Frage an Thaddäus Kunzmann von Julia K. bezüglich Kultur
Sehr geehrter Herr Kunzmann,
in Deutschland gibt es verschiedene Arten von alternativen Kulturen. Teilweise sind diese Kulturen gesellschaftlich akzeptiert, z.B. Hip-Hop-Kultur oder auch die Techno-Kultur. Leider ist das nicht bei allen alternativen Kulturen der Fall.
Daher meine Fragen
1. Wie sehen Sie die gesellschaftliche Bedeutung von sog. Subkulturen?
2. Gerade Mitglieder der Gothic-Subkultur werden häufig diffamiert, als „gefährlich“, „Satanisten, „Anti-Christlich“, "Depressiv" – wie sehen Sie das Menschen auf Grund Ihres Musikgeschmacks und Lebensgefühls in derartige Ecken gestellt werden?
3. Können Sie von Ihrem Wissen festmachen, dass die Gothickultur eine Gefährdung für die Demokratie und die Menschenrechte sind oder nicht?
4. Welche Bedeutung sollten Ihrer Ansicht sog. Subkulturen im öffentlich-rechtlichen Rundfunk und Fernsehsendung bekommen?
Mit freundlichen Grüßen
J. K.
Sehr geehrte Frau K.,
vielen Dank für Ihre Anfrage. Gerne gehe ich auf Ihr Anliegen ein:
1. Wie sehen Sie die gesellschaftliche Bedeutung von sog. Subkulturen?
Wir achten, unterstützen und fördern unsere vielfältige Kulturlandschaft, zu der auch die unterschiedlichsten Subkulturen gehören.
2. Gerade Mitglieder der Gothic-Subkultur werden häufig diffamiert, als „gefährlich“, „Satanisten, „Anti-Christlich“, "Depressiv" – wie sehen Sie das Menschen auf Grund Ihres Musikgeschmacks und Lebensgefühls in derartige Ecken gestellt werden?
Verallgemeinerungen lehne ich ab. Allerdings gibt es für mich persönlich Grenzen des guten Geschmacks (subjektiv) und Grenzen dort, wo Andere bzw. der Würde und Glauben verächtlich gemacht werden.
3. Können Sie von Ihrem Wissen festmachen, dass die Gothickultur eine Gefährdung für die Demokratie und die Menschenrechte sind oder nicht?
Mein Wissen ist nicht umfassend, insofern kann ich die Antwort nicht beantworten. Ich halte die Gothickultur nicht generell für eine Gefährdung. Wohl aber die Grauzone zum Okkultismus und den Okkultismus selbst.
4. Welche Bedeutung sollten Ihrer Ansicht sog. Subkulturen im öffentlich-rechtlichen Rundfunk und Fernsehsendung bekommen?
Es gibt die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien, die unter Hinweis auf das Jugendschutzgesetz genau auflistet, welche Inhalte gegeben sein müssen, damit Musik im Allgemeinen indiziert wird oder i.d.R. für alle spielbar ist. Musik, egal welcher Stilrichtung, die auf diesem Index erscheint, gehört weder in den öffentlich-rechtlichen noch in den privaten Rundfunk. Dies als grundsätzliche Vorbemerkung:
Zudem hat der SWR ja den Programmauftrag. Der ist wie folgt gefasst:
§ 6 Programmgrundsätze
(1) Der SWR ist in seinen Sendungen an die verfassungsmäßige Ordnung gebunden und der Wahrheit verpflichtet. Er trägt zur Verwirklichung der freiheitlich demokratischen Grund-ordnung bei und fördert die Zusammengehörigkeit im vereinten Deutschland.
(2) Der SWR hat in seinen Sendungen die Würde des Menschen sowie die sittlichen, religiösen und weltanschaulichen Überzeugungen anderer zu achten. Er soll dazu beitragen, die Achtung vor Leben, Freiheit und körperlicher Unversehrtheit, vor Glauben und Meinung anderer zu stärkenund die Gleichstellung von Frau und Mann zu fördern. Die Sendungen dürfen sich nicht gegen die Völkerverständigung oder gegen die Wahrung von Frieden und Freiheit richten. Sie sollen auf ein diskriminierungsfreies Miteinander der Gruppen in der Gesellschaft hinwirken.
(3) Alle Beiträge für Informationssendungen (Nachrichten, Berichte und Magazine) sind gewissenhaft zu recherchieren; sie müssen wahrheitsgetreu und sachlich sein. Nachrichten sind vor ihrer Verbreitung mit der nach den Umständen gebotenen Sorgfalt auf Wahrheit und Herkunft zu prüfen. Die Redakteure sind bei der Auswahl und Sendung der Nachrichten zur Objektivität und Überparteilichkeit verpflichtet. Kommentare sind deutlich von Nachrichten zu trennen und unter Nennung des Verfassers als persönliche Stellungnahme zu kennzeichnen. Sie haben dem Gebot journalistischer Fairness zu entsprechen.
(4) In allen Angelegenheiten von öffentlichem Interesse sind die verschiedenen Auffassungen im Gesamtprogramm ausgewogen und angemessen zu berücksichtigen. Das Gesamtprogramm darf weder einseitig den Interessen einer Partei oder Gruppe noch Sonderinteressen gleich welcher Art dienen.
Somit sind harten Gothic-Texten einfach Grenzen gesetzt. Der Programmauftrag sagt aber auch deutlich: „in allen Angelegenheiten von öffentlichem Interesse sind die verschiedenen Auffassungen im Gesamtprogramm ausgewogen und angemessen zu berücksichtigen“. Somit spricht generell nichts gegen die Einbeziehung von Subkulturen im öffentlich-rechtlichen Programmen (Hörfunk, TV). Das zeigen ja auch Auftritte z.B. von Marilyn Manson im TV.
Ich hoffe, ich konnte Ihre Fragen nachvollziehbar beantworten und verbleibe
mit freundlichen Grüßen
Thaddäus Kunzmann