Frage an Sylvia Pantel von Olaf K. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrte Frau Pantel,
wie beurteilen Sie die Einmischung der Kanzlerin, Ihrer Parteivorsitzenden und weiterer Parteigrößen angeblich demokratischer Parteien, zu der freien und demokratischen Wahl des Ministerpräsidenten von Thüringen, der jetzt auf massiven Druck sowie Drohungen gegen sich selbst, seine Familie und Eigentum, zurückgetreten ist? Sehen Sie diese Einmischung als legitim oder als Bruch der Verfassungen, in der das freie Mandat ausdrücklich gesichert ist?
Mit freundlichem Gruß,
O. K.
Sehr geehrter Herr Kratzke,
die Vorgänge in Thüringen und darüber hinaus sehe ich mit Sorge. Die Thüringer CDU-Fraktion hat den demokratischen Kandidaten und damit denjenigen der Mitte gewählt. Sie hat den CDU-Parteitagsbeschluss eingehalten und weder den rechten noch den linken Kandidaten unterstützt. Sie ist nicht dafür verantwortlich, welche Kandidaten andere Fraktionen aufstellen und wie Abgeordnete des Thüringer Landtags aus anderen Fraktionen abstimmen. Klar aber ist, dass bezüglich der Thüringer CDU weder an der klaren Ablehnung der AfD noch an der Ablehnung der Linken zu zweifeln ist.
Ich verstehe sehr gut, dass meine Thüringer Kollegen den Vertreter der Linken nicht gewählt haben, hätten sie so doch dazu beigetragen, die Vergangenheit der ostdeutschen Länder zu relativieren. Auch ich sehe das Eingreifen der Bundeskanzlerin kritisch. Wenn wir den Föderalismus aufgeben wollen, weil uns das Wahlergebnis gerade nicht passt, haben wir bundespolitisch viel zu tun. Scheinheiligkeit und Doppelmoral sind nicht die Eckpfeiler meines politischen Handelns. Die Bevölkerung ist der Souverän, nicht einzelne Parteien. Jeder Abgeordnete besitzt nur eine Stimme. Wo kommen wir hin, wenn wir uns bei Abstimmungen davon abhängig machen, wie andere Parteien abstimmen?
Ebenso sehe ich keinen Grund für Neuwahlen. Die Thüringer CDU-Abgeordneten haben so entschieden, wie sie es in ihrer Situation und für ihr Thüringen für richtig halten. Sie sind es, die in der Verantwortung stehen, politisch für diejenigen zu handeln, von denen sie gewählt wurden. Ich vermisse nicht nur in der Reaktion der Bundeskanzlerin die Demut vor der Entscheidung des Wählers.
Leider werden wir Bundestagsabgeordnete zunehmend durch Konventionen, europarechtliche Entscheidungen, Kommissionen und Klauseln in Koalitionsverträgen in der Wahrnehmung unseres freien Mandates in einer imperativen Weise eingeschränkt. Auch hier gilt es, gegenzuhalten. Seien Sie versichert, dass ich die Arbeit der Bundesregierung auch weiterhin hinterfragen und kritisch begleiten werde.
Mit freundlichen Grüßen
Sylvia Pantel MdB