Silvia Lehmann, 2021, Copyright Karoline Wolf
Sylvia Lehmann
SPD
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Frage von Thorsten W. •

Frage an Sylvia Lehmann von Thorsten W. bezüglich Soziale Sicherung

Was denken Sie über Tarifflucht, Pauschalverträge, unbezahlte Überstunden? Dazu eine Standardpassage aus dem (Pauschal)-Arbeitsvertrag meiner Firma. „Mit der Vergütung sind sämtliche Überstunden sowie Mehr-, Sonn- und Feiertagsarbeit abgegolten.“ Die geleisteten, unbez. Überstunden werden aber sehr wohl auf Projekte geschrieben. Die Kosten steigen, der variable Gehaltsanteil (20%!) des MA sinkt. Bei einigen Mitarbeitern geht es um einige hundert Überstunden. Ein Jahres- oder Lebensarbeitszeitkonto gibt es nicht, auch keinen Betriebsrat oder Tarif. Ein BR wurde vom privaten Gesellschafter unterbunden (Einzelgespräche).
Die Rente mit 67!!! Wer dass beschlossen hat sollte mal an der Basis in Industrie, Mittelstand, etc. arbeiten. Die Firmen reduzieren Kapazitäten. Die Effizienz steigt weil die MA unbezahlte Überstunden leisten! Bei der Errechnung der Arbeitsjahre sollten diese einfach mal berücksichtigt werden. Gewinner sind die Unternehmen, Firmeneigner etc.. Die AG werden weiterhin bei den Sozialbeiträgen entlastet (Asymmetrie der Beiträge AN/AG). Es wird seit Jahren geredet, passiert ist nichts. Die Rentensysteme in der Schweiz, Österreich oder Skandinavien sichern die Beschäftigten deutlich besser ab (Gap 20-30%). Warum werden nicht alle am System beteiligt, inkl. Beamte, Selbständige etc. -> Bürgerversicherung.
Die Riesterrente ist ein kompliziertes Konstrukt dass in erster Linie die Versicherungsunternehmen und Ihre Versicherungsvertreter reich gemacht hat. Durch die unsinnige Unterscheidung von mittel- und unmittelbarer Zulagenberechtigung wurden z.B. meiner Frau für zwei Jahre, mehrere Jahre später, sämtliche Zulagen (3 Kinder) aberkannt. Es gibt bei solchen Problemen keine neutrale Anlaufstelle. Niemand ist schuld, außer natürlich die Versicherten. Niemand ist zuständig: RV, Zulagenstelle-RV, BAFIN, Sozialministerium, die Astell-Gothaer natürlich erst recht nicht. Die kassiert nur. Laut Zulagenstelle kann der Fehler nicht mehr korrigiert werden.

Silvia Lehmann, 2021, Copyright Karoline Wolf
Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Winkler,

gerne beantworte ich die von Ihnen aufgeworfenen Fragen.

Die SPD hat zur Arbeitsmarktpolitik klare Positionen bezogen:

Sichere Arbeit und gute Löhne:

Wir wollen eine starke Wirtschaft und Unternehmen, die gute Arbeitsplätze schaffen. Wir wollen einen funktionierenden Arbeitsmarkt, der den Wert der Arbeit anerkennt. Zugleich müssen die Rahmenbedingungen so geändert werden, dass die Menschen mit mehr Zuversicht in die Zukunft blicken können. Deshalb werden wir die sachgrundlose Befristung abschaffen, um insbesondere jungen Menschen Perspektiven und mehr Planbarkeit für ihr berufliches und privates Leben zu ermöglichen. Die Sachgründe für Befristungen werden wir einschränken und die Möglichkeit von Kettenbefristungen begrenzen. Den öffentlichen Arbeitgebern kommt hier eine besondere Verantwortung zu.

Wir wollen existenzsichernde Arbeit anstelle prekärer Beschäftigung ermöglichen. Leiharbeiterinnen und Leiharbeiter und Werkvertragsnehmerinnen und -nehmer brauchen besseren Schutz. Mit der Einführung einer Höchstüberlassungsdauer und dem Grundsatz „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ haben wir bereits viel erreicht. Diesen Weg werden wir weitergehen. Unser Ziel ist, dass Leiharbeit vom ersten Tag an genauso vergütet wird, wie in der Stammbelegschaft. Davon darf nur durch repräsentative Tarifverträge abgewichen werden.

Die Koppelung eines Leiharbeitsverhältnisses an einen Arbeitseinsatz (Synchronisation) soll unzulässig sein. Wir werden die Mitbestimmung der Betriebsräte beim Einsatz von Leiharbeit und Werkverträgen deutlich ausbauen. Den Missbrauch von Werkverträgen werden wir bekämpfen.

