Frage an Sylvia Lehmann von Kerstin L. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Die Altanschließer-Beiträge wurden für rechtswidrig erklärt. Dennoch werden Gelder aus bestandskräftigen abschlägigen Bescheiden nicht von allen Abwasserzweckverbänden zurück gezahlt. Auch nach Antrag auf Staatshaftung und dessen Rechtmäßigkeit nach Entscheidung des Landgerichts Frankfurt/Oder wird das unrechtmäßg eingeforderte Geld oft nicht zurück gezahlt. Musterklagen werden abgelehnt. Jeder Betroffene muss nun einzeln versuchen sein Recht einzuklagen. Was denken Sie, wie kann man hier die Position von Landes- und Bundesregierung gegenüber dem Bürger bezeichnen, haben wir noch einen Rechtsstaat? Was möchten Sie dafür tun, dass Bürger aus solchen und ähnlichen Gründen nicht politikverdrossen werden und zu Parteien abwandern, die nach mehr "Recht und Ordnung" rufen?
Sehr geehrte Frau Lindner,
vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich gerne beantworten möchte.
Sie sprechen in der Tat ein sehr schwieriges und komplexes Thema an. Die Lage bei vielen Verbänden und die zahlreichen Urteile sind auch für mich kaum mehr zu überblicken. Ich möchte Ihnen dennoch eine ehrlich Antwort geben.
Das Bundesverfassungsgericht hat die Beitragserhebung grundsätzlich für verfassungswidrig erklärt. Allerdings bezog sich dies nur auf einen konkreten Fall und lässt sich nicht ohne Weiteres auf andere Verbände übertragen. Die verschiedenen Konstellationen sind einfach zu vielfältig. Deshalb ist die Rechtslage vor Ort immer einzeln zu prüfen. Aus meiner Arbeit vor Ort weiß ich, dass auch die Verbände verunsichert sind. Sie wollen verständlicherweise erst die Klärung für sich konkret durch das Oberverwaltungsgericht abwarten, um dann rechtssicher handeln zu können. Würden die Verbände jetzt auszahlen und das OVG das dann nicht für notwendig halten, müsste erneut Geld zurück gefordert werden. Das wäre fatal - auch wenn das Thema so länger aktuell bleibt.
Ich erwarte aber von den Wasserzweckverbänden, dass diese nach abschließender Klärung vor Gericht sofort tätig werden und ihren Pflichten nachkommen. Dafür werde ich mich einsetzen. Es kann nicht sein, dass Betroffene dann noch länger warten müssen.
Uns muss aber auch klar sein: eine gerechte Lösung für alle kann es in dieser verzwickten Lage nicht geben. Bei Rückzahlungen müssen andere Gebühren erhöht werden, um diese Lücken zu schließen. Ich bin ansonsten sehr für Musterklagen, um Betroffenen hier den Rechtsschutz zu vereinfachen. Hier muss im Bund etwas passieren. Auch hierfür möchte ich gern im Bundestag meine Stimme erheben.
Sylvia Lehmann