Frage an Thomas Bareiß von Andreas S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Guten Tag Herr Bareiß
ich wüßte gern ihre Meinung zu dem Fall Sarazin und wie sie zur Meinungsfreiheit von Herr Sarazin stehen
mfg
Andreas Straub
Sehr geehrter Herr Straub,
herzlichen Dank für Ihre Frage zu meinem Standpunkt beim Thema Integration. Thilo Sarrazin hat durch sein neu veröffentlichtes Buch „Deutschland schafft sich ab“, mit seinen umstrittenen Thesen über Islam, angeblich bildungsferne, staatsfeindliche Muslime und die drohende Übernahme Deutschlands durch Migranten, erneut das Thema Integrationspolitik zur Diskussion gebracht. Gerne möchte ich Ihnen meinen Standpunkt hierzu darlegen.
Integrationspolitik ist eine Aufgabe von nationaler Bedeutung; und als solche muss sie von der gesamte Gesellschaft viel ernster genommen werden. Knapp 16 Millionen Menschen mit Migrationshintergrund leben laut Mikrozensus des Statistischen Bundesamtes in Deutschland, das entspricht 19% der Gesamtbevölkerung. Dabei ist Deutschland vor allem durch Zuwanderer aus muslimisch geprägten Herkunftsstaaten mit 2, 5 Millionen Menschen religiös und kulturell vielfältiger geworden. Mit Blick auf die muslimkritischen Thesen des Bundesbank-Vorstandsmitgliedes Thilo Sarrazin ist in der Diskussion um die Integration von Zuwanderern eine nüchterne und realistische Sichtweise geboten. Wir müssen uns offen damit auseinandersetzen, dass sich das Zusammenleben mit Menschen aus anderen Kulturkreisen nicht nur harmonisch und konfliktfrei gestaltet.
Die Integration von Zugewanderten in Staat und Gesellschaft ist insbesondere ein Problem der sozialen Integration. Daher müssen wir den Bürgern ausländischer Herkunft von Beginn an Wege in unsere Gesellschaft öffnen. Die Teilhabe am Arbeitsleben setzt den frühen Erwerb der deutschen Sprache und eine entsprechende Bildung und Ausbildung voraus. Jedes Kind, das in die Grundschule kommt, muss die deutsche Sprache so beherrschen, dass es dem Unterricht problemlos folgen kann. Außerdem muss Zuwanderung mit klaren Qualifikationserfordernissen verbunden werden. Der Anteil der ausländischen Schüler, die die Schule ohne Abschluss verlassen oder die Hauptschule absolvieren ist deutlich höher als bei deutschen Schülern. Hingegen ist der Anteil ausländischer Schüler, die das Abitur oder die Fachhochschulreife erwerben sehr viel niedriger als bei Deutschen. Den Sprachbarrieren möchte auch der CDU Politiker Wolfgang Bosbach entgegenwirken und daher Ausländer sanktionieren, die aufgrund von Sprachschwierigkeiten auf dem Arbeitsmarkt schwer vermittelbar sind, aber entsprechende verpflichtende Sprachkurse nicht annehmen. Denn laut aktueller Zahlen absolvieren etwa 30 Prozent der Zuwanderer keinen Deutschkurs oder brechen ihn vorzeitig ab.
Somit steht Deutschland vor einem doppelten Problem. Wir sind nämlich nicht nur massiv mit der Tatsache einer Einwanderung Geringqualifizierter konfrontiert, sondern erleben auch, dass sich die Abhängigkeit von sozialen Transferzahlungen in die zweite und dritte Generation verlängert. Angesichts der tendenziell höheren Geburtenrate der Zugewanderten wird diese Problematik bei anhaltenden Integrationsdefiziten demographisch noch verschärft werden.
Mit der Ansiedlung der Integrationsbeauftragten im Bundeskanzleramt und mit dem erhöhten Gewicht, das Integrationsfragen beim Bundesminister des Innern zukommt, hat die Bundesregierung deutlich gemacht, dass sie Integrationspolitik als zentrale Aufgabe begreift. Des Weiteren überlegt man, auf Bundesebene ein Ministerium für Integration einzurichten. Was jetzt Not tut, ist eine gemeinsame Anstrengung aller staatlichen Ebenen.
Deutschland soll ein weltoffenes Land bleiben, dessen Bürger sich als Zukunftsgemeinschaft auf dem Boden des Grundgesetzes verstehen. In dieser Gesellschaft muss jedem Bürger, ob deutscher oder ausländischer Herkunft, der Zugang zu Bildung und damit gesellschaftlichem Aufstieg ermöglicht werden. Integration ist aber keine Einbahnstraße. Sie setzt auch den Respekt der Zugewanderten vor unserem Land und die Bereitschaft zur Integration voraus.
Die Probleme variieren je nach Bundesland und sogar einzelnen Kommunen. Daher ist es erforderlich, dass ein bundeseinheitlicher Rahmen für die Integrationsarbeit zuständig ist. Einheitliche Maßnahmen sollen durch gemeinsame Ziele mit klaren Zeitperspektiven und Verantwortlichkeiten hergestellt werden.
Wichtige Ziele und Maßnahmen im Bildungsbereich sind nun unter anderem eine Förderung der deutschen Sprachkenntnisse , eine frühkindliche Bildung sowie Schuleingliederungshilfen. Daneben stehen in der Integrationspolitik, die verpflichtende Prüfung von Grundkenntnissen über deutsche Geschichte, Kultur und Rechtsordnung als weitere Einbürgerungsvoraussetzungen im Vordergrund.
Ich hoffe ich konnte Ihnen bei diesem wichtigen Gesellschaftsthema Integration meinen Standpunkt hinreichend darlegen.
Mit freundlichen Grüßen
Thomas Bareiß MdB