Frage an Thomas Bareiß von Mark P. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Bareiß,
vielen Dank für Ihre heutige Antwort, in der Sie schreiben, dass es nicht Ihr Ziel ist, zu reglementieren, sondern aufzuklären. Ich teile Ihre Auffassung, dass vor allem die Eltern dafür sorgen müssen, dass Kinder und Jugendliche keinen Zugang zu Filmen und Spielen haben, die nicht für sie geeignet sind.
Leider wählt die Politik aber scheinbar einen anderen Ansatz und einige Politiker würden die „gewaltverherrlichenden“ Spiele am liebsten ganz verbieten, obwohl sie selbst vermutlich noch nie einen „Ego-Shooter“ gespielt haben!
Da Sie in Ihrer Antwort nicht auf die aktuelle Verschärfung des Jugendschutzgesetzes eingegangen sind, bitte ich Sie hiermit NOCHMALS, meine konkreten Fragen hierzu EINZELN zu beantworten!
- Wie passt Ihre Aussage „Was uns am Herzen liegt, ist nicht eine Gesetzesänderung.“ mit dem Gesetz zur Änderung des Jugendschutzgesetzes vom 08. Mai zusammen?
- Welchen Vorteil soll die Einführung des unbestimmten Begriffs „Gewaltbeherrschtheit“ bringen, den selbst die FSK für überflüssig hält, weil es in Deutschland schon vor dieser Änderung viele „Doppel- und Überregulierungen“ gab?
- Welchen Sinn machen strengere Gesetze in Deutschland, wenn die Medien in anderen Ländern weiter erlaubt sind und man über das Internet darauf zugreifen kann?
- Wird der illegale Download nicht sogar gefördert und dadurch die Umsetzung des Jugendschutzes noch schwieriger, wenn selbst Erwachsene die Spiele in Deutschland nicht mehr legal erwerben dürfen?
- Wie wollen Sie die „Umgehungen des Jugendschutzes unterbinden“, ohne ALLE Internetanschlüsse zu sperren oder zu kontrollieren?
- Können Sie nachvollziehen, dass – wie auch die FSK schreibt – der Eindruck entsteht, dass „die geplanten Verschärfungen im Jugendschutzgesetz stärker POPULISTISCHEN Stimmungen als sachgerechten und wissenschaftlichen Erkenntnissen geschuldet sind.“? Der nicht näher definierte Begriff „Killerspiele“ stammt schließlich von den Politikern!
Mit freundlichen Grüßen
Mark Padberg
Sehr geehrter Herr Padberg,
vielen Dank für Ihre erneute Anfrage vom 28. August 2008.
Ich weise Ihren Vorwurf, dass die Politik das Internet verbieten möchte, in vollem Umfang nochmals zurück.
Auch die von Ihnen angesprochene Gesetzesänderung vom Mai 2008 sieht in keiner Weise ein Verbot des Internets vor. Durch das Gesetz, das lediglich zur Verbesserung des effektiven Jugendmedienschutzes in der Praxis beitragen soll, werden die folgenden drei Veränderungen getroffen:
"1. Der Katalog der schwer jugendgefährdenden Trägermedien, die kraft Gesetzes indiziert sind, wird im Hinblick auf Gewaltdarstellungen erweitert.
2. Die im Gesetz genannten Indizierungskriterien in Bezug auf mediale Gewaltdarstellungen werden erweitert und präzisiert.
3. Die Mindestgröße und Sichtbarkeit der Alterskennzeichen der Freiwilligen Selbstkontrolle der Filmwirtschaft und der Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle werden gesetzlich festgeschrieben."
Somit werden auch Erwachsene in ihren Möglichkeiten zum Kauf von Videospielen nicht eingeschränkt, da der Jugendschutz nur und ausschließlich die Jugendlichen schützen soll.
Sofern es um die von Ihnen angesprochenen illegalen Downloads und Online-Spiele geht, so fallen diese in die Zuständigkeit der Länder. Wie Sie wissen, ist eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe mit dem Thema befasst. Die ausgearbeiteten Vorschläge werden dann von uns auf Sinnhaftigkeit und Praktikabilität überprüft.
Der Begriff "Gewaltbeherrschtheit" ist zulänglich bestimmt und umschreibt lediglich diejenigen jugendgefährdenden Trägermedien, die besonders realistische, grausame und reißerische Darstellungen selbstzweckhafter Gewalt beinhalten, die das Geschehen beherrschen. Es muss der Schwerpunkt eines Videospiels festgelegt werden. Wenn dieser einzig auf gewaltverherrlichenden, realistischen, grausamen und reißerischen Darstellungen liegt, so wird dieses Videospiel als gewaltbeherrscht und somit jugendgefährdend eingestuft. Ein Vorteil ist darin nicht zu sehen, wohl aber ein weiteres Merkmal.
Die Bundesrepublik Deutschland gilt als liberaler Staat. Eine Zensur oder Einschränkung der Informationsbeschaffung, wie Sie sie ansprechen gibt es nicht -- und soll nicht eingeführt werden. Wir möchten die Zugangsmöglichkeiten der Jugendlichen zu gefährdenden Videospielen erschweren. Ein vollkommenes Verbot ist zum einen wegen der von Ihnen genannten Einschränkungen Erwachsener, und zum anderen, da sie einen zusätzlichen Reiz darstellen könnten, nicht durchführbar und vor allem nicht anzustreben. Nur weil man jugendgefährdende Videospiele illegal downloaden kann, macht das ein Gesetz nicht überflüssig. Nur weil man sich Drogen illegal beschaffen kann, bedeutet das noch lange nicht, dass man auf ein Betäubungsmittelgesetz oder Strafgesetz diesbezüglich verzichten kann.
Insgesamt wird versucht im Interesse der Industrie und der Wirtschaft den illegalen Download einzudämmen. Auch dieser steht unter Strafe. Von einer Förderung durch die Erschwerung der Beschaffung von jugendgefährdenden Videospielen kann und darf nicht die Rede sein. Wir versuchen das Eine, wie das Andere zu unterbinden. Dazu möchte ich aber sagen, dass auch hier die Erwachsenen nicht betroffen sein können, da sie vom Schutz des Jugendmedienschutzgesetzes gar nicht erfasst werden. Warum sollten Erwachsene diese Spiele nicht legal erwerben können? Das ist im Gesetz, das Sie ansprechen, nicht einmal andeutungsweise erwähnt.
Es liegt nicht in unserem Interesse, ein Medium wie das Internet, das uns so viele Möglichkeiten bietet, viele Dinge vereinfacht, Kommunikation und Informationsfluss fördert, zu verbieten. Eine Kontrolle ist schon aus grundgesetzlichen Erwägungen, ganz zu schweigen von den moralischen, abzulehnen.
Es mag Politiker geben, die das Thema "Killerspiele" zu populistischen Zwecken nutzen. Sehr geehrter Herr Padberg, Sie müssen verstehen, dass diese Medien die Entwicklung der Jugendlichen, die geistige und körperliche, beeinflussen können. Sie können schlimmsten Einfluss auf den Charakter Jugendlicher haben. Um das zu vermeiden, streben wir einen effizienteren Jugendschutz an. Ich gehöre zu den Politikern, die das nicht aus populistischen Gründen machen, sondern aus eigenem Interesse und Pflichtbewusstsein.
Ich hoffe, ich konnte alle Ihre Fragen beantworten. Im Übrigen verweise ich auf meine ausführlichen Stellungnahmen im Abgeordnetenwatch.
Mit freundlichen Grüßen
Thomas Bareiß MdB