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Thomas de Maizière
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Frage von Martin K. •

Frage an Thomas de Maizière von Martin K. bezüglich Recht

Sehr geehrter Dr. de Maiziere,

noch eine Frage zu Ihrer Enthaltung bei der Innenministerkonferenz. Warum dürfen die Amerikanischen Behörden Deutsche Bankdaten einsehen, und wir Deutsche keine amerikanischen? Wäre es für Airbus nicht genaus so interessant die Überweisungen von Boing zu kennen, so wie jetzt Boing die Überweisungen von Airbus erfahren kann (ohne dass ein Deutsches oder Europäisches Gericht dies verhindern kann).

Mit freundlichen Grüßen

Martin Kiemle

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Kiemle,

vielen Dank für Ihr Schreiben vom 9. Dezember 2009. Bundesminister Dr. de Maizière hat mich gebeten, Ihnen zu antworten.

Der Rat der Europäischen Union hat am 30.11.2009 die Zeichnung des "Abkommens zwischen der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten von Amerika über die Verarbeitung von Zahlungsverkehrsdaten und deren Übermittlung aus der Europäischen Union an die Vereinigten Staaten für die Zwecke des Programms zum Aufspüren der Finanzierung des Terrorismus" beschlossen. Deutschland hat sich dabei enthalten.
Zur Aufklärung von Terrorismusfinanzierung und Netzwerkverbindungen im internationalen Terrorismus sind Zahlungsverkehrsdaten ein wichtiger Ansatzpunkt. Banken müssen deshalb ihre Transaktionen nach internationalen Standards für Zwecke der Terrorismusbekämpfung aufzeichnen und die Aufzeichnungen mindestens 5 Jahre für die Sicherheitsbehörden aufbewahren.

SWIFT (Society for Worldwide Interbank Financial Telecommunication), eine Genossenschaft belgischen Rechts mit Sitz in Brüssel, betreibt ein weltweites Telekommunikationsnetzwerk zum automatisierten Austausch von standardisierten Zahlungsverkehrsnachrichten zwischen Kreditinstituten.

Seit den Anschlägen vom 11. September 2001 verlangt das US-Finanzministerium von der SWIFT-Niederlassung in den USA im Rahmen des "Terrorist Finance Tracking Program" (TFTP) die Überlassung von Zahlungsverkehrsdaten zum Zweck der Terrorismusbekämpfung.

Unter deutscher Ratspräsidentschaft hat die EU im Jahr 2007 Zusicherungen des US-Finanzministeriums für den Umgang mit den SWIFT-Daten ausgehandelt, um den Einklang mit europäischem Datenschutzrecht sicherzustellen.

Der französische Richter Bruguière hat im Auftrag der EU als unabhängige Persön-lichkeit die Einhaltung der Zusicherungen in den USA im Jahr 2008 überprüft und bestätigt, ebenso übrigens den Nutzen des US-Programms für die Terrorismusbe-kämpfung und die Sicherheit auch in der EU.

Da SWIFT zum Jahresende seine IT-Architektur umstellt, werden Teile der bisher in den USA gespeicherten Zahlungsverkehrsnachrichten künftig nur in Europa gespeichert. Zur Fortsetzung ihres "Terrorist Finance Tracking Program" wollen die USA die Daten jedoch weiterhin von SWIFT übermittelt erhalten. Sie sehen in den bestehenden Rechtshilfeabkommen eine Grundlage dafür. Diese allgemeinen Abkommen enthalten jedoch nicht die für diesen speziellen Sachverhalt gebotenen bereichsspezifischen Vorschriften, die daher ergänzend mit dem "SWIFT-Abkommen" getroffen werden.
Für die EU bietet das Abkommen die Möglichkeit, eine verbindlichere und verbesserte Datenschutzgrundlage zu schaffen. Gerade Deutschland hat sich sehr für weitere Verbesserungen eingesetzt.

Deutschland hat sich enthalten, weil es einerseits einer nicht vollständig befriedigenden Lösung nicht zustimmen, andererseits die Stärkung des Datenschutzes aber auch nicht blockieren wollte.

Das gezeichnete Abkommen ist eine bloße Übergangslösung bis zum Abschluss eines endgültigen Abkommens. Deshalb war es Deutschland besonders wichtig, dass die Laufzeit dieses Interimsabkommens sehr kurz ist, nämlich maximal 9 Monate (Februar bis Oktober 2010).

Das Interimsabkommen wird als nächstes dem Europäischen Parlament zugeleitet, das dann noch vor dem Beginn der vorläufigen Anwendung am 1. Februar 2010 seine Position beziehen kann.

Deutschland hat einen sogenannten "Ratifizierungsvorbehalt" nach Art. 24 Abs. 5 EU-Vertrag eingelegt, d.h., das Abkommen tritt nicht in Kraft, ohne dass zuvor die in Deutschland verfassungsrechtlich erforderlichen Verfahren abgeschlossen sind (Vertragsgesetz).

Die EU muss zügig das Verfahren zur Aushandlung eines endgültigen Abkommens aufnehmen. Deutschland wird dabei auf weitere Datenschutzverbesserungen hinwirken.

Mit freundlichen Grüßen
Im Auftrag
gez. Christoph Schmidt
Bundesministerium des Innern