Frage an Tacettin Dagci von Sonja R. bezüglich Verkehr
Sehr geehrter Herr Dagci!
Wie wollen Sie die Bürger Ihres Wahlkreises im Abgeordnetenhaus vertreten?
Welche Möglichkeiten sehen Sie im Abgeordnetenhaus wichtige Themen der Bezirkspolitik zu beeinflussen, wie zum Beispiel das zweitgrößte Bauvorhaben in Berlin am denkmalgeschützten Gaswerk Schöneberg?
Mit freundlichen Grüßen
Reich
Liebe Frau Reich,
gerne beantworte ich Ihre Fragen:
Sie fragen, wie ich den Wahlkreis vertreten möchte? Ich möchte diese sehr allgemeine Fragestellung mit der Darstellung meiner Schwerpunkte und mit meinen Methoden beantworten: Meine Schwerpunkte: Als Arbeiter und türkischer Migrant konzentriere ich mich insbesondere auf soziale, arbeits- und ausbildungpolitische Themen. Ich möchte, dass die positive wirtschaftliche Entwicklung in Berlin sich noch dynamischer in den nächsten Jahren fortsetzt und möglichst viele Menschen davon profitieren. Das geht nur mit DIE LINKE:
Beispiele:
- Wegen Hartz IV und weil ein gesetzlicher Mindestlohn von der Bundestagsmehrheit verweigert wird, haben wir in dem Niedriglohnbereich eine Lohnspirale nach unten. 80.000 Vollzeitbeschäftigte in Berlin erhalten durch ihre Erwerbsarbeit so geringen Lohn, dass sie trotzdem noch zum JobCenter laufen müssen und aufstockende Leistungen benötigen. Das ist würdelos. Ich setze mich dafür ein, dass ein gesetzlicher Mindestlohn durchgesetzt wird. Davon würde die Wirtschaft in ganz Berlin auch profitieren. Mit dem Berliner Vergabegesetz gibt es zumindest schon für öffentliche Aufträge Mindestbedingungen. Das muss strikt durchgesetzt werden und die Lohnhöhe muss sofort auf 8,50 Euro/pro Std. angehoben werden (bis jetzt hat sich da die SPD verweigert).
- Die bisherige Koalition hat - trotz knapper finanzieller Mittel - den Bildungsbereich ausgebaut. Der Reichtum Berlins sind seine Menschen und wir müssen jedes Kind so gut wie möglich fördern. Der Weg muss fortgesetzt werden - einige Stichpunkte: Kostenfreie Kita. längeres gemeinsames Lernen mit individueller Förderung in immer mehr Ganztagseinrichtungen. Durchlässigkeit im Schulsystem mit Gemeinschaftsschulen und Integrierten Sekundarschulen. Dafür werden in den nächsten Jahren noch mehr engagierte Lehrer gebraucht und bauliche Investitionen sind notwendig. Dieser Weg zeigt bereits Erfolge und ich werde mich dafür einsetzen, dass die Quote von Schülern die ohne Abschluss die Schule verlassen weiter sinkt und die Quote derer, die höhrere Abschlüsse ( bis zum Abitur) ablegen kräftig steigt. Dabei setze ich mich natürlich insbesondere auch dafür ein, dass den vielen jungen Talenten mit "migrantischem Hintergrund" immer bessere Berufschancen eröffnet werden.
- Die Industrie- und Handelskammer lobt die starke Initiative von Migranten als kleine Gewerbetreibende und Neugründer. Das ist auch ein bedeutender Wirtschaftsfaktor in Schöneberg. Ich möchte, dass sie einfacher Kredite (aus Förderprogrammen der Investitionsbank) und Beratung erhalten und dass sie Jugendlichen über Ausbildungsverbünde viele qualifizierte Ausbildungsmöglichkeiten anbieten.
