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Frage von Matthias H. •

Frage an Thomas Hanf von Matthias H. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Hanf,
ich möchte Sie fragen, wie Sie zu den folgenden Themen stehen, welche Aufgaben eine neue Bundesregierung angehen muss:
1. Das Gesundheitssystem nachhaltig und gerecht gestalten, Ende der Zwei-Klassen-Medizin.

2. Eine auskömmliche Rente einführen. Altern in Würde braucht eine großzügige Mindestrente.

3. Den Bahnverkehr attraktiver machen, Investitionen in Busse und Bahnen.

4. Lobbyismus bekämpfen, z.B. durch ein zentrales Lobbyregister.

5. Keine undemokratischen und unfairen,wie TTIP und CETA Freihandelsabkommen abschließen.

6. Steuerflucht konsequent verfolgen und bestrafen.

7. Den Ausbau der Erneuerbaren Energien massiv beschleunigen.

8. Einen schnellen Ausstieg aus der Kohle verankern.

9. Massentierhaltung einschränken.

Bitte erklären Sie mir kurz, wie Sie und Ihre Partei sich im Falle einer Regierungsbeteiligung dazu verhalten würden.
Ich freue mich auf Ihre Antwort.
Mit freundlichen Grüßen,
M. H.

Portrait Thomas Hanf
Antwort von
ÖDP

Sehr geehrter Herr Seese,

vielen Dank für Ihr Interesse an der politischen Gestaltung unseres Landes!

Allgemein: Im Fall einer Regierungsbeteiligung würde ich so viel wie möglich aus dem ÖDP-Programm umsetzen wollen. Es ist eine grundlegende Änderung der wirtschaftlichen und sozialen Ausrichtung unseres Landes weg von immer mehr Wachstum hin zu einer öko-sozialen Marktwirtschaft mit Wohlstand für alle ohne Zwang zum Wachstum gemäß dem ÖDP-Motto "Mensch vor Profit".

Konkret zu Ihren Fragen:
1. Das Gesundheitssystem nachhaltig und gerecht gestalten, Ende der Zwei-Klassen-Medizin.

Die gesetzliche Kranken- und Pflegeversicherung ist auf alle Einkommensbezieher auszudehnen (Beamte, Freiberufler, Unternehmer u. a.). Die Krankenkassenbeiträge sind als einheitlicher Prozentsatz des Einkommens zu erheben.

Es sind alle Einkommensarten einzubeziehen (z.B. auch Miet- und Kapitaleinkünfte).

Die gesetzlichen Krankenkassen werden in der Anzahl stark reduziert. Das erspart erhebliche Verwaltungskosten. Die verwaltungsaufwändigen, immer wieder anzupassenden Ausgleichszahlungen zwischen den Kassen wegen unterschiedlicher Mitgliederstruktur (Alter, Einkommen, Gesundheitszustand) werden dann vermindert. Auch Werbeetats der Kassen werden geringer.

Versicherungspflichtgrenze und Beitragsbemessungsgrenze der Gesetzlichen Krankenversicherung werden aufgehoben, so dass auch Besserverdienende pflichtversichert sind. Private Zusatzversicherungen für Sonderleistungen (z.B. Einbettzimmer, medizinische Leistungen außerhalb der Regelversorgung) bleiben möglich. Die Altersrückstellungen der privaten Krankenversicherungen bleiben den Versicherten erhalten.

Die Erfassung von Krankheitsdaten zur Vermeidung von Doppeluntersuchungen ist sinnvoll, soll aber in der Hand der behandelnden Ärzte und des Patienten bleiben. Patientenakten zum Mitnehmen oder ähnliche Dokumentationen erfüllen diesen Zweck, ohne das Risiko des Datenmissbrauchs unvertretbar zu erhöhen. Das heißt: keine elektronische Gesundheitskarte, die übrigens mit Krankenkassenbeiträgen finanziert wird.

2. Eine auskömmliche Rente einführen. Altern in Würde braucht eine großzügige Mindestrente.

Dazu hat die ÖDP ein eigenes Rentenkonzept erstellt. Menschen ohne Kinder werden in die Rentenfinanzierung der Menschen mit einbezogen, die sich für Kinder entschieden haben, da diese Kinder wiederum teilweise die Rente derer ohne Kinder mitfinanzieren sollen (im heutigen System ausschließlich); zum anderen Teil soll deren Rente durch eigene anzuparende Rücklagen gedeckt werden. Da das Thema doch relativ komplex ist, verweise ich auf das aktuelle Bundesprogramm der ÖDP (siehe https://www.oedp.de/fileadmin/user_upload/bundesverband/programm/programme/BundespolitischesProgramm.pdf).

3. Den Bahnverkehr attraktiver machen, Investitionen in Busse und Bahnen.

Die Mehrwertsteuer für Bahn-und Busfahrkarten wird, möglichst EU-weit, abgeschafft.

Eine völlige Neuorientierung brauchen wir im Bereich des Schienenverkehrs. Das Schienennetz ist - vergleichbar mit der Verwaltung der Bundes -, Landes- und Staatsstraßen - in staatliche Verwaltung zurückzuführen, zumindest aber in einer von der DB AG unabhängigen AG zu organisieren, die im Eigentum des Bundes verbleiben muss. Nur so lassen sich Benachteiligungen der Wettbewerber der DB AG vermeiden und die Investitionen in das Schienennetz verbleiben in der Verantwortung der öffentlichen Hand.

