Frage an Thomas Jarzombek von Michael Q. bezüglich Gesundheit
Herr Jarzombek,
ich erfahre soeben daß Sie sowohl gegen ein Frackingverbot in Deutschland als auch gegen ein Verbot des mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit krebserregenden Giftes Glyphosat gestimmt haben.
Bitte helfen sie mir das zu verstehen.
Mir ist klar daß Geld und persönliche Interessen dazu führen können daß Politiker die Gefährdung der Gesundheit anderer Menschen billigend in Kauf nehmen.
Glyphosat kann jedeoch jetzt bereits in vielen Lebensmitteln nachgewiesen werden, auch Sie persönlich nehmen es mit dem täglichen Essen auf und setzen sich diesem Risiko aus.
Bitte erklären Sie mir die Beweggründe Ihres Handelns.
In meinen Augen ist es verantwortungslos, habe ich etwas übersehen?
Der zweite Teil bezieht sich auf ihr Votum gegen ein Frackingverbot.
In den USA sind hunderte von Fracking-Unfällen ausführlichst dokumentiert:
https://www.google.com/maps/d/viewer?hl=en_US&mid=1k5UjLbXk4oxCyfCM7xwUSgj8aDg
Die Technik ist weltweit die gleiche, im Falle eines Einsatzes in Deutschland sind ähnliche ernste Unfälle zu erwarten. Ihr persönliches Votum setzt große Teile der Bevölkerung diesem potentiellen Risiko aus.
Ich finde keinerlei ethisch positive Begründung für ein solches Handeln.
Bitte erklären Sie mir das.
Mit freundlichen Grüßen, Michael Quack
Sehr geehrter Herr Quack,
vielen Dank für Ihre Anfrage über abgeordnetenwatch.de.
In Deutschland und der EU unterliegt die Zulassung von Pflanzenschutzmitteln strengsten Auflagen. Pflanzenschutzmittel durchlaufen im Rahmen der teilweise langjährigen Zulassungsverfahren intensive Prüfungen, in denen sie hinsichtlich ihres Risikos für Mensch und Umwelt geprüft werden. Dies gilt selbstverständlich auch für Glyphosat, das einer der am intensivsten untersuchten Wirkstoffe weltweit ist und seit 40 Jahren in Deutschland eingesetzt wird.
Anlass für die aktuelle Diskussion ist die Einstufung von Glyphosat als wahrscheinlich krebserzeugend durch die „Internationale Agentur für Krebsforschung (IARC)“, einer Unterorganisation der Weltgesundheits-organisation (WHO). Die Bewertung ist wissenschaftlich umstritten – auch innerhalb der WHO. Klar ist, die IARC verfolgt einen gefahrenbezogenen Ansatz, d.h. Stoffe werden nach ihrem theoretischen Gefährdungspotenzial eingestuft. Über das reale Risiko, das mit der Anwendung eines Stoffes verbunden ist, und ab welcher Intensität der Exposition eine gesundheitliche Gefährdung besteht, wird keine Aussage getroffen. Beispielsweise sind in der gleichen Kategorie wie Glyphosat auch die Arbeit als Friseur, Schichtarbeit und Mate-Tee eingestuft. Alkohol und Sonnenlicht finden sich in der höchsten Risikokategorie „krebserregend für den Menschen“.
Die wissenschaftliche Abschätzung eines tatsächlichen Risikos bei der Anwendung und Aufnahme eines Stoffes obliegt in Deutschland dem Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR). Die fachliche Unabhängigkeit des BfR ist gesetzlich verankert und garantiert, dass Entscheidungen auf Grundlage von wissenschaftlichen Fakten und frei von politischer, wirtschaftlicher oder gesellschaftlicher Einflussnahme getroffen werden.
Das Bundesamt für Risikobewertung (BfR) kommt bei der turnusmäßigen Neubewertung von Glyphosat zu dem Schluss, dass bei sachgerechter Anwendung keine Gefahr für die menschliche Gesundheit besteht. Dabei wurden neben der Einschätzung des IARC rund 1000 Studien und Veröffentlichungen in die Bewertung einbezogen. Für die CDU/CSU-Bundestagsfraktion gibt es keinen Grund an der Expertise des BfR zu zweifeln. Dieser Einschätzung ist auch die European Food and Safety Authority (EFSA) gefolgt und hat der Europäischen Kommission vorgeschlagen, den Wirkstoff Glyphosat auch weiterhin in Pflanzenschutzmitteln zu erlauben. Aus den genannten Gründen befürwortet die Unionsfraktion eine Verlängerung der Zulassung des Wirkstoffs Glyphosat im Rahmen der jetzt schon geltenden strengen Anwendungsbedingungen.
Eine ähnliche Einschätzung gilt auch beim Thema Fracking. Das Bundeskabinett hat am 1. April 2015 ein Gesetzespaket beschlossen, welches Verbote zum Schutz von Trinkwasser, Gesundheit und Natur in bestimmten Regionen sowie generell weitgehende Einschränkungen für Fracking-Maßnahmen in Schiefer-, Ton-, Mergel- oder Kohleflözgestein beinhaltet. Die Bundesregierung hat sich im Koalitionsvertrag klar zum Einsatz von Fracking positioniert: Der Schutz von Trinkwasser und Gesundheit hat absoluten Vorrang. Die Auswirkungen des unkonventionellen Frackings sind unseres Erachtens noch nicht ausreichend wissenschaftlich geklärt. Daher lehnen wir die Erdgasförderung durch das sogenannte unkonventionelle Fracking nach dem jetzigen Stand der Technik ab. Solange Fracking nicht ohne wassergefährdende Stoffe möglich ist und eine Gefährdung von Menschen, Trinkwasser und Umwelt nicht hinreichend wissenschaftlich ausgeschlossen ist, sollte diese Technologie nicht zum Einsatz kommen.
