Frage an Thomas Böwer von Marie E. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Böwer,
ich verfolge seit einiger Zeit die Diskussion um das Feierabend-Parlament in den Medien. Hamburg ist das einzige Bundesland mit einem solchen Parlament.
Sind sie dafür oder dagegen?
Nennen Sie bitte Gründe!
Vielen Dank und mit freundlichen Grüßen,
Marie Erdmann
Sehr geehrte Frau Erdmann,
ja, ich bin für die Beibehaltung des Feierabendparlaments in Hamburg. Nicht nur weil wir damit gute Erfahrungen gemacht haben, sondern auch weil es schlicht verrückt wäre, für eine soziale Stadt und einen ausgeglichenen Haushalt zu streiten und sich zugleich die Bezüge und die Altersicherung als Vollzeit-Politiker zu verdoppeln.
Mit einigem Stolz können wir Hamburger Bürgerschaftsabgeordneten sagen, dass wir die Steuerzahler mit Abstand weniger kosten als alle anderen Landesparlamentarier und wir arbeiten nicht weniger effektiv als unsere Vollzeitkollegen.
Unsere Berufstätigkeit verleiht uns Bodenhaftung und garantiert darüber hinaus eine gewisse Unabhängigkeit in unserer politischen Entscheidungsfindung und Laufbahn. Ich bin seit acht Jahren Bürgerschaftsabgeordneter und weiß, dass die Arbeit zu schaffen ist, auch wenn man kräftig ran muss. Manchmal hilft die Doppel- und Dreifachbelastung von Beruf, Familie und Politik auch dabei, so manchen politischen Prozess etwas stringenter zu organisieren.
Vor einiger Zeit ist diese Debatte wiedereinmal angestoßen worden. Diesmal durch Überlegungen vor allem der CDU-Abgeordneten, dass durch die erstmals einzurichtenen Wahlkreise, mehr Aufgaben auf die Parlamentarier zu kämen. Das mag für manche Abgeordnete zu treffen. Für viele Kolleginnen und Kollegen, die es schon immer selbstverständlich fanden, einen engen Kontakt zu ihrem Viertel zu halten, ändert sich indes wenig.
Nein, ich glaube unsere Debatten und unsere Entscheidungen würden nicht klüger werden, nur weil wir unsere Berufe für eine gewisse Zeit aufgäben. Vielleicht würde tatsächlich nur der ein oder andere etwas länger an seinem Sessel kleben, weil die beruflichen Perspektiven neben der Politik verloren gegangen sind. Ich halte es auch für fraglich, ob wir als Vollzeit-Politiker auf dem Raumschiff Rathaus wirklich bürgernäher wären. Der einzig sichere Effekt wäre ein doppelt so teures Parlament.
Mit vielen Grüßen
Thomas Böwer