Frage an Tankred Schipanski von Herbert L. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Abgeordneter Schipanski,
warum haben Sie gegen die Offenlegung der Einkommen der Nebentätigkeiten der Abgeordneten
gestimmt? Ein unverschuldet in Hartz IV gekommener darf nur 100€ dazuverdienen. Schämen Sie sich nicht? In Ihrem Parteikürzel teht das C-für Was? Christlich schon lange nicht mehr! Das sieht man auch an Ihren Abstimmungsverhalten. Ich werde jeden den ich kenne und weiß das er ein Wähler Ihrer Partei ist darüber informieren. Menschen wie Sie haben den Sinn zur Wirklichkeit verloren! Es wir auch ein Leserbrief an die Thüringer Allgemeine folgen, der dann natürlich nicht gedruckt wird, diese Spiele kennt mann ja. Gott sei Dank gibt es aber das Internet!
Mit keinen freundlichen Grüßen
Herbert Leonhardt
Sehr geehrter Herr Leonhardt,
herzlichen Dank für Ihre Nachricht, in der Sie mich zu meinem Abstimmungsverhalten bei den Transparenzregelungen für Nebentätigkeiten von Abgeordneten befragen.
Zunächst einige Fakten: Entgegen der öffentlichen Meinung üben von den derzeit 620 Abgeordneten des Bundestages etwa 70 Prozent überhaupt keine entgeltlichen Nebentätigkeiten aus. Betrachtet man die Berufsstruktur des Bundestages, so ist festzustellen, dass rund 30 Prozent Selbständige aus den Bereichen Industrie, Gewerbe, Handwerk und Landwirtschaft stammen sowie freiberuflich tätig sind. Diese Kolleginnen und Kollegen können sich für die Dauer ihrer Parlamentszugehörigkeit nicht völlig aus ihrem Unternehmen, ihrem Betrieb oder ihrer Kanzlei bzw. Praxis zurückziehen. Ansonsten müssten sie erhebliche berufliche Nachteile nach ihrem Ausscheiden aus dem Bundestag befürchten. Dies wiegt umso mehr, da Abgeordnete mit ihrem Mandat lediglich einen zeitlich begrenzten Auftrag des Wählers übernehmen. Die Verankerung des Abgeordneten in seinem Beruf stärkt zudem seine Unabhängigkeit, auch gegenüber seiner eigenen Fraktion und Partei.
So bin ich selbst weiterhin als Rechtsanwalt tätig. Da ich mein Bundestagsmandat jedoch sehr ernst nehme, bin übe ich diese Nebentätigkeit nur in sehr begrenzten zeitlichen Umfang aus. Meine Einnahmen betragen unter 1000 Euro im Jahr.
Klar ist aber auch: Die Öffentlichkeit hat ein berechtigtes Interesse an der Offenlegung von Einkünften der Abgeordneten. Es muss für jeden deutlich sein, ob ein Abgeordneter in seiner Mandatsausübung auch wirtschaftlich frei und dem Auftrag seiner Wählerinnen und Wähler verpflichtet ist. Dies darf jedoch nicht unter Aufgabe seiner Bürgerrechte geschehen. Das geltende Stufenmodell wurde gerade deshalb gewählt, weil zwischen den Grundrechten der Abgeordneten und dem berechtigten öffentlichen Interesse an der Veröffentlichung von Nebeneinkünften der Abgeordneten abzuwägen war.
Auch Bundesverfassungsrichter haben im Urteil des BVerfG vom 04. Juli 2007 gerade nicht den „gläsernen“ Abgeordneten gefordert. Vielmehr kamen sie zu dem Ergebnis, dass in Stufen pauschalierte Aussagen über die Höhe der Einkünfte und die Art der Tätigkeit ein taugliches Mittel sind, auf mögliche Interessenverknüpfungen und ihren Umfang hinzuweisen.
Ungeachtet der aktuellen Debatte besteht seit längerem Einigkeit, bei den Nebentätigkeiten von Abgeordneten noch mehr Transparenz herzustellen. Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion befürwortet eine deutlich erweiterte Stufenregelung. Die höchste Stufe der Einkünfte soll künftig im sechsstelligen Bereich liegen, damit die Größenordnung der Einkünfte klarer als bisher erkennbar wird.
Ich hoffe, dass ich Ihnen mit dieser Antwort dienen konnte und verbleibe
mit freundlichen Grüßen
Tankred Schipanski