Thomas Kossendey