Thomas Grein
DIE LINKE
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Thomas Grein zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Detlef S. •

Frage an Thomas Grein von Detlef S. bezüglich Soziale Sicherung

Werter Herr Grein,

leider hat man kein Bild auf diesen Portal von Ihnen und kann sich damit auch sehr wenig vorstellen von Ihrer Person.
Unsere Anfragen und in der Hoffnung auf eine Antwort von Ihnen zu folgenden Themen:

1.Griechenland lässt 60 Milliarden Euro eigener Steuereinnahmen liegen und Deutschland hilft ausnahmslos weiter und haftet somit mit 95,3 Milliarden Euro!;

2.Ihre Stellung zur Altersarmut und die Rentenanpassung im Cent-Bereich?

3. Beamte kosteten 2012 dem Bund 465 Milliarden Euro an Pensionen im laufenden Jahr;

4.Geheimdienste spionieren in Deutschland und der BND ist dabei?

5.Bildungspolitik: Schulstundenausfall wegen Lehrermangel? – Ganztagsschulen? – Kiga-Plätze? Sind wirklich .?. km Entfernung gerechtfertigt, oder umgeht man damit das Urteil des BVGs?

Werter Herr Grein, auf eine Beantwortung dieser Fragen würden wir uns freuen. Vielleicht auch die Genehmigung für eine Veröffentlichung dieser.

Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Detlef Sissakis,

das sind ja gleich eine ganze Menge Fragen. Ich werde versuchen, in der gebotenen Kürze und Genauigkeit auf alle einzugehen.

Zu (1.): Dass die Reichen und Vermögenden in Griechenland unzureichend zur Finanzierung der hohen Staatsschulden und der öffentlichen Ausgaben herangezogen werden, ist in der Tat ein großes Problem, das DIE LINKE immer wieder auf die Tagesordnung setzt (dazu weiter unten). Allerdings ‚hilft‘ Deutschland nicht ‚ausnahmslos weiter‘, wie Sie schreiben. Zum einen hilft Deutschland Griechenland nicht. Erstens sind die sog. Griechenland-Hilfen in der Praxis geliehenes Geld, also Kredite (die es verzinst zurückzuzahlen gilt). Davon hat Deutschland als Gläubigerstaat sogar noch profitiert. Zweitens sind diese Kredite an drakonische Kürzungsprogramme gebunden, die nicht der breiten Bevölkerung Griechenlands zugutekommen. Vielmehr haben sie die griechische Ökonomie in eine tiefe Rezession getrieben. Auch in diesem Sinne hilft Deutschland nicht. Die Bundesregierung als treibende Kraft in der europäischen Austeritätspolitik schadet einer ökonomischen Erholung Griechenlands sogar. Zum anderen handelt es sich auch nicht um ein ‚ausnahmslos weiter‘: Gerade wird wieder öffentlich über die Notwendigkeit eines weiteren ‚Hilfspakets‘ für Griechenland diskutiert. Alternativ ist von einem möglichen Schuldenschnitt die Rede - ein Thema, das spätestens nach dem 22. September erneute Brisanz erlangen wird. Anstatt jetzt offen zu diskutieren, wer diesen Schuldenschnitt finanziell zu tragen hätte, wird das Thema von der Bundesregierung ausgesessen und auf nach der Wahl vertagt. Auch die Haftung Deutschlands im Fall eines Zahlungsausfalles wird nicht konkretisiert. Dabei hat dieses Thema viel mit Umverteilung, Steuerpolitik sowie Fragen von arm und reich zu tun - in Griechenland ebenso wie in Deutschland. DIE LINKE thematisiert dies schon seit mehreren Monaten. Ein zweiter Schuldenschnitt beträfe diesmal vor allem öffentliche Gläubiger Griechenlands. Gregor Gysi hatte bereits im November 2012 prophezeit, dass es einen weiteren Schuldenschnitt geben wird. Dessen ungeachtet bereitet Bundesfinanzminister Schäuble die Menschen mit seinen jüngsten Äußerungen zu einem dritten ‚Hilfspaket‘ nur auf Schlimmeres vor. Ein Schuldenschnitt würde nicht mehr die Banken und privaten Gläubiger treffen, sondern über den Rettungsschirm die europäischen Steuerzahler. Eine echte Alternative zu dieser Form der Haftung wäre, die Vermögen der griechischen Oberschicht für die Begleichung der Schulden abzuschöpfen. Das wäre sehr viel gerechter. Ergänzend noch ein Kommentar von Sahra Wagenknecht: „DIE LINKE fordert, den Schaden für die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler in Europa zu begrenzen, indem die verbliebenen privaten Forderungen - größtenteils von Banken und Hedgefonds - nicht mehr bedient werden. Die Sozialkürzungspolitik muss zurückgenommen und eine europaweite Vermögensabgabe zur Senkung der Staatsschulden eingeführt werden."

