Frage an Thilo Hoppe von David L. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Sehr geehrter Herr Hoppe,
in einem Wochenendseminar ausgerichtet von sneep und dem Zentrum für Konfliktforschung der Uni Marburg habe ich mich mit transnationalen Konzernen in Konfliktregionen der Dritten Welt befasst. Unternehmen können in diesen Gesellschaften eine positive Rolle einnehmen, indem sie u.A. wirtschaftlichen Aufschwung, Arbeitsplätze sowie gegenseitige Interessen und Abhängigkeiten zwischen Konfliktparteien erzeugen. Sie können aber auch zu einer Verschärfung des Konflikts beitragen oder diesen sogar auslösen, indem sie z.B. Konfliktparteien bevorzugen oder durch Umweltverschmutzung der ansässigen Bevölkerung ihre Lebensgrundlage rauben. Ihre Rolle in Konflikten erzeugt für Unternehmen die Aufgabe, in diesen Konflikt im Rahmen ihrer Möglichkeiten transformierend einzugreifen.
In vielen Fällen sind sich Unternehmen im Vorfeld ihrer Investition und auch während ihrer Tätigkeit dieser Nebenwirkungen ihres Handelns allerdings nicht bewusst. Dieses Phänomen wurde bereits in der Entwicklungshilfe beobachtet und deshalb in den letzten Jahren Analysemethoden entwickelt, um Projekten zu helfen, ihre Auswirkungen auf einen Konflikt abzuschätzen und ihn im Rahmen ihrer Möglichkeiten zu bearbeiten. Das Peace and Conflict Assessment wird bereits bei allen Projekten der staatlichen Entwicklungshilfe, welche in konfliktiven Regionen durchgeführt werden, vorgeschrieben.
Meine Frage an Sie lautet nun, ob die Bundesregierung und die Europäische Union nicht europäischen Unternehmen regulativ, vor dem Beginn von Unternehmungen in Konfliktregionen nach der K-Kennung des BMZ, eine ähnliche Analyse ihrer Auswirkungen auf den Konflikt vorschreiben kann. Dies würde diesen Unternehmen ihre Bedeutung für den Konflikt und ihre Möglichkeiten in diesem aufzeigen. Erhöhen würde sich sich die positive Wirkung von Unternehmen in Konflikten durch eine Rechenschaftspflicht gegenüber staatlicher Entwicklungsbehörden.
Mit freundlichen Grüßen
David Loew
Sehr geehrter Herr Loew,
Vielen Dank für Ihr Schreiben und Ihren interessanten Vorschlag. Bislang haben wir vor allem im Kontext von staatlichen Exportbeihilfen und staatlichen Bürgschaften über soziale, ökologische und Menschenrechtskriterien diskutiert und darauf gedrungen, dass diese im Kontext einer umfassenden Entwicklungsverträglichkeitsprüfung eingehalten werden. Dabei gab es in der Vergangenheit im Einzelfall immer wieder harte Auseinandersetzungen, z.B. bei Umsiedelungsmaßnahmen in Folge des Baus von Staudämmen.
Grundsätzlich treten wir dafür ein, dass transnationale Unternehmen, Banken und Fondsgesellschaften mehr Verantwortung tragen und an verbindliche Menschenrechts- und Umweltstandards gebunden werden müssen. Wenn ein Unternehmen im Ausland Schaden anrichtet, dann muss es dafür auch verpflichtend verantwortlich gemacht werden können. Ihren Vorschlag betreffend muss ich sagen, dass hierzu von unserer Fraktion noch keine dezidierte Meinungsbildung vorgenommen wurde. Ich kann Ihnen deswegen leider noch keine abschließende Position nennen. Ich persönlich halte es für eine überlegenswerte Idee, dass Unternehmen, z.B. auch in Kooperation mit Friedens- und Konfliktforschungsexperten, Analyseinstrumente ähnlich dem PCA des BMZ entwickeln und diese vor Tätigwerden in Konfliktregionen anwenden. Auf jeden Fall ist es lohnenswert, dieser Frage im Dialog mit Unternehmen und NGOs näher nachzugehen.
Mit freundlichen Grüßen,
Ihr Thilo Hoppe