Die arbeitnehmerfeindliche und immer weiter ausufernde Verbreitung von "Arbeiten auf Abruf" werden wir eindämmen. Auch geringfügige Beschäftigung wollen wir abbauen, den Missbrauch bekämpfen und Beschäftigten den Weg aus Minijobs in sozialversicherungspflichtige Arbeit öffnen.

Die Ausnahmen beim Mindestlohn für Langzeitarbeitslose werden wir abschaffen. Wo reguläre Arbeit geleistet wird, muss auch regulär bezahlt werden. Die Ausnahmen für die unter 18- Jährigen werden wir auf ihre Auswirkungen evaluieren und streben, wo möglich, ihre Aufhebung an.

Wir wollen einen Pakt für anständige Löhne und eine stärkere Tarifbindung. Voraussetzung für gute Löhne und gute Arbeitsbedingungen in allen Branchen sind starke Gewerkschaften und eine hohe Tarifbindung. Deshalb werden wir den eingeschlagenen Weg der gesetzlichen Privilegierung von Tarifpartnerschaft fortsetzen. Tarifgebundenen Betrieben geben wir mehr Gestaltungsmöglichkeiten als Betrieben ohne Tarifbindung. Die Möglichkeit der Allgemeinverbindlichkeitserklärung von Tarifverträgen werden wir weiter verbessern und die Voraussetzungen präzisieren. Die Rechtssicherheit der allgemeinen Verbindlichkeit von Tarifverträgen muss gegebenenfalls auch rückwirkend gewährleistet sein. Wir wollen die kollektive Nachwirkung von Tarifverträgen, etwa im Falle der Auslagerung von Betrieben oder Betriebsteilen, bis zur Ablösung durch einen neuen Tarifvertrag. Bei der Vergabe öffentlicher Aufträge müssen Tariftreue-Regelungen verstärkt zum Einsatz kommen. Um die Rechte der Beschäftigten besser zu schützen, werden wir ein Verbandsklagerecht für Gewerkschaften einführen.

Zudem wollen wir Langzeitkonten für Beschäftigte und Betriebe attraktiver machen. Wenn viel Arbeit anfällt, muss es möglich sein, zusätzlich geleistete Arbeitszeiten anzusparen. In ruhigeren Phasen oder wenn mehr Zeit für die Familie gebraucht wird, kann dann weniger gearbeitet werden. Wir wollen daher prüfen, ob und wie Langzeitkonten betriebsübergreifend organisiert werden können. Digitalisierung ermöglicht mehr Flexibilität und bessere Chancen für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Das Wahlarbeitszeitgesetz soll auch einen rechtlichen Rahmen für mobile Arbeit schaffen. Dabei ist es unser Ziel, dass die Tarifparteien Vereinbarungen dazu treffen. Arbeitgeber sollen begründen müssen, wenn der Wunsch nach mobiler Arbeit abgelehnt wird.

Wir wollen alle Bürgerinnen und Bürger auf die gleiche Weise versichern. Ziel ist die paritätische Bürgerversicherung. Paritätisch bedeutet: Arbeitgeber und Versicherte werden wieder den gleichen Anteil am gesamten Versicherungsbeitrag zahlen. Daher schaffen wir den einseitigen Zusatzbeitrag der Versicherten ab.

Zentrale Ziele unserer Alterssicherungspolitik sind deshalb:

Sicherung des jahrzehntelang erarbeiteten und verdienten Lebensstandards im Rentenalter.

Keine Anhebung der jetzigen Regelaltersgrenze. Wir werden dafür sorgen, dass die
Regelaltersgrenze gesund und leistungsfähig erreicht werden kann.

Altersarmut verhindern. Aus jeder Erwerbstätigkeit muss auch eine Absicherung für das Alter erwachsen. Außerdem braucht es gezielte Verbesserungen für diejenigen, die am
Ende eines langen Arbeitslebens keine auskömmliche Rente haben.

Eine gerechte Finanzierung der Rente. Die Beitragszahlenden dürfen nicht überfordert werden. Höhere Einkommen müssen über Steuerzuschüsse an der solidarischen Finanzierung ausreichend beteiligt werden.

Sie haben in Ihrer Anfrage eine Vielzahl von Themen angesprochen, die in der hier gebotenen Kürze kaum angemessen zu beantworten sind. Ich darf Sie daher herzlich einladen, diese in einem direkten Gespräch nach der Wahl weiter zu erörtern.

Mit freundlichen Grüßen

Sylvia Lehmann

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