Zu meinen Methoden: Ich wohne bereits 25 Jahre in Schöneberg und habe zahlreiche Verbindungen in den Kiez. Auch während des Wahlkampfs habe ich bei Kiez-Sprechstunden, Kiez-Spaziergängen und einem Kiez-Fest vorallem zugehört und mir von den Erfahrungen der Menschen vor Ort berichten lassen. Mit unserer Partei-Geschäftsstelle haben wir eine ständige Anlaufstelle in meinem Wahlkreis. Bei meiner Wahl ins Abgeordenetenhaus würden meine Initiativen im fortlaufenden Dialog mit den Kiezbewohnern entwickelt werden. Dabei will ich auch darauf achten, dass der Bevölkerungsteil auf den durch Sprach- und Bildungsbarrieren am wenigsten gehört wird (und denen das Wahlrecht verweigert wird), besser zu Wort kommt.
Zu den Bauvorhaben Gasometer-Gelände:
Welche Möglichkeiten bestehen über das Abgeordnetenhaus, die laufende Entwicklung auf dem Gelände zu beeinflussen, kann ich gegenwärtig nicht überblicken. Die Planungshoheit liegt ja bei dem Bezirk und es gibt einen wirkenden Bebauungsplan (mit "Kerngebietsausweisung"), der zwar nicht festgesetzt ist, aber dem die BVV-Mehrheit "Planreife" zugestanden hat. Auf dieser Grundlage wurden dem Entwickler Müller (Europäisches Energieforum - "EUREF") weitgehende Freiheiten eingeräumt, das Gelände zu vermarkten, in ortsunüblicherweise verdichtet Hochhäuser zu bauen usw. Bauamt und Bezirksamtsmehrheit (SPD+CDU) haben sich darauf eingelassen, wesentliche Punkte in der Bebauungsplanung und in den Durchführungsverträgen sehr unpräzise zu vereinbaren. Das sind die Gegenleistungen des Entwicklers, wovon der Bezirk angeblich so viel profitiert:
- So hat EUREF vermutlich nur geringfügige Beträge beisteuern müssen zur Errichtung des Parks Gasometer - Nordspitze (genaue Angaben werden verweigert).
- So wird nicht durchgesetzt, dass tatsächlich Sanierungsarbeiten am Gasometer-Gerippe durchgeführt werden.
- So wird der EUREF "erspart" eine im Bebauungsplan vorgesehen Erschließungsstraße auszubauen. Bei der Genehmigung von 4 neuen Hochhäusern wird die unzureichende Torgauer Straße als ausreichend für Bauverkehr und späteren Geschäftsverkehr erklärt.
DIE LINKE im Bezirk hat das gesamte Vorhaben und die Bebauung für überdimensioniert und am Rande der "Roten Insel" als unpassend kritisiert. Deshalb haben wir auch die "Kerngebiets"-Ausweisung abgelehnt, die dem Entwickler auf Jahre großes Spekulationspotential eröffnet.
Eine verträgliche wirtschaftliche Entwicklung an der Stelle hätten wir uns schon gewünscht. Mit dem Sendebetrieb von Jauch aus dem provosorische Pavillon im Gasometer-Gerippe wird jetzt eine problematische Entwicklung verschärft: An eine wirkliche Sanierung des Gasometer-Gerippes ist parallel nicht zu denken, weil die Grundfläche innerhalb des Gasometers dauernd genutzt wird. Laut Presse gibt es jetzt massenweise Anfragen für Veranstaltungen in der Kuppel. Statt tausenden angekündigten Arbeitsplätzen etablieret sich offenbar ein gutausgebuchtes Event-Center (ohne große Beschäftigungswirkung). Dafür täglich wechselnde Veranstaltungen, nächtlicher Verkehr und Lärm. Das ist nicht die nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung, die dort wünschenswert wäre und sich mit dem dichtbesiedelten Wohngebiet in der Nachbarschaft verträgt.
In der Kritik der bezirklichen Entscheidungen hatten wir stets Kontakt auch zu der Bürgerinitiative (siehe http://www.bi-gasometer.de/ )