Zu (2.): Über Jahrzehnte hat es das deutsche Rentensystem geschafft, Altersarmut weitgehend zu verhindern. Jedoch: Ändern wir nichts, wird es zu einer massenhaften Wiederkehr von Altersarmut kommen. Seit der rot-grünen Bundesregierung setzt die Regierungspolitik auf schlechte Arbeit und Rentenkürzungen. Immer mehr Menschen sind auf Grundsicherung im Alter angewiesen. Doch statt die wirklichen Ursachen von Altersarmut - Niedriglöhne, Lücken in der Erwerbsbiografie und das Absinken des Rentenniveaus - ernsthaft anzugehen, lässt die Regierung das Rentenniveau weiter sinken und verzichtet auf die Einführung eines flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohns. Wenn aber viele Menschen auch bei langer Versicherungszeit keine Rente mehr erreichen, die deutlich über dem Grundsicherungsniveau liegt, zerstört dies die Legitimation der gesetzlichen Rente als öffentlichem Pflichtversicherungssystem. Dann ist es zu seiner Zerschlagung und Privatisierung kein weiter Weg mehr. Soweit darf es nicht kommen. Für DIE LINKE beginnt eine gute Rente am Arbeitsmarkt. Daher fordern wir gute Arbeit und gute Löhne als notwendige Voraussetzung für ein gutes Leben schon vor der Rente. Darauf aufbauend bedeutet gute Rente: Das Sicherungsniveau der gesetzlichen Rente muss wieder auf 53 Prozent erhöht werden, damit der Lebensstandard im Alter gesichert werden kann und die Renten für alle spürbar steigen. Wir wollen die Solidarität in der Rentenversicherung stärken: Zeiten niedriger Löhne, der Erwerbslosigkeit, Kindererziehung und Pflege müssen deutlich besser abgesichert werden, damit sie nicht zu Armutsrenten führen. So sollen unabhängig vom Geburtsjahr des Kindes Müttern oder Vätern drei Jahre Kindererziehungszeiten in der Rente angerechnet werden. Alle Erwerbseinkommen müssen in die Rentenversicherung eingehen - auch die von Selbständigen, Beamtinnen und Beamten, Politikerinnen und Politikern. Beitragsbemessungsgrenzen sind aufzuheben, die Rentenhöhe ist abzuflachen. Für einen Ruhestand in Würde und für soziale Teilhabe im Alter für jede und jeden brauchen wir einen Mindeststandard in der gesetzlichen Rente. Deshalb will DIE LINKE eine steuerfinanzierte, einkommens- und vermögensgeprüfte Solidarische Mindestrente von 1.050 Euro netto einführen. Wir vergessen nicht, dass die Regierung Merkel eines ihrer zentralen Wahlversprechen gebrochen hat: die Angleichung der Renten im Osten an das Westniveau. DIE LINKE fordert, den Rentenwert Ost zügig an das Westniveau anzugleichen. Die Angleichung muss spätestens bis Ende 2017 abgeschlossen sein. Die Lebensleistung in Ost und West muss endlich in gleicher Weise anerkannt werden.

