Frage an Thomas Bareiß von Fritz H. bezüglich Gesundheit
Zu den Problemen des Gesundheitswesens (Krankenkassenbeiträge) erhebt sich für mich die Frage warum die Bemessungsgrenze für KK-Beiträge von 3750 mtl. (2010) nicht auf die gleiche Höhe wie in der Rentenversicherung auf 5500 mtl. angehoben wird?
Dies ergäbe sicherlich erhebliche Mehreinnahmen ohne zusätzliche Kosten zu verursachen u. wäre zudem sozial gerechtfertigt. Warum muß ein AN mit 3750€ Lohn den gleichen Beitrag zahlen wie der AN mit 5500,00? Gleichzeitig würde die Versicherungspflichtgrenze erhöht, was mehr Beitragszahler bedeuten würde.
Die derzeitige Diskussion: alle zahlen den gleichen Beitrag, wobei Personen unter bestimmten Einkommensgrenzen auf Antrag und Nachweis der Einkommensgrenzen Zuschüsse erhalten bedeutet doch, dass ein gewaltiger Verwaltungsaufwand betrieben werden muss. Zahlen muss letzlich auch die der Beitrags- oder Steuerzahler.
Mich würde Ihre persönliche Meinung dazu interessieren und weiter, ob ein ähnlicher Vorschlag im Bundestag noch nie zur Diskussion stand.
m. frdl. Grüssen
F. Heim
Sehr geehrter Herr Heim
vielen Dank für Ihr Schreiben, in dem Sie Ihre Sicht zum Gesundheitswesen, insbesondere mit der Frage um die Anhebung der Beitragsbemessungsgrenze bei der Privaten Krankenversicherung (PKV), äußern. Gerne nehme ich hierzu Stellung.
Das deutsche Gesundheitssystem basiert auf einem einheitlichen, aber gegliederten Sozialversicherungsmodell. Die PKV hat im Rahmen dieses gegliederten Sozialversicherungssystems zum einen die Aufgabe, Leistungen, die die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV) nicht anbietet, zu übernehmen und zum anderen als Krankenversicherung an Stelle der GKV bestimmten Personenkreisen Krankenversicherungsschutz zu bieten. Bei jeder Reformdebatte wird immer wieder die Anhebung der Versicherungspflichtgrenze gefordert, um zumindest kurzfristig, Mehreinnahmen für die GKV zu generieren. Dabei wird meist ignoriert, dass die Ausweitung der Finanzierungsgrundlage der GKV durch eine Anhebung der Versicherungspflichtgrenze dem Gesundheitswesen in seiner Gesamtheit schadet.
Die Beitragsbemessungsgrenze dient als sog. „Friedensgrenze“ zwischen der gesetzlichen und der privaten Versicherung. Das duale Versicherungssystem, das eine Eigenheit des deutschen Krankenversicherungssystems ist, ist ebenfalls verfassungsrechtlich geschützt. Bis zur Grenze des Einkommens der Versicherungspflichtgrenze gilt eine Zwangsversicherung in der GKV mit allumfänglichem Versicherungsschutz. Darüber hinaus endet die Schutzfunktion des Staates und damit die Versicherungspflicht.
Am 01.01.2003 wurde bereits einmal die Versicherungspflichtgrenze außerordentlich um 13 Prozent angehoben, wodurch rd. 750.000 Personen der Zugang zur PKV verwehrt wurde. Die bis dahin geltende Pflichtversicherungsgrenze hatte eine angemessene Höhe. Sie wird dem Schutzauftrag des Staates für die sozial Schwächeren gerecht. Nach herrschender Auffassung ist der Staat dem Subsidiaritätsprinzip verpflichtet. D.h., er darf nur dort zwangsweise tätig werden, wo es unter dem Aspekt der sozialen Absicherung notwendig ist. Eine Ausdehnung auf Personenkreise, die der solidarischen Unterstützung nicht bedürfen, wäre demnach zumindest system-, wenn nicht sogar verfassungswidrig. Ich frage: Welche positiven Wirkungen sollte es denn auch haben, wenn die Versicherungspflichtgrenze erhöht oder gar aufgehoben würde, wenn statt 90 Prozent gar 100 Prozent der Bürger in den Kassen versichert wären? Die Erfahrung aus dem Jahr 2003 hat gezeigt, dass sich kein nachhaltiger Finanzierungseffekt einstellt. Es gäbe zwar mehr Beitragszahler, aber auch genauso viele Leistungsempfänger. Nichts wäre gewonnen.
Für die verfassungsrechtliche Zulässigkeit der Anhebung der Beitragsbemessungsgrenze ist zu berücksichtigen, dass der Beitrag in der GKV als Versicherung nach dem Äquivalenzprinzip zu bemessen ist. Das heißt, der Wert des Versicherungsschutzes muss dem entsprechen, was als Beitrag gefordert ist. Damit ist zu gewährleisten, dass den Beiträgen Leistungen gegenüberstehen. Dabei würde der Solidargedanke überstrapaziert, würde man das Einkommen unbegrenzt sozialversicherungspflichtig machen. So ist es nicht einzusehen, warum ausgerechnet der begrenzten Gruppe der Beitragszahler in der Sozialversicherung die Finanzierung allgemeiner Lasten, wie zum Beispiel der Förderungspflicht von Ehe und Familie in Gestalt der beitragspflichtfreien Mitversicherung von Familienangehörigen auferlegt würde.
Mit freundlichen Grüßen
Thomas Bareiß MdB