Frage an Tatjana Wolf von Julian B. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrte Frau Dr. Wolf,
Die FDP hat in den vergangenen Jahren grundsätzlich mit der CDU koaliert. Sollte das Wahlergebnis in diesem Jahr auch andere Alternativen für eine Regierungsbeteiligung der FDP eröffnen, würden Sie dann auch eine Koalition z.B. mit der SPD in Betracht ziehen? Bzw. sehen Sie genug Schnittstellen, um eine solche Koalition eingehen zu können?
mit freundlichen Grüßen,
Julian Bayer
Sehr geehrter Herr Bayer,
ich halte Sozialpolitik für ein wichtiges Thema, mit dem sich jede Partei beschäftigen und Antworten finden muss. Daher bedeutet für mich Liberalismus ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Wirtschaftsliberalismus, Schutz der Bürgerrechte und Sozialliberalismus. Die Ansätze der liberalen Sozialpolitik und der sozialdemokratischen Sozialpolitik sind aber sehr unterschiedlich. Während die SPD auf ´verordnete´ Gleichheit setzt, bevorzugen wir ein differenziertes System aus Existenzabsicherung und darüber hinaus einer ´Hilfe zur Selbsthilfe´, die die Individualität des Einzelnen in den Vordergrund stellt. Ein gutes Beispiel hierfür ist die Einheitsschule vs. Beibehaltung des differenzierten Schulsystems, entsprechend der unterschiedlichen Fähigkeiten unserer Kinder, bei gleichzeitiger hoher Durchlässigkeit, um der späteren Entwicklung eines jeden Schülers gerecht zu werden.
Darüber hinaus sehen wir auch die Schutzwürdigkeit derjenigen, die unser Sozialsystem finanzieren und das Risiko, diese Gruppe - die Mitte der Gesellschaft - noch weiter zu belasten. Aufgrund der doch recht grundlegenden Unterschiede halte ich persönlich eine Koalition eher für unwahrscheinlich.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Tatjana Wolf