Zu (3.): Ich bin mir nicht sicher, ob Sie mit diesem Punkt auf die Unterschiede der Pensionen zu den Renten abzielen. Jedenfalls halten wir es für ungerecht, dass Beamten bei gleicher Erwerbsbiografie eine deutlich höhere Pension erhalten als der durchschnittlich verdienende abhängige Beschäftigte. Aus Sicht der LINKEN ist diese Ungleichbehandlung nicht zu rechtfertigen und muss überwunden werden. Wir fordern bereits seit Jahren eine solidarische Rentenversicherung für alle Berufsgruppen, in die Beamte, Selbständige und Politiker/innen ebenso einzahlen und den gleichen Bedingungen unterliegen wie abhängig Beschäftigte. Die Einbeziehung der Beamten und anderen Berufsgruppen, die bisher nicht in der gesetzlichen Rentenversicherung pflichtversichert sind, ist außerdem ein wichtiger Punkt unseres Rentenkonzepts. Dieses finden Sie hier: http://www.linksfraktion.de/positionspapiere/rente-leben Eine solche Einbeziehung der Beamten in die gesetzliche Rentenversicherung würde sicher ein Stück weit zu einer Entprivilegierung führen. Dazu stehen wir. Alimentationsprinzip kann u.E. nicht bedeuten, dass Beamte durchschnittlich eine dreimal höhere Pension beziehen als der durchschnittliche Rentner an Alterssicherungsleistung aus der gesetzlichen Rentenversicherung erhält. Es ist für uns eine Frage sozialer Gerechtigkeit und gesellschaftlicher Solidarität, dass alle Erwerbstätigen hinsichtlich ihrer Alterssicherung halbwegs gleichen Bedingungen mit Blick auf Leistungen, Rentenalter etc. unterliegen. Denn ein gutes, zukunftsfähiges, gerechtes einheitliches Alterssicherungssystem ist langfristig gesehen eher im Interesse der Alterssicherung aller Erwerbstätigen als die Zersplitterung in Sondersysteme mit jeweils eigenen Bedingungen. SPD und Grüne sagen zwar auch, dass sie langfristig alle Erwerbstätigen in die gesetzliche Rentenversicherung einbeziehen wollen, trauen sich aber nicht wirklich, sich mit der Beamtenlobby anzulegen. Es braucht daher - auch und gerade - nach einem möglichen Regierungswechsel im Herbst 2013 weiterhin starken Druck von links und eine starke LINKE im Bundestag, damit etwas in diese Richtung passiert.

Zu (4.): Ich stimme Ihnen zu: Die Geheimdienstaffäre, speziell die Zusammenarbeit des deutschen Geheimdienstes mit der NSA, ist ein Skandal unbeschreiblichen Ausmaßes. Hierzu sagt Vorstandsmitglied der Fraktion DIE LINKE, Jan Korte, prägnant: „Die nicht abreißenden Veröffentlichungen über Spähattacken der NSA machen nicht nur deutlich, wie wenig sich die USA darum scheren, ob das, was sie tun, rechtsstaatlich ist oder nicht. Sie verdeutlichen auch, dass die Politik der Bundesregierung auf diesem Gebiet gescheitert ist. Die Hackerangriffe durch US-Geheimdienste zeigen außerdem, dass es nicht nur um Überwachung und Spionage geht. Der weltweite Cyberwar hat eine neue Dimension erreicht und Deutschland befindet sich mittendrin […] Die Bundeskanzlerin muss endlich ihre schreiende Ignoranz ablegen und handeln. Sie muss die Rolle und die Überwachungsprogramme der deutschen Dienste offenlegen und endlich einen glaubhaften Versuch unternehmen, das grundrechtswidrige Treiben der Geheimdienste auf internationaler Ebene einzudämmen.“ Ich teile diese Ansicht.

Zu (5.): In Deutschland hängt der Bildungserfolg so stark von der sozialen Herkunft ab wie in kaum einem anderen Industrieland. Wir LINKE wollen das mehrgliedrige Schulsystem überwinden und setzen uns stattdessen für ‚eine Schule für alle‘ ein. Voraussetzung für den Lernerfolg aller Schülerinnen und Schüler - der sogenannten ‚leistungsstarken‘ und der ‚leistungsschwächeren‘ - sind kleinere Klassen, der Ausbau von Ganztagsschulen und mehr sozialpädagogische Betreuung. Die Bildungsausgaben müssen massiv erhöht und mehr Lehrerinnen und Lehrer eingestellt werden. Dadurch ließe sich auch das Problem des Schulstundenausfalls wegen Lehrermangels beheben. Alle Erfahrungen belegen: Je länger gemeinsam gelernt wird, desto besser die Ergebnisse aller. Ihre anderen Fragen zur Bildungspolitik, insbesondere die zur km-Entfernung, möchte ich Sie bitten noch ein wenig zu präzisieren, damit ich gezielter darauf eingehen kann.

Ich hoffe, meine Ausführungen zu Ihren Fragen konnte Ihnen ein Stück Klarheit verschaffen für Ihre Wahlentscheidung am 22. September. Wir hoffen auf jede Stimme für eine wirklich soziale Politik und einen echten Richtungswechsel in Deutschland.

Ich verbleibe bis dahin mit freundlichen Grüßen,

Tom Grein