Zum Schienennetz gehört auch die Verantwortung für Bahnhöfe und Haltestellen und für deren barrierefreien Ausbau. Eine Rückkehr zu einer „Bahnhofskultur“ mit Läden, Imbiss, Restaurants und Kleinkunstbühne würde die Attraktivität der Bahn ebenfalls stärken.

Die ÖDP tritt für einen Rechtsanspruch auf angemessene ÖPNV-Anbindung ein.

Die Gebote und Verbote in der Straßenverkehrsordnung sind an die speziellen Bedürfnisse von Radfahrern, Fußgängern, Omnibussen und Eisenbahnen anzupassen, z.B. Vorschrift von Vorrangschaltungen für diese Verkehrsmittel an Ampeln.

Für diese Forderungen muss natürlich investiert werden. Grundsätzlich setzt die ÖDP aber auf Verkehrsvermeidung, wo möglich.

4. Lobbyismus bekämpfen, z.B. durch ein zentrales Lobbyregister.

Darüber hinaus setzt sich die ÖDP auch für ein Verbot von Firmenspenden an Parteien ein; ebenso für ein Verbot der Mitarbeit von aktiven Politikern in Aufsichtsräten sowie ein Verbot von Lobbyisten im Parlament und ein Verbot von Korruption.

5. Keine undemokratischen und unfairen, wie TTIP und CETA Freihandelsabkommen abschließen.

Die ÖDP hat - wie viele andere Organisationen auch - aktiv gegen diese Art Freihandelsabkommen gekämpft. Sie tritt für einen fairen Welthandel ein.
Sogenannte „Freihandelsabkommen“, die die staatliche Souveränität und die demokratische Mitbestimmung einschränken, (CETA/TTIP/TISA) dürfen von der Bundesrepublik Deutschland nicht abgeschlossen werden. Die ÖDP fordert stattdessen faire Handelsabkommen, die auf der Basis der Welthandelsorganisation (WTO) einvernehmlich ausgehandelt werden und auch den schwächeren Partnern echte Chancen eröffnen.

6. Steuerflucht konsequent verfolgen und bestrafen.

Auch dazu stehe ich und steht die ÖDP positiv: Es ist eine EU-weite gleich hohe Quellensteuer anzustreben und sicherzustellen, dass Kapitaleinkommen nicht geringer besteuert werden als Erwerbseinkommen. Sogenannte „Steueroasen“ sind konsequent auszutrocknen. Auch die derzeit noch legalen Konstruktionen von international agierenden Konzernen zur Steuervermeidung sind zu unterbinden. Es muss durchgesetzt werden, dass Gewinne immer dort zu versteuern sind, wo sie erwirtschaftet werden.
Es ist in dieser Angelegenheit bei allen wichtigen Partnerstaaten (EU-Staaten, G7, Russland, China) solidarisches Handeln einzufordern.
Es ist keinem arbeitenden Bürger zu vermitteln, warum Konzerne und Unternehmen "steuerliche Gestaltungsmöglichkeiten" zur Steuervermeidung haben sollen, die ihm aber vorenthalten sind.

7. Den Ausbau der Erneuerbaren Energien massiv beschleunigen.

Auch dafür steht die ÖDP ein. Wenn wir eine wirkliche Energiewende einführen, braucht es gesetzliche Veränderungen der Marktbedingungen. Neben dem Ausbau von erneuerbaren Energien sind auch "Energieeffizienz" und "Verringerung / Minimierung des Energieverbrauchs" Themen, die angegangen werden müssen. Die Energiewende ist sozial verträglich zu gestalten.

8. Einen schnellen Ausstieg aus der Kohle verankern.

Die ÖDP fordert hierzu: Deutschland braucht einen Plan für einen baldigst möglichen sozial abgefederten Ausstieg aus dem Braunkohleabbau und der Kohleverstromung. Die Fördersubventionen für den Braunkohletagebau müssen zügig abgebaut werden. Es dürfen keine neuen Zerstörungen von Siedlungen für den Braunkohletagebau vorgenommen werden.

9. Massentierhaltung einschränken.

Die ÖDP lehnt Massentierhaltung strikt ab. Sie tritt für eine zukunftsfähige und nachhaltige Nutztierhaltung auf bäuerlichen Betrieben ein und somit gegen Agrarfabriken. Die ÖDP schließt sich den Forderungen des Netzwerks „Bauernhöfe statt Agrarfabriken“ an:
Agrarsubventionen müssen strikt an Leistungen für den Tier-und Umweltschutz gekoppelt werden. Die Tierschutzstandards sind anzuheben. Die Tierhaltungsformen müssen auf allen Lebensmitteln gut sichtbar angegeben werden entsprechend dem Vorbild der Eierkennzeichnung. Die regionale Futtermittelerzeugung muss gestärkt und heimische Futtermittel müssen ohne Gentechnik produziert werden. Importierte tierische Lebensmittel, die mit gentechnisch veränderten Futtermitteln erzeugt wurden, sind verbindlich zu kennzeichnen.

Ich hoffe, Ihnen meine und die Position meiner Partei, der ÖDP, nähergebracht zu haben. Bei näherem Interesse sehen Sie sich doch bitte das oben verlinkte Programm der ÖDP an. Natürlich können Sie auch wieder hier über abgeordnetenwatch.de Ihre Fragen stellen.

Mit freundlichen Grüßen,
Thomas Hanf