Frage an Thomas Bareiß von Wolfgang P. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
Sehr geehrter Herr Abgeordneter,
Warum ist die CDU gegen einen Mindestlohn?
Hintergrund:
Ich finde den Mindestlohn einfach für sozial UND für erforderlich, solange es keine Vollbeschäftigung gibt (weniger als 4 % Arbeitslose). (Das Christliche in der „C“DU steht auch für soziale Marktwirtschaft (Herr Erhard!).)
Der Hinweis der CDU, dass Arbeitnehmer bei zu niedrigen, „unsittlichen“ Gehältern „sittliche“ Gehälter einklagen können, ist ein fadenscheiniges Argument und in der Praxis für diese Leute nicht durchführbar.
Für mich ist die Aussage der SPD, wer bei Vollbeschäftigung (40 Wochenstunden) nicht vom Gehalt leben kann, dessen Gehalt ist „unsittlich“. Wie sollen diese Leute den „sittlichen“ Lohn einklagen? (Wie sollen sie Vermögen bilden?)
Billige 400 € Kräfte vernichten „normal-bezahlte“ Arbeitsplätze. Diese 400 € Jobs gehören abgeschafft. Die Politik versagt, die Rahmenbedingungen für eine Vollbeschäftigung zu schaffen, dies sollte Priorität Nr. 1 sein, ist es aber nicht! Die Medien und Minister Müntefering sagen, die Konjunktur boomt – bei fast 4 Mill. Arbeitslosen – dies ist für die Arbeitslosen schwer zu verstehen!
Wer heute unten ist, kommt mit eigenen Kräften kaum hoch. Hier muss sich etwas ändern! Hier ist auch die CDU als Volkspartei gefordert.
Sehr geehrte Herr Perrreiter,
herzlichen Dank für Ihre Anfrage zum Thema Mindestlohn.
Ich halte 7, 50 Euro als allgemeinen Mindestlohn nicht für realistisch, denn das würde bedeuten, dass Tarifverträge, die die Unterschriften der Gewerkschaften und der Arbeitgeber tragen, in einigen Bereichen deutlich mehr als verdoppelt werden müssten. Wir glauben nicht, dass der Staat dafür geeingnet ist, besser Lohnfindung vorzunehmen als die Tarifvertragsparteien selbst. Vielmehr würde ein Mindeslohn voraussichtlich mehrere tausend Arbeitsplätze vernichten. Dies geht aus einer Studie hervor, die das Institut für Wirtschaftsforschung Halle und das Ifo-Institut Dresden erstellt haben. Bei einem Mindestlohn von 6,50 Euro gehen demnach rund 465.000 Jobs verloren, bei 7,50 Euro sogar 621.000 Jobs. Diese Studie bestätigt, dass der Mindestlohn die Arbeitslosigkeit erhöht und die Schwarzarbeit fördert. Die unabhänigigen Experten machen mehr als deutlich: Ein gesetzlicher Mindestlohn tifft die Schwachen und Geringqualifizierten, die gerade erst den Wiedereinstieg in den Arbeitsmarkt geschafft haben. Insbesondere Ostdeutschland würde massiv unter der Einführung leiden. Das kann und darf nicht unser Ziel sein.
Aus meiner Sicht brauchen wir stattdessen eine ergänzende Einkommenssicherung. Wer im Rahmen seiner Beschäftigung nicht genug verdient, dem zahlt der Staat je nach Bedürftigkeit im Rahmen des Arbeitslosengeldes II etwas obendrauf, so dass das zum Leben erforderliche Mindesteinkommen gewährleistet wird. Ich möchte nochmals betonen, dass die Tarifvertragsparteien in unserem Land die Löhne untereinander aushandeln.
Wir sind aber im Gespräch mit dem Koalitionspartner, wie wir dafür sorgen können, dass überall in Deutschland für ordentliche Arbeit auch ein angemessener Lohn gezahlt wird. Das ist für die Christdemokraten ein ganz wichtiges Thema. Es geht uns zum einen darum, dafür zu sorgen, dass da, wo Arbeitgeber und Arbeitnehmer dies selbst wollen, über eine Ausweitung des Entsendegesetzes, tarifliche Mindestlöhne eingeführt werden. Das heißt, dass dafür gesorgt wird, dass auch tarifungebundene Unternehmen Tariflöhne zahlen müssen und dies dann auch für mögliche ausländische Konkurrenten gilt. Wir sagen, dass wir da, wo es in den Branchen gewünscht ist, auch bereit sind, diesen Weg zu gehen. Das wird am Ende nicht für alle Branchen möglich sein. Deswegen sagen wir, auch da, wo eine Ausweitung des Arbeitsnehmerentsendegesetzes am Ende nicht zustande kommt, sind wir selbstverständlich als Christdemokraten dafür, dass keine sittenwidrigen Löhne gezahlt werden (Löhne die zwei Drittel des ortsüblichen Tariflohnes unterschreiten). Wir sind bereit die Regelungen, die sittenwidrige Löhne zulassen, dahingend zu korrigieren und im Gesetz klarzustellen, dass dies nicht passieren darf. Aber ich möchte auch darauf hinweisen, dass sittenwidrige Löhne bereits heute zivil- ( § 138) und strafrechtlichen (§ 291) verboten – hier besteht allenfalls ein Durchsetzungs- / Kontroll- oder Transparenzproblem.
Mit freundlichen Grüßen
Thomas Bareiß