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Thomas Bareiß
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Frage von Helmut M. •

Frage an Thomas Bareiß von Helmut M. bezüglich Jugend

Warum wird bei der Unterhaltspflicht eines Elternteils zuerst nach dessen eigenem Wohlergehen geschaut und nicht auch gleichermaßen nach dem Wohlergehen der leiblichen teilweise minderjährigen Kinder.
Im Konkreten Fall erhält die leibliche Mutter knapp über 900 Euro netto, ist für zwei Kinder unterhaltspflichtig, leistet aber nichts für den Unterhalt bei. Demnach gehen die Kinder leer aus und sind schlecht gestellt, während die Mutter über den nicht pfändbaren Selbstbehalt 900 Euro für sich alleine hat. Da es ja nicht nur Sorgerecht sondern auch sorgepflicht gibt, sollte zunächst das Wohlergehen der Kinder zumindest anteilig verbessert werden und dann erst das Wohlergehen der Mutter selbst im Vordergrund stehen. Die Frau lebt in eheänlichem Verhältnis und hat keine Mietausgaben.
Es liegt nahe daß jemand keine Anstrengungen unternimmt zusätliches einkommen zu erwirtschaften. Würde bei der jetztigen Rechtslage darüber hinaus verdient würde das vom Jugendamt eingefordert.
Deswegen sollte zuerst als oberste Priorität der Unterhalt sichergestellt werden um Anreiz zu schaffen mehr zu erwirtschaften.

Die Kinder sind wiedermal die leidtragenden.

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Merk,

herzlichen Dank für Ihre Anfrage, in der Sie zum Unterhaltsrecht Stellung genommen haben. Lassen Sie mich zunächst bemerken, dass ich dem neuen Unterhaltsrecht nicht zugestimmt habe. Ich habe Ihre Anfrage an das zuständige Bundesministerium der Justiz mit der Bitte um eine Stellungnahme weitergeleitet. Nachfolgend hat das Ministerium nochmals ausführlich die Rechtslage und Hintergründe dargestellt.

Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) sieht gerade für Eltern eine verschärfte Unterhaltspflicht vor, weil Kinder nicht für sich selbst sorgen können und daher in besonderem Maße von den Eltern abhängig sind. Eltern sind daher verpflichtet, alle verfügbaren Mittel zum Unterhalt minderjähriger (und eingeschränkt auch volljähriger) Kinder einzusetzen und alles nur Zumutbare zu tun, um den Unterhalt sicherzustellen (§ 1603 Abs. 2 BGB). In diesem Sinne wird der Kindesunterhalt auch nicht allein nach dem tatsächlichen Einkommen des Unterhaltspflichtigen bemessen. Entscheidend ist vielmehr, welches Einkommen er bei gutem Willen und mit zumutbaren Anstrengungen erzielen könnte. Hierbei gelten strenge Anforderungen. So wird von Unterhaltspflichtigen erforderlichenfalls erwartet eine Nebentätigkeit aufzunehmen, ungünstigere Arbeitsbedingungen in Kauf zu nehmen oder einen Berufs- oder Ortswechsel vorzunehmen. Kommt der Unterhaltspflichtige dem nicht nach, so wird der Unterhaltsbemessung ein fiktives Einkommen zu Grunde gelegt. Entgegen der Ansicht des Petenten kann sich ein Unterhaltspflichtiger somit nicht auf fehlende Leistungsfähigkeit infolge zu geringer Einkünfte berufen, sofern er tatsächlich mehr verdienen könnte. Allerdings darf nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung von einem Unterhaltspflichtigen auch im Rahmen der gesteigerten Erwerbsobliegenheit nichts Unmögliches verlangt werden. So setzt die Zurechnung fiktiver Einkünfte - neben den fehlenden subjektiven Erwerbsbemühungen des Unterhaltsschuldners - objektiv voraus, dass die zur Erfüllung der Unterhaltspflichten erforderlichen Einkünfte für den Verpflichteten überhaupt erzielbar sind, was von den persönlichen Voraussetzungen des Unterhaltsschuldners (Alter, Ausbildung, Berufserfahrung, Gesundheitszustand) und dem Vorhandensein entsprechender Arbeitsstellen abhängig ist (vgl. hierzu auch Entscheidung des BVerfG vom 16.04.2008, 1 BvR 2253/07, einsehbar unter
( http://www.bundesverfassungsgericht.de ).

Die strengen Anforderungen beim Kindesunterhalt werden auch am vergleichsweise niedrigen Selbstbehalt des Unterhaltspflichtigen deutlich. Ist der Elternteil erwerbstätig, dürfen ihm von seinem bereinigten Einkommen in der Regel lediglich 900 EUR verbleiben. Ist der Elternteil erwerbslos, beträgt der Selbstbehalt sogar regelmäßig nur 770 EUR, was in etwa Sozialhilfeniveau entspricht. Zum Vergleich: Beim sog. Elterntunterhalt beträgt der Selbstbehalt mind. 1.400 EUR, bei Eltern von studierenden volljährigen Kindern zum Beispiel 1.100 EUR und beim Ehegattenunterhalt 1.000 EUR. Darüber hinaus dürfte der Situation des Petenten Folgendes entgegenkommen: Die Selbstbehaltssätze sind nicht gesetzlich festgelegt. Um eine relativ einheitliche Bemessung des Unterhalts zu gewährleisten, geben die einzelnen Oberlandesgerichte in ihren unterhaltsrechtliche Tabellen und Leitlinien zwar Empfehlungen zur Höhe des Selbstbehaltes. Diese kommen in der unterhaltsrechtlichen Praxis auch mehrheitlich zur Anwendung. Bindend sind die dortigen Vorgaben für die Gerichte jedoch nicht. Vielmehr können der Unterhaltsbemessung auch andere Beträge zu Grunde gelegt werden, sofern dies aufgrund besonderer Umstände notwendig erscheint. So können beispielsweise besonders geringe oder fehlende Mietkosten im Einzelfall zu einer Absenkung des Selbstbehalts führen. Daneben ist mittlerweile anerkannt, dass der Selbstbehalt zu kürzen ist, wenn der Unterhaltspflichtige mit einem neuen Partner zusammenlebt (vgl. hierzu auch Urteil des Bundesgerichtshofs vom 09.01.2008, AZ: XII ZR 170/05, einsehbar unter http://www.bundesgerichtshof.de .

Die Grenze der Inanspruchnahme muss jedoch selbst in diesen Fällen dort sein, wo der Unterhaltspflichtige nicht mehr in der Lage ist, seine eigene Existenz zu sichern. Auch unter Beachtung von Artikel 6 Abs. 1 des Grundgesetzes, der Ehe und Familie unter den besonderen Schutz der staatlichen Ordnung stellt, dürfen Unterhaltsverpflichtungen nicht zu einer unverhältnismäßigen Belastung des Unterhaltspflichtigen führen, so dass er letztlich auf Sozialleistungen angewiesen wäre (BVerfG, Beschluss vom 20.08.2001, AZ: 1 BvR 1509/97, abgedruckt in NJW-RR 2002, 73). Deshalb sind Forderungen danach, den Unterhalt stets ungeachtet der Einkommensverhältnisse des Unterhaltspflichtigen zu festzusetzen, gesetzlich nicht umsetzbar.

Sehr geehrter Herr Merk, zu dem von Ihnen geschilderten Fall kann ich leider keine Auskunft geben, da mir die genauen Hintergründe des Einzelfalls fehlen.

Es tut mir leid, dass ich Ihnen mit meinem heutigen Schreiben keine andere Information geben kann.

Mit freundlichen Grüßen
Thomas Bareiß MdB

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