Wie sicher sind Sie, dass das Selbstbestimmungsgesetz tatsächlich 2023 kommt?
Sehr geehrter Herr Lehmann,
der letzte Stand beim Selbstbestimmungsgesetz war meines Wissens, dass es im Jahr 2023 verabschiedet werden soll. In unseren queeren Gruppen vor Ort ist die Nervosität groß, dass es doch nicht klappt - vor dem Hintergrund, dass vergangene Regierungen ebenfalls immer wieder Reformen versprochen hatten, diese dann zuerst verschoben, und später ganz vergaßen. Ich weiß von mehreren trans Personen in meinem Umfeld, dass sie nun aufwiegen müssen - warte ich noch ein quälendes Jahr (oder möglicherweise noch länger) auf das neue Gesetz, oder quäle ich mich durch ein TSG-Verfahren?
Daher würde mich Ihre ehrliche Meinung interessieren - glauben Sie, dass der Zeitplan hält und das Gesetz 2023 Realität werden kann?
Vielen Dank & viele Grüße
Guten Tag Frau B.,
haben Sie vielen Dank für Ihre Frage vom 18. November und das damit zusammenhängende Interesse am aktuellen Stand zum Selbstbestimmungsgesetz. Gerne versuche ich, den derzeitigen Ablaufplan etwas zu skizzieren.
Im Moment arbeiten das Bundesfamilien- und Bundesjustizministerium mit Hochdruck am ersten Referentenentwurf für das Selbstbestimmungsgesetz. Dieser Referentenentwurf soll noch im Herbst an die Bundesländer und queeren Verbände geschickt werden, damit diese sich mit dem Entwurf auseinandersetzen und Änderungsbedarfe anmelden können. Anschließend werden die zuständigen Ministerien die Rückmeldungen der Länder und Verbände prüfen und bei Bedarf in den Entwurf einarbeiten. Erst dann wird es einen Kabinettsbeschluss geben, mit dem wir Anfang 2023 rechnen, da die Vorarbeiten an dem Gesetzesentwurf sehr umfangreich sind.
Nach dem Kabinettsbeschluss geht der Gesetzentwurf zum Selbstbestimmungsgesetz in die Beratungen im Deutschen Bundestag. Nach der ersten Lesung im Plenum wird der Gesetzentwurf an die entsprechenden Fachausschüsse überwiesen. In der Regel finden in den Ausschüssen auch noch Anhörungen mit Expert*innen statt, bevor der Entwurf in der 2. und 3. Lesung im Plenum des Deutschen Bundestages beraten und final beschlossen wird.
Als Grüne Fraktion haben wir volles Verständnis für die vielen betroffenen trans* und inter* Personen, die sich nichts sehnlicher wünschen, als endlich unkompliziert und ohne diskriminierende Offenbarungsverfahren über ihren Geschlechts- und Personenstandseintrag entscheiden zu dürfen. Gerade mit Blick auf die massiven Angriffe auf queere Menschen und das Selbstbestimmungsgesetz ist es umso wichtiger, dass wir innerhalb der Bundesregierung ein zügiges aber eben auch gründliches Gesetzgebungsverfahren ermöglichen, damit falsche Behauptungen, Fake News und sonstige Angriffe gegen die Rechte von trans- und intersexuellen Menschen unterbunden werden können. Als Teil der Regierung sind wir zuversichtlich, dass uns dies schnellstmöglich gelingen kann und nehmen die Rückfragen der Betroffenen als Unterstützung mit in den weiteren Gesetzgebungsprozess zum Selbstbestimmungsgesetz.
Ihnen alles Gute!
Mit besten Grüßen
Sven Lehmann MdB