Ferner enthält der Gesetzesentwurf folgende Punkte:
- Die Länder sollen an sensiblen Trinkwasserentnahmestellen Verbote erlassen können, zum Beispiel zum Schutz von privaten Mineral- und Brauereibrunnen.
- In Nationalparks und Naturschutzgebieten soll die Errichtung von Anlagen zum Einsatz der Fracking-Technologie untersagt werden.
- Für jede Form von Fracking soll künftig eine umfassende Umweltverträglichkeitsprüfung mit umfassender Bürgerbeteiligung verpflichtend eingeführt werden.
- Die Wasserbehörden sollen künftig ein Vetorecht bei den Genehmigungen haben. Fracking-Gemische müssen künftig beim konventionellen Fracking „nicht wassergefährdend“ oder allenfalls „schwach wassergefährdend“ sein.
- Die eingesetzten Stoffe sollen zudem umfassend offengelegt werden.
- Beim Umgang mit Rückfluss und Lagerstättenwasser sollen strenge Vorgaben gelten. Eine Umweltverträglichkeitsprüfung soll auch hier Pflicht sein.
Das Verpressen von Lagerstättenwasser soll künftig grundsätzlich verboten sein. Ausnahmen sollen nur in den Fällen möglich sein, bei denen der sichere Einschluss in druckabgesenkte kohlenwasserstoffhaltige Gesteinsformationen gewährleistet ist.
Verschärft werden soll auch das Bergschadensrecht. So soll die Beweislast für mögliche Bergschäden auch bei der Erdgas- und Erdölförderung sowie bei Kavernenspeichern den Unternehmen auferlegt werden.
Nach 2018 sollen in absoluten Ausnahmefällen Fördergenehmigungen erteilt werden können. Die Voraussetzungen hierfür sind jedoch äußerst streng gefasst:- eine unabhängige Expertenkommission aus sechs Mitgliedern (davon drei Umweltinstitute) muss den beantragten Einsatz der Fracking-Technologie in der jeweiligen geologischen Formation mehrheitlich als grundsätzlich unbedenklich einstufen. Die endgültige Entscheidung über die Genehmigung liegt ausschließlich bei den zuständigen Bergbau- und Wasserbehörden der Länder. Diese sind also an das Votum der o.g. unabhängigen Expertenkommission nicht gebunden. Dies hat auch der wissenschaftliche Dienst des Deutschen Bundestages in einem Gutachten bestätigt.
Sollte eine Fracking-Maßnahme unter all diesen Voraussetzungen genehmigt werden, so gelten hier die im Bereich der konventionellen Erdgasförderung neu eingeführten strengen Auflagen ebenfalls vollumfänglich. In den letzten Wochen haben die Koalitionspartner diese Vorschläge der Bundesregierung ausführlich im Parlament beraten. Die CDU/CSU-Fraktion konnte in diesen Gesprächen ihre – vorher fraktionsintern abgestimmten – Forderungen nach weiteren Schutzvorkehrungen für Umwelt und Wasser fast vollständig durchsetzen.
Tatsache ist: Die Fracking-Technologie ist ein in der konventionellen Gasförderung in Deutschland seit Anfang der 60er Jahre des vergangenen Jahrhunderts bewährtes Verfahren und steht derzeit für rund ein Drittel der heimischen Erdgasförderung. Auch die unkonventionelle Erdgasgewinnung kann einen erheblichen Beitrag für den Umbau der Energieversorgung leisten, denn wir brauchen Gaskraftwerke als Sicherheitsreserve für die schwankende Stromerzeugung aus Wind und Sonne. Mit einem geschätzten Vorkommen von bis zu 2.300 Milliarden Kubikmetern, liegen die Schiefergasreserven in Deutschland deutlich über den konventionellen Reserven (ca. 150 Milliarden Kubikmeter). Laut der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe könnte Schiefergas den derzeitigen jährlichen Gasverbrauch Deutschlands für 13 Jahre decken. Gerade die Abhängigkeit von russischem Erdgas zeigt, dass Deutschland alles tun muss, um neue einheimische Energiequellen zu erschließen - selbstverständlich unter den weltweit strengsten Umweltschutzvorkehrungen.
Vor diesem Hintergrund und mit Blick auf bestehende Ängste und Vorbehalte gegenüber der Fracking-Technologie ist eine Versachlichung der Debatte erforderlich. Es ist deshalb richtig und zielführend, dass die Bundesregierung in ihren Entwürfen Wissenschaft und Forschung eine zentrale Stellung einräumt. Die beiden Anträge der Oppositionsfraktionen verweigern sich einer inhaltlichen Auseinandersetzung mit der komplexen Thematik des Frackings. Die CDU/ CSU-Bundestagsfraktion nimmt die Bewertung dieses wichtigen Themas sehr ernst und möchte dies nicht im Eilverfahren durch das parlamentarische Verfahren bringen. Des Weiteren sind die Anträge nicht technologieoffen und wollen ein Verfahren ausschließen, welches noch nicht final wissenschaftlich bewertet wurde.
Ich hoffe, damit Ihre Fragen beantwortet zu haben.
Mit den besten Grüßen
Thomas Jarzombek