Frage an Swen Schulz von Heinz P. bezüglich Verbraucherschutz
Guten Tag Herr Schulz,
seit einiger Zeit wird im Bundestag und Europaparlament über die grundsätzliche Kennzeichnung der in Nahrungsmitteln enthaltenen Nährwerte diskutiert. Hier streben die Beteiligten eine m.E. nach für uns Verbraucher komplizierte und wenig aussagekräftige Detailkennzeichnung an. In diesen komplizierten Kennzeichnungen wird wohl (wieder einmal?) für die Hersteller bestimmter "Dickmacher" die Möglichkeit vorbereitet, uns nicht auf den ERSTEN Blick darüber in Kenntnis zu setzen, welcher hoher z..B. Fett- oder gar Zuckergehalt sich in solchen Lebensmitteln befindet.
Was halten Sie darum davon, endlich auch einmal einem guten Beispiel unseres europäischen Nachbarn Großbritannien zu folgen und alle Lebensmittel ganz simpel mit der sog. "Ampel" zu kennzeichnen? Diese Ampelkennzeichnung wäre sofort auch vom "flüchtig" einkaufenden Zeitgenossen erkennbar. Dadurch wäre dann ein WIRKLICHER Verbraucherschutz gewährleistet.
Ich wäre begeistert, könnten Sie auch dieser meiner oben beschriebenen Auffassung folgen und bez. Ihrer Möglichkeiten dafür eintreten.
Herzliche Grüße
Heinz Pflaum
Sehr geehrter Herr Pflaum,
vielen Dank für Ihre Frage.
Ich gebe Ihnen vollkommen Recht. Eine Nährwertkennzeichnung ist für die Verbraucherinnen und Verbraucher erst dann hilfreich, wenn die Kennzeichnung einfach, leicht verständlich und auf einen Blick zu erfassen ist.
Die von der Lebensmittelindustrie entwickelte freiwillige Nährwertkennzeichnung schafft diese nötige Transparenz aus meiner Sicht leider nicht. Diese Kennzeichnung ist irreführend auch durch unterschiedliche Bezugsgrößen. Sie bezieht sich auf eine durchschnittliche Tageszufuhr (Energiebedarf) von 2000 Kilokalorien. Der Energiebedarf variiert jedoch stark nach Alter, Geschlecht, Gesundheitszustand und Lebensumständen. Es wird also vorausgesetzt, dass ein Mensch seinen Nährstoffbedarf genau kennt und aufgrund der Angaben errechnet. Zudem wird der Eindruck erweckt, diese Kennzeichnung basiere auf einer wissenschaftlichen Empfehlung. Tatsächlich aber bildet hier eine Entscheidung der Lebensmittelindustrie die Grundlage. Leider spricht sich auch die EU-Kommission für eine solche Berechnungsgrundlage aus.
Eine sinnvolle Nährwertkennzeichnung soll die Konsumenten bei einer ausgewogenen Ernährung unterstützen und verbraucherfreundlich sein. Die so genannte Ampelkennzeichnung, die von der britischen Lebensmittelbehörde (Food Standard Agency, kurz: FSA) auf freiwilliger Basis in Großbritannien eingeführt worden ist, würde diese Kriterien erfüllen.
Dabei wird farblich dargestellt, welche Lebensmittel einen hohen (rot), einen mittleren (gelb) oder einen geringen Gehalt (grün) an Fett, gesättigten Fettsäuren, Zucker und Salz haben.
Ein weiterer Vorteil der Ampelkennzeichnung ist, dass, anders als bei der oben erwähnten Methode, der prozentuale Anteil des Nährstoffs an 100g/100 ml des Lebensmittels angegeben wird. Dadurch sind die Verbraucherinnen und Verbraucher sofort in der Lage, Lebensmittel einer Produktgruppe miteinander zu vergleichen und es ist leichter, aus einem größeren Angebot die gesündere Alternative zu wählen.
Eine Vergleichbarkeit zwischen Produkten und die Wahlfreiheit von Verbraucherinnen und Verbrauchern bei deren Einkauf kann jedoch nur gewährleistet werden, wenn diese Kennzeichnung verpflichtend ist, denn nur wenn alle Produkte gekennzeichnet sind, kann man bewusst auswählen. Ich bin, ebenso wie die Experten der SPD-Bundestagsfraktion, der Meinung, dass auch in Deutschland eine verpflichtende Ampelkennzeichnung nach britischem Vorbild eingeführt, die Kennzeichnung allerdings um Angaben von Kalorien und Ballaststoffen ergänzt werden sollte. Zur Umsetzung einer solchen Kennzeichnung haben die Fachgremien unserer Fraktion einen Vorschlag vorgelegt.
Bislang scheiterte das Vorhaben jedoch bedauerlicherweise an unserem Koalitionspartner CDU/CSU, der große Vorbehalte gegen die Ampelkennzeichnung hat. Allerdings scheint, wenn auch sehr langsam, zumindest im CDU/CSU geführten Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz ein Umdenkungsprozess einzusetzen, denn das Ministerium führte im März dieses Jahres immerhin schon eine Verbraucherumfrage zu einer farblich ergänzten Nährwertkennzeichnung durch. Für die Zukunft gilt, sowohl auf nationaler als auch auf europäischer Ebene für die Einführung einer verpflichtenden Ampelkennzeichnung zu werben. Ich für meinen Teil kann Ihnen versichern, dass ich mich für eine solche Einführung stark machen werde.
Sollten Sie näheren Gesprächsbedarf haben, können Sie sich mit Ihren Fragen und Anregungen gerne und jederzeit direkt an mich wenden. Sie erreichen mich unter
Swen Schulz, MdB
Deutscher Bundestag
Platz der Republik 1
11011 Berlin
oder per E-Mail unter
swen.schulz@bundestag.de
Sie können auch in eine meiner Bürgersprechstunden kommen. Einen Termin können Sie unter 030 / 36757090 vereinbaren.
Mit den besten Grüßen
Ihr Swen Schulz