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Tacettin Dagci
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Frage von Andreas R. •

Frage an Tacettin Dagci von Andreas R. bezüglich Verkehr

Ist es richtig,das die Linken für die Bebauung durch Mediaspree ist,also kein freier Uferzugang?
Was ist mit dem Heinrich Lassenpark?
Sind Sie dafür die Strafen für Hundebesitzer zu erhöhen,die den Hundekot Ihres Hundes NICHT entfernen?
Sind Sie dafür in den 30iger Zonen(Wohngebiet)mehr Geschwindigskeitkotrollen durchzuführen und in diesen Zusammenhang auch dafür sind mehr dementsprechende Geräte anzuschaffen?
Sind Sie dafür die Belziger Str,zu einer Fahrradstraße umzugestalten?
Und zu Letzt:Sind Sie für ein unabhängiges Grundeinkommen für alle Bürger?

Portrait von Tacettin Dagci
Antwort von
DIE LINKE

Lieber Herr
Rutkowski,
gerne beantworte ich Ihre interessanten Fragen:
 
1)     Mediaspree: Bitte sehen Sie mir nach, dass ich mich über Auseinandersetzungen in Friedrichshain-Kreuzberg nicht in allen Einzelheiten auskenne. Das Problem ist ja, dass ein erfolgreicher Bürgerentscheid bereits teilweise rechtsverbindliche Beplanung in Frage gestellt hat. Der SPD-geführte Stadtentwicklungssenat hat wegen drohenden Schadenersatzklagen den Bezirk alleingelassen, das Problem zu lösen. DIE LINKE Friedrichshain-Kreuzberg http://www.dielinke-friedrichshain-kreuzberg.de/bvv_fraktion/unsere_bilanz/ führt in der Bilanz ihrer Fraktion auf: "Wir haben durchgesetzt, dass nach dem Bürgerentscheid “Spreeufer für alle!” ein Sonderausschuss zur weiteren planerischen Entwicklung des Spreeraumes eingerichtet wurde" Außerdem: "Wir haben dafür gesorgt, dass
- gemäß den Zielen des Bürgerentscheids das ursprünglich geplante 90 Meter hohe
Hochhaus an der Elsenbrücke nicht gebaut wurde
- die Naherholungsfunktion des Spreeuferbereichs durch die Verlängerung des
Uferwanderweges am Friedrichshainer Ufer und durch die Eröffnung des Spreeparks
gegenüber dem Postbahnhof verbessert werden konnte
- Zwischennutzungen wie zum Beispiel “Maria am Ufer” oder die “Bar 25” in der
Holzmarktstraße verlängert wurden".
 
2)     Heinrich-Lassen-Park (Schöneberg):
Dort hat eine Planung einer selbstherrlichen Verwaltung (Grünflächenamt) im Zusammenspiel mit einer uneinigen "Zählgemeinschaft" (SPD+CDU) dazu geführt, dass ein Park (mit Baustopp) ein Jahr lang nur noch eingeschränkt zu nutzen war.
1) Wir halten es für unverantwortlich, wenn ohne Bürgerbeteiligung
Baumassnahmen in einem Park begonnen werden, die im 1. Bauabschnitt schon fast
200.000 Euro verschlingen und für die folgende Wahlperiode noch weitere 300.000
Euro benötigt.
2) Die Proteste einer Bürgerinitiative sind voll berechtigt und haben erst zu
einem Fachdialog zwischen Nutzerinnen und Nutzern einerseits und dem Bezirksamt
anderseits geführt.
3) Leider führte die Vorwahlkampf-Zeit dazu, dass das Bezirksamt nicht wirklich
mit einer Stimme redete und vermittelbare Kompromisse erreicht werden konnten.
4) Die im Bezirksamt vertretenen Parteien CDU+Grüne entdeckten den
"Bürgerwillen" und trugen zur Verhärtung des Konflikts bei. Das hat
eine Lösung des praktischen Problems (Gestaltung eines Parks für verschiedene
Nutzerinteressen) auf eine rechtliche Prüfebene verschoben. Derzeit werden die
Beschlüsse der BVV rechtlich von der Bezirksaufsicht bei dem Innensenat
überprüft.
5) Bedauerlich ist bei diesem Prozess, dass wegen der Instrumentalisierung für
den Wahlkampf, die (ehrenamtlich besetzte) BVV im letzten Jahr
unverhältnismässig viel Zeit mit einem ziemlich begrenzten Problem verbringen
musste (mind. 6 Stunden Plenum, weitere Stunden im Ausschuss und in
Bürgergesprächen).
6) Die angeblich vor sich hergetragene Bürgernähe, insbesondere bei der CDU,
ist ziemlich scheinheilig. Man schaue sich nur die Schulentwicklungs-,
Bibliotheksentwicklungsplanung an, oder die Einbeziehung der Anwohnerinnen und
Anwohner bei "Stadtumbau West" und der Bebauungsplanung auf dem
Gasometer-Gelände an. Geschlossen haben die Bezirksamts-Parteien
(einschließlich Grüne) bei der "Aufwertung" am Barbarossaplatz
Bürgerproteste ignoriert und z.B. eine Einwohnerversammlung abgelehnt.
7) Das gesamte Bezirksamt (3x SPD-, 2x CDU- und 1x Grüne-Stadträtin) trägt
dafür Verantwortung, dass es keinerlei Konzepte zu einem Bürgerhaushalt gibt.
Also die grundsätzliche Einbeziehung der Bürgerinnen und Bürger
(SteuerzahlerInnen) bei der Prioritätenbildung zum Einsatz von knappen
finanziellen Mitteln (dabei auch welche Grünflächen, mit welchen Mitteln und in
welche Richtung umgestaltet werden sollten). Der Haushalt 2011 / 2012 wird, im
Gegensatz zu 2009 und in vielen anderen Bezirken, wo die DIE LINKE mehr
Einfluss hat, vermutlich ohne jegliche Bürgerbeteiligung von der BVV verabschiedet
werden!
 
