Tankred Schipanski (CDU)
Tankred Schipanski
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Frage von Gerhard Dr. F. •

Frage an Tankred Schipanski von Gerhard Dr. F. bezüglich Soziale Sicherung

Sehr geehrte Herr Schipanski,

bis vor kurzem habe ich in Gotha gelebt und dort 2009 Sie und die CDU in den Bundestag gewählt.

Diese Entscheidung habe ich getroffen, weil die damalige Bundeskanzlerin Frau Dr. Merkel im Juni 2009 den Millionen Ostdeutschen Rentnerinnen und Rentnern im Vorfeld des zu wählenden neuen Bundestages versprochen hatte, die Angleichung der Ostrenten in ein - bis zwei Jahren abgeschlossen zu haben. Dieses Versprechen wurde in den Koalitionsvertrag aufgenommen.

Leider ist es zu der versprochenen Angleichung bis heute nicht gekommen.

Wie stehen Sie zu diesem dringend zu lösenden sozialen Problem?

Was gedenkt die CDU in Rahmen des Bundestagswahlkampfes 2013 auf diesem Gebiet zu tun?

Mit freundlichen Grüßen

G, Franke

Tankred Schipanski (CDU)
Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Dr. Franke,

vielen Dank für Ihre Frage zum Thema Rentenangleichung. Gerne erläutere ich Ihnen meine Position.

Das Thema Rente wird sehr emotional diskutiert. Viele Menschen im Osten Deutschlands fühlen sich durch die geltenden Bestimmungen benachteiligt. Nach meiner Auffassung ist es legitim, nach mehr als 20 Jahren ein einheitliches Rentensystem für Ost und West einzufordern. Das Thema ist komplex. Es gilt nicht nur eine einheitliche Regelung für Ost und West zu treffen, sondern auch, eine Lösung zu finden die sowohl heutigen als auch künftigen Rentnern gerecht wird. Darum ist es wichtig diese Debatte sachlich zu führen. So lagen 2008 die gesetzlichen Rentenansprüche im Osten 10 Prozent über Westniveau. Ursächlich dafür ist neben der höheren Frauenerwerbsquote und längeren Erwerbsbiographien im Osten auch das geltende Rentenrecht. Eine bloße Rechtsangleichung würde in Ostdeutschland viele Menschen enttäuschen.

Die Höhe der Altersrente wird aus zwei Faktoren errechnet, den im Laufe des Erwerbslebens gesammelten Entgeltpunkten und dem aktuellen Rentenwert.

Die Entgeltpunkte ergeben sich, indem jedes Jahr das individuelle Einkommen mit dem westdeutschen Durchschnittseinkommen verglichen wird. Das Einkommen von Versicherten im Osten wird mit 17,5 Prozent hochgewertet, um das im Vergleich zu Westdeutschland niedrigere Lohnniveau auszugleichen. Verfügt ein Versicherter genau über das Durchschnittseinkommen, erhält er einen Entgeltpunkt.

Der aktuelle Rentenwert orientiert sich an der Entwicklung der Einkommensentwicklung und wird jedes Jahr angepasst. Im Osten beträgt der Wert derzeit 24,92 Euro, im Westen 28,07 Euro.

Das geltende Rentenrecht bietet zwei Vorteile für Versicherte aus den neuen Bundesländern:

Erstens hat die auf den ersten Blick ungerecht erscheinende Differenzierung der Rentenwerte dazu geführt, dass der Rentenwert im Osten, und damit die Rentenhöhe, aufgrund der prozentual besseren Lohnentwicklung im Zuge der Einkommensanpassung seit 1990 stärker gestiegen ist, als ein bundeseinheitlicher Rentenwert gestiegen wäre.

Zweitens ist aufgrund der Hochwertung der Einkommen im Osten jeder Euro Rentenbeitrag mehr wert. Das führt dazu, dass bei gleichen Jahreseinkommen der Rentenanspruch im Osten höher ausfällt als im Westen. Und das trotz des niedrigeren Rentenwertes.

In der politischen Debatte existiert gegenwärtig kein Reformvorschlag, der sowohl für die heutige als auch die künftige Rentnergeneration von Vorteil wäre.

Eine bloße Angleichung der Rentenregelungen, d.h. Anhebung des Rentenwertes Ost auf den Rentenwert West und eine einheitliche Bewertung der Einkommen, hätte nachteilige Auswirkungen für den Osten. Der Vorteil eines höheren Rentenwertes würde durch die reduzierten Entgeltpunkte aufgehoben. Zudem würden die Ostrenten durch den einheitlichen Rentenwert nicht mehr stärker steigen als im Westen.

Eine Angleichung des Rentenwertes Ost an Westniveau bei Beibehaltung der Hochwertung ostdeutscher Einkommen hätte zwar große Vorteile für die heutige Rentnergeneration in Ostdeutschland, wäre jedoch Ungerecht gegenüber Rentnern im Westen, die dann bei gleichem Einkommen eine niedrigere Altersrente beziehen würden. Zudem würde dieses Modell Mehrausgaben in Milliardenhöhe zur Folge haben, die Steuer- und Beitragszahlern nicht zugemutet werden können.

Über 20 Jahre nach der Wiedervereinigung müssen wir die Debatte über ein einheitliches Rentensystem in Deutschland intensiv führen. Die Neuregelung darf jedoch keine Verlierer produzieren, weder bei der jetzigen noch bei der künftigen Rentnergeneration. Solange kein Vorschlag vorliegt, der alle Interessen angemessen berücksichtigt, bin ich dafür, bei der bestehenden Regelung zu bleiben.

Mit freundlichen Grüßen

Ihr Tankred Schipanski