Sven Reisch
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Michael S. •

Frage an Sven Reisch von Michael S. bezüglich Finanzen

Sehr geehrter Herr Reisch,

wie stellen sie sich vor jemals unsere Staatsschulden zurückzuzahlen?

Wie lange würde eine Rückzahlung dauern bei einer Tilgung von 40 mrd Eur. jährlich bei aktuellem Zinssatz?

Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Schnurr,

ich bedanke mich herzlich bei Ihnen für Ihre Frage zur deutschen Staatsverschuldung.

Gehen wir von der Staatsverschuldung (Bund, Länder, Kommunen) von 2 Billionen Euro aus und legen wir den aktuellen Zinssatz einer 30-jährigen Bundesanleihe von 2,6% zugrunde, dann würden wir bei einer jährlichen Tilgung von 40 Mrd. Euro keine Schulden abbauen, da die jährliche Zinszahlung von 52 Mrd. Euro die Tilgung übersteigt. Der kritische Zinswert, ab dem der Schuldenstand stabil bliebe, läge bei 2%. Hier liegen Tilgungsrate und Zinslast beide bei 40 Mrd. Euro.
Wäre die Aufgabe, tatsächlich jährlich die Schuldenlast des Staates um 40 Mrd. Euro zu verringern, so müssten zusätzlich die jährlichen Zinskosten aufgebracht werden. Im ersten Jahr müssten also 92 Mrd. Euro aufgebracht werden, um den Schuldenstand um 40 Mrd. Euro zu verringern.

Vor dem mittel- und langfristigen Abbau der Staatsverschuldung steht erst das Stoppen der Neuverschuldung. Zwar macht die Schuldenbremse seit 2011 verbindliche Vorgaben für Bund und Länder, um die Staatsverschuldung zu begrenzen, jedoch stieg die Verschuldung des Bundes in den Regierungsjahren von Angela Merkel um 500 Mrd. Euro. Außerdem haben wir einen enormen Sanierungsstau bei der öffentlichen Infrastruktur zu verzeichnen: Marode Schulgebäude und schlechte Straßen- und Schienenwege sind an viel zu vielen Orten in Deutschland an der Tagesordnung. Die Kommunen ächzen unter einer mangelhaften finanziellen Ausstattung. Zu allem Überfluss und trotz dieses ernüchternden status quo strotzt das Wahlprogramm der CDU vor teuren Wahlversprechen ohne Finanzierungsvorschlag.

Wir Grünen gehen mit unserem Programm einen anderen Weg: Wir wollen nicht auf Kosten der kommenden Generationen leben und müssen deshalb umsteuern: Sowohl die öffentliche Infrastruktur erhalten und ausbauen (Stichwort Bildung und Betreuung) und wichtige Zukunftsprojekte voranbringen (Stichwort Energiewende) als auch die Schuldenlasten begrenzen. Deshalb haben wir in unserem Wahlprogramm klare Aussagen zur Finanzierung unserer Vorhaben. Für ein solides und solidarisch finanziertes Gemeinwesen ohne neue Schulden wollen wir unnötige Ausgaben kürzen, Subventionen abbauen und die Steuern auf hohe Einkommen und Vermögen anheben.

Ich denke, dass das angesichts der von Ihnen angesprochenen Verschuldungsproblematik ehrlich und richtig ist.

Mit freundlichen Grüßen
Sven Reisch