Frage an Tankred Schipanski von Herbert L. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
Die schwarz-rote Regierung darf nach Auffassung von Experten bestimmte Arbeitnehmer nicht einfach vom geplanten Mindestlohn in Höhe von 8,50 Euro ausnehmen. Dies könne gegen den Grundsatz im Grundgesetz verstoßen, alle Menschen gleich zu behandeln – zu diesem Ergebnis kommt ein Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags, das der „Süddeutschen Zeitung“ vorliegt. Wie versteht man dann das die Ostdeutschen schon 24 Jahre einen geringeren Lohn als die Westdeutschen bei gleicher Arbeit haben? Wurde da nicht gegen den Grundsatz verstoßen?
Sehr geehrter Herr Leonhardt,
vielen Dank für Ihre Anfrage. Gerne nehme ich dazu Stellung.
Der von Ihnen angesprochene allgemeine Gleichheitssatz des Grundgesetztes (Art. 3) gibt vor, dass die öffentliche Gewalt, also bspw. das Parlament als Gesetzgeber vergleichbare Fälle grundsätzlich gleich behandeln muss. Eine Ungleichbehandlung ist jedoch gerechtfertigt, wenn ein sachlicher Grund vorliegt.
Beim geplanten Mindestlohn findet der allgemeine Gleichheitssatz Anwendung, da er per Gesetz eingeführt werden soll. Im Gegensatz dazu werden die Löhne bisher vornehmlich zwischen den Tarifpartnern bzw. den Arbeitnehmern und Arbeitgebern ausgehandelt und eben nicht staatlich vorgegeben. Darum greift hier der Gleichheitssatz auch nicht. Bei der Lohnfindung stehen wirtschaftliche Aspekte, wie die Unternehmensstruktur oder die Kaufkraft im Vordergrund. Hier gibt es große regionale Unterschiede, insbesondere zwischen Ost und West, die sich auch im Lohnniveau niederschlagen.
Eine Angleichung der Löhne zwischen Ost und West ist ein zentrales Vorhaben der Regierungskoalition. Der gesetzliche Mindestlohn ist dafür ein Baustein. Weitere wichtige Bausteine sind erstens die Förderung von Unternehmen im Osten, die in Forschung und Entwicklung investieren und nicht nur Niedriglohn-Arbeitsplätze schaffen sowie zweitens Investitionen in die Infrastruktur.
Ich hoffe, dass ich Ihnen mit meiner Antwort dienen konnte und verbleibe
mit freundlichen Grüßen
Ihr
Tankred Schipanski