Sehr geehrter Herr Hering, wie könnte eine Impfpflicht praktisch durchgesetzt werden? Wie könnten Verstöße sanktioniert werden? Mit freundlichen Grüßen und vielen Dank für ihre Antwort im Voraus.
Sehr geehrte Lena G.,
herzlichen Dank für Ihre Frage.
Sollte es in Bezug auf die Corona-Impfung tatsächlich zu einer Impfplicht kommen, könnte sich diese an der bestehenden Impfpflicht gegen Masern orientieren. Eine allgemeine Impfpflicht ist rechtlich mit relativ hohen Hürden verbunden, da sie unter anderem einen Eingriff in die körperliche Unversehrtheit von Menschen (GG Art. 2 Abs. 2 Satz 1) darstellt.
Als Basis könnten das Infektionsschutzgesetz und die damit verbundenen Änderungen, die aus dem Masernschutzgesetz hervorgegangen sind, dienen. Hierbei wäre es dem Bundesgesundheitsministerium mit Zustimmung des Bundesrates möglich anzuordnen, „dass bedrohte Teile der Bevölkerung an Schutzimpfungen oder anderen Maßnahmen der spezifischen Prophylaxe teilzunehmen haben, wenn eine übertragbare Krankheit mit klinisch schweren Verlaufsformen auftritt und mit ihrer epidemischen Verbreitung zu rechnen ist“. Hierbei gilt jedoch auch, dass eine Schutzimpfung nicht durchgeführt wird, wenn eine medizinische Kontraindikation vorliegt.
Eine Impfpflicht dürfte jedoch keinem Impfzwang gleichkommen, bei dem Menschen beispielsweise durch körperliche Gewalt zur Impfung gezwungen würden. Denkbar wäre eher die Ahndung von Verstößen gegen die Impfpflicht mit Bußgeldern im Rahmen von Ordnungswidrigkeitenverfahren.
Schwierig wäre jedoch die Kontrolle der Impfpflicht, zumal hierzulande noch kein Impfregister besteht. Ohne die Einführung eines Impfregisters gäbe es die Möglichkeit, dass Arbeitnehmer beispielsweise bei ihren Arbeitgebern einen Immunitätsnachweis erbringen müssten. Dies würde jedoch nur einen Teil der Bürgerinnen und Bürger betreffen, da Menschen ohne Arbeitsstelle in diesem Falle nicht kontrolliert werden würden. Außerdem würde dieses Vorgehen Arbeitgeber mehr oder weniger dazu verpflichten, staatliche Aufgaben und Auflagen zu erfüllen, wogegen sich einige Verbände bereits ausgesprochen haben.
Zudem müssten weitere wichtige Fragen geklärt werden. Denn sollten sich Arbeitnehmer weigern, die Impfpflicht zu befolgen, müssten darauf Konsequenzen folgen, die gleichzeitig mit dem geltenden Arbeitsrecht und dem deutschen Kündigungsschutz vereinbar wären. Also noch einige offene Fragen.
Wie eingangs am Beispiel der Masern dargelegt, kann eine Impfpflicht bei nicht anders einzudämmender Lage und großem Gefährdungspotential in Betracht kommen. Bei Corona zudem unter Berücksichtigung von Auffrischungen, wie wir es gerade erleben, bedingt durch Mutationen und nachlassende Wirksamkeit. Die Biologie ist manchmal schwer einschätzbar und folgt nicht immer unseren vorgegebenen Schemen. Das macht es nicht immer einfacher. Dennoch schließe ich mich dem Appell zur Impfung an.
Bei allem Unmut und dem ein oder anderen Rückschlag sehe ich aktuell eine zwar hohe Inzidenz, demgegenüber aber eine noch relativ niedrige Hospitalisierungsrate bzw. Intensivbettenbelegung. Und das in unserem Land mit hohem Anteil älterer und somit vulnerabler Menschen. Vor einem Jahr ohne Impfung wäre die Lage angesichts der aktuellen Infektionsraten sicherlich eine ganz andere…
Abschließend grüße ich Sie und wünsche Ihnen und uns allen Gesundheit und Zusammenhalt