Frage an Tankred Schipanski von Markus H. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Schipanski,
heute hat das Bundesverfassungsgericht sein 60jähriges Bestehen gefeiert. In diesem Zusammenhang bitte ich Sie um Beantwortung folgender Fragen:
Trotz langjähriger Frist zur Bearbeitung hat es die Koalition bisher nicht geschafft, dem BVerfG-Urteil zum Bundeswahlrecht Rechnung zu tragen (Urteil vom 03.07.2008, Az 2 BvC 1/07, 2 BvC 7/07, BVerfGE 121, 266). Moniert wurde darin das sog. negative Stimmgewicht im Zusammenhang mit der Ausgestaltung der "Überhangmandate" - eine Regelung von der bislang vor allem die CDU profitierte.
Meine Fragen:
a) Was haben Sie bislang persönlich unternommen, um diesem untragbaren Zustand abzuhelfen und was werden Sie bis wann tun?
b) Ich halte die anhaltende Missachtung des höchstrichterlichen Spruchs durch die Regierung und die Koalitionsparteien für einen verfassungsfeindlichen Akt, der das Ansehen der Demokratie und ihrer Organe beschädigt. Wie stehen Sie persönlich dazu?
Für Ihre Antwort dankt
Markus Hollmann
Sehr geehrter Herr Hollmann,
ich danke Ihnen für Ihr Schreiben vom 30. September 2011, in dem Sie mich zu einer Stellungnahme zum Thema Bundeswahlrecht auffordern.
Der Deutsche Bundestag hat am 29. September 2011 mit den Stimmen der Regierungskoalition ein neues Bundeswahlgesetz beschlossen. Inzwischen hat die Bundesrepublik also wieder ein gültiges Wahlrecht.
Die vom Bundesverfassungsgericht gesetzte Frist, die am 30. Juni 2011 verstrichen war, wurde meiner Auffassung nach nicht aus Missachtung des höchsten deutschen Gerichts verfehlt. Vielmehr hat die Regierungskoalition – so wie es in der Vergangenheit bei Änderungen des Wahlgesetzes guter Brauch war – bis zuletzt versucht, auch die Opposition für die Reform zu gewinnen.
Da sich jedoch bis zuletzt keine Einigung abzeichnete und nicht noch mehr Zeit verstreichen sollte, entschied sich die Koalition schließlich dazu, den eigenen Antrag zu verabschieden. Dieser hält am bewährten Wahlrecht fest und erfüllt gleichzeitig die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts. Demnach ist die Verbindung von Landeslisten nicht länger möglich, das negative Stimmengewicht ist wie gefordert abgeschafft.
Ich hoffe, Ihnen mit dieser Antwort gedient zu haben und verbleibe
mit freundlichen Grüßen
Tankred Schipanski MdB