3)     Hundekot: Ich glaube mit gegenseitiger Rücksichtsnahme, Überzeugung und bürgerschaftlichen Engagement (z.B. Hundekot-Tüten-Ausgabe) läßt sich mehr erreichen. Außerdem mit ausreichendem Angebot von Hundeauslaufflächen. Da hat sich nach meiner Beobachtung in den letzten 10 Jahren auch schon einiges verbessert.
 
4)     Geschwindigkeitskontrollen: Im Prinzip ja, leider steht das in Berlin immer unter Finanzierungsvorbehalt. Berlin hat (noch nicht) ein ausreichendes Steueraufkommen, dazu brauchen wir noch einige Jahre Fortsetzung der positiven wirtschaftlichen Entwicklung. Durch Steuergeschenke an Reiche und Konzerne haben alle Bundesregierungen (beginnend mit Schröder/Fischer) für Berlin, wie für andere Kommunen, Mittel entzogen. Mangelverwaltung und Priortätensetzung sind leider angesagt und die liegt für uns z.B. bei der Bildung.
 
5)     Belziger Straße: Der Anteil an innerstädtischer Mobilität, der mit dem Fahrrad abgewickelt wird, ist seit Jahren steigend. Vorschläge wie zur Belziger Straße sind daher unter Einbeziehung der Anwohnerschaft und Nutzerverbänden überlegenswert.
 
6)     Grundeinkommen: Die Konzepte zu "unabhängigen Grundeinkommen" sind mittelfristig eine interessante gesellschaftliche Debatte, die ich unbedingt fördern möchte. Parallel gibt es aber noch viel zu tun:
Der 1. Schritt wäre die verherrenden Hartz IV-Gesetze abzumildern/abzuschaffen,
dagegen stehen aber die Hartz IV-Parteien (SPD, Grüne, CDU, FDP) mit
unterschiedlicher Intensität. Die Forderungen von DIE LINKE (deutliche Anhebung
des ALG II, Abschaffung von 1-Euro-Jobs, Änderung der Zumutbarkeitsregelungen)
finden leider (derzeit) keine parlamentarischen Mehrheiten auf Bundesebene.
Und im Land: Alle anderen Parteien sind sich einig, dass sie den Öffentlichen
Beschäftigungssektor ( sozialversicherungspflichtige, öffentlich sinnvolle
Arbeit für Menschen, die auf dem 1. Arbeitsmarkt dauerhaft keine Chance haben)
wieder abschaffen wollen. Bei Wohnungen treten wir für die Anhebung der
Mietobergrenzen für ALG 2-Bezieher ein, um Zwangsumzüge zu verhindern, dagegen
gibt es leider auch Widerstand in der SPD.
Diese Fragen liegen mir als Industriearbeiter auch besonders am Herzen, weil
Hartz IV rückwirkt auf die Arbeitsbedingungen: Gerade bei den
schlechtbezahltesten, angelernten Tätigkeiten hat Hartz IV dazu geführt, dass
es in den letzten Jahren die größten Reallohnverluste gab.
Ich möchte nicht, dass noch mehr Beschäftigte (derzeit ca. 80.000 in Berlin)
trotz Vollzeitarbeit auf ergänzende Leistungen des JobCenters angewiesen sind. Deshalb steht auch die Durchsetzung eines gesetzlichen Mindestlohns an, dem aber Mehrheiten im Bundestag entgegenstehen. Das Ausscheiden von DIE LINKE aus der Berliner Landesregierung würde auch bundesweit zu einer Schwächung der Kritik führen und die Frage des "Grundeinkommens" noch weiter in die Zukunft verlagern. DIE LINKE im Senat wird auch als soziales Korrektiv gegen die derzeitige Übermacht der Hartz IV-Parteien auf Bundesebene gebraucht!
Ausführlich sind unsere Vorstellungen im Wahlprogramm für Berlin http://www.die-linke-berlin.de/wahlen/berlin_2011/wahlprogramm